Lin Jarvis (Yamaha): «Viñales ist ein Mysterium»

Von Günther Wiesinger
Die Ehe zwischen Yamaha Motor Racing und Maverick Viñales ist geschieden. Renndirektor Lin Jarvis beleuchtet für SPEEDWEEK.com die außergewöhnlichen Monate vor der Trennung.

Yamaha-Werksfahrer Maverick Viñales klassierte sich beim GP von Deutschland auf dem Sachsenring in jeder Session an letzter Stelle, in Assen dominierte er jedes Training und sicherte sich im Rennen den zweiten Platz hinter seinem Teamkollegen Fabio Quartararo. Böse Zungen behaupten, Viñales habe in Sachsen absichtliche Arbeitsverweigerung betrieben, um dann in Assen eine Woche später bei Yamaha seine Freigabe für die Saison 2022 zu erwirken und bei Aprilia unterschreiben zu können.

Vielleicht hat sich Viñales ein Beispiel an Jorge Lorenzo genommen. Der Mallorquiner wollte damals im August beim Österreich-GP die Freigabe bei Repsol-Honda haben, um für 2020 zu Ducati zurückkehren zu können. Er hätte dann ein Jahr statt Miller bei Pramac fahren müssen, 2021 wäre er wieder ins Werksteam befördert worden. HRC gab ihn nicht frei. Lorenzo fuhr dann nach seinee Rückkehr nach der Brustwirbelverletzung in der zweiten Saisonhälfte nicht besonders aggressiv, hielt sich von den Top-Ten fern – und im November stimmte Honda der Vertragsauflösung entnervt zu. Seinen Repsol-Platz bekam danach für 2020 Moto2-Weltmeister Alex Márquez.

Lin Jarvis, Managing Director bei Yamaha Motor Racing, will natürlich keine Schmutzwäsche waschen. Denn Yamaha hat sich mit Maverick «einvernehmlich» getrennt.

«Ich finde bei dieser Frage einen leichten Ausstieg», schmunzelte der Engländer im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Denn ich war nicht beim Sachsenring-GP. Ich kann also sagen, ich war nicht dort, ich habe das Geschehen nicht vor Ort beobachtet. Von Arbeitsverweigerung kann man nicht wirklich sprechen, denn Maverick hat an allen Trainings teilgenommen…»

Aber Jarvis räumt ein: «Die Performance von Maverick in Sachsen war außergewöhnlich. Klar, die Strecke war nicht vorteilhaft für uns. Aber Fabio Quartararo hat im Rennen den dritten Platz erkämpft.»

«Ich würde sagen, das Ergebnis in Sachsen wirft ein Licht auf die Probleme, die Maverick zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere hat», sagt Jarvis über seinen launenhaften Fahrer. «Er ist manchmal ganz gewaltig im Hoch. Aber manchmal rasselt er genau so gewaltig ins Tief. Ich denke, das ist seine Achillesferse, seine verwundbare Stelle. Das ist manchmal unerklärlich, schwierig zu verstehen. Es kann zwischen dem Morgen und dem Nachmittag passieren oder von einer Strecke zur anderen.»

«Maverick hatte ganz klar Schwierigkeiten auf dem Sachsenring», ist sich Lin Jarvis bewusst. «Aber beim Grand Prix davor in Catalunya, bei seinem ersten Rennen mit dem neuen Crew-Chief Silvano Galbusera, ist es ja ganz gut gelaufen. Maverick ist auf Platz 5 gelandet. Und beim Montag-Test in Montmeló war er Erster! Er war also auf Platz 1 beim Test, dann beim Deutschland-GP Letzter. In Assen ist er ein paar Tage später mit einigen Bestzeiten zurückgekehrt. Das war ungewöhnlich.»

Jarvis fasst zusammen: «Maverick ist extrem talentiert. Gleichzeitig ist er ein Mysterium. Aber es ist für ihn sehr wichtig, sich mental komfortabel, stark und glücklich zu fühlen. Er muss spüren, dass er sich am richtigen Platz befindet. Dann kann er die gewünschten Resultate erbringen. Und es gibt vielleicht andere Piloten, die weniger Höhen und Tiefen haben, die widerstandsfähiger und belastbarer sind.»

«Als wir gespürt haben, dass Maverick bei uns nicht mehr happy ist, dann haben wir wie in der Vergangenheit eine Lösung gesucht. Unser Grundsatz war immer, keinen Fahrer zum Bleiben zu zwingen. Wenn der Athlet nicht glücklich ist, ist es besser, wenn er uns verlässt. Das ist besser für das Team, für den Fahrer und alle anderen Beteiligten.»

Stand Fahrer-WM nach 11 von 18 Rennen:

1. Quartararo, 181 Punkte. 2. Bagnaia 134. 3. Mir 134. 4. Zarco 132. 5. Miller 105. 6. Binder 98. 7. Viñales 95. 8. Oliveira 85. 9. Aleix Espargaró 67. 10. Martin 64. 11. Marc Márquez 59. 12. Nakagami 55. 13. Rins 44. 14. Alex Márquez 41. 15. Pol Espargaró 41. 16. Morbidelli 40. 17. Bastianini 31. 18. Petrucci 30. 19. Rossi 28. 20. Marini 27. 21. Lecuona 24. 22. Bradl 11. 23. Pedrosa 6. 24. Savadori 4. 25. Pirro 3. 26. Rabat 1.

Konstrukteurs-WM:
1. Ducati, 212 Punkte. 2. Yamaha 209. 3. KTM 152. 4. Suzuki 138. 5. Honda 104. 6. Aprilia 68.

Team-WM:
1. Monster Energy Yamaha, 276 Punkte. 2. Ducati Lenovo 239. 3. Pramac Racing 200. 4. Red Bull KTM Factory Racing 183. 5. Suzuki Ecstar 178. 6. Repsol Honda 107. 7. LCR Honda 96. 8. Aprilia Racing Team Gresini 71. 9. Petronas Yamaha SRT 68. 10. Esponsorama Racing Ducati 58. 11. Tech3 KTM Factory Racing 54.

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