KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Pit Beirer (KTM): «Ducati geht an die Grenze»

Von Günther Wiesinger
Ducati hat 2021 schon fünf unterschiedliche MotoGP-Fahrer aufs Podest gebracht und macht immer wieder mit innovativen technischen Ideen Schlagzeilen. Braucht KTM ein Genie wie Gigi Dall'Igna? Pit Beirer nimmt Stellung.

KTM Factory Racing ist 2017 mit dem Fahrerduo Pol Espargaró und Bradley Smith in die MotoGP-WM eingestiegen, hat seither immer wieder respektable Ergebnisse erzielt und für Highlights gesorgt. Auch 2021 wurden dank Miguel Oliveira (Catalunya) und Brad Binder (Spielberg-2 bei einsetzendem Regen) bereits zwei MotoGP-Rennen gewonnen.

Trotzdem wird KTM immer wieder von Rückschlagen heimgesucht. So erwiesen sich die beiden Katar-Rennen beim Saisonstart 2021 als Desaster. Brad Binder gelangen dort nur die Plätze 14 und 8, Miguel Oliveira wurde 13. und 15. Das KTM-Tech3-Duo Petrucci und Lecuona blieb sogar punktelos! Und seit der Sommerpause lassen vor allem die Qualifying-Ergebnisse oft stark zu wünschen übrig.

Ducati hingegen, seit 2003 in der MotoGP-WM am Start, hat bei der Desmosedici die Schwächen ausgemerzt. Die Roten war in diesem Jahr fast überall konkurrenzfähig. Manchmal standen in den Trainings sogar fünf Ducati-Fahrer auf den ersten sechs Plätzen.

Gigi Dall’Igna, General Manager von Ducati Corse, kam vor genau acht Jahren von der Piaggio Group (Aprilia, Gilera, Derbi, Moto Guzzi und Vespa) zu Ducati, weil er sich hier ein großes Ziel erfüllen wollte. «Ich habe in allen Serien Weltmeisterschaften gewonnen, an denen ich mich beteiligt habe. Nur der MotoGP-WM-Titel fehlt noch», erklärte der ziegenbärtige Italiener damals.

KTM hat in den letzten Jahren beachtlich viel Knowhow zusammengekauft, es wurden Ingenieure und Techniker von Honda, Yamaha, Suzuki, Aprilia und Ducati engagiert.

Aber der alte Fuchs Dall‘Igna hat mit seinen innovativen Ideen wie Winglets, Hinterrad-Spoiler, Holeshot-Device, Ride Height Adjuster und Radabdeckungen immer wieder Lücken im technischen Reglement entdeckt und sie ausgereizt. Alle Mitbewerber mussten – teilweise widerwillig – diese neuen System kopieren. Oft ist das erst mit gehöriger Verspätung gelungen. Bei Suzuki und Honda ist der Ride Height Adjuster offenbar bis heute nicht ordentlich ausgereift. Ducati hat ihn bereits vor zwei Jahren eingesetzt.

Braucht KTM eines Tages einen technischen Wunderwuzzy wie Dall’Igna? Red Bull Racing ist schließlich in der Formel 1 auch erst Weltmeister geworden, nachdem der geniale Konstrukteur Adrian Newey (vormals Williams und McLaren) engagiert worden war.

«Momentan befinden wir uns in einer Schwächephase, deshalb bin ich in einer schlechten Position, diese Frage zu verneinen», räumte Pit Beirer, Motorsport-Direktor von KTM, im Gespräch mit SPEEDWEEK.com ein. «Aber ich bin nach wie vor überzeugt, dass wir eine gute Technik-Mannschaft haben. Wir haben aus dem Nichts heraus bei diesem Projekt fünf MotoGP-Siege auf der Habenseite stehen. Das geht nur mit ausgezeichneten Konstrukteuren und Technikern in allen Bereichen, vom Chassis über den Motor bis zur Elektronik und Suspension. Aber natürlich wir sind nicht so an der Grenze unterwegs, wie es Ducati momentan oft spielt. Sie bringen Erfindungen, die Grauzonen im Reglement sind, aber in keinster Weise illegal. Sie gehen einfach an die Grenze und investieren da auch sehr viel Geld. Gigi macht in diesen Bereichen einen super Job. Fertig, aus.»

Nachsatz des ehemaligen 250-ccm-Motocross-Vizeweltmeisters: «Wir schaffen es mit den Leuten, die wir an Bord haben.»

MotoGP-Ergebnis, Austin (3. Oktober):

1. Marc Márquez, Honda, 20 Runden in 41:41,435 min
2. Quartararo, Yamaha, + 4,679 sec
3. Bagnaia, Ducati, + 8,547
4. Rins, Suzuki, + 11,098
5. Martin, Ducati, + 11,752
6. Bastianini, Ducati, + 13,269
7. Miller, Ducati, + 14,722
8. Mir*, Suzuki, + 13,406
9. Binder, KTM, + 15,832
10. Pol Espargaró, Honda, + 20,265
11. Oliveira, KTM, + 23,055
12. Alex Márquez, Honda, + 24,743
13. Dovizioso, Yamaha, + 25,307
14. Marini, Ducati, + 26,853
15. Rossi, Yamaha, + 28,055
16. Lecuona, KTM, + 30,989
17. Nakagami, Honda, + 35,251
18. Petrucci, KTM, + 42,239
19. Morbidelli, Yamaha, + 49,854
– Aleix Espargaró, Aprilia, 12 Runden zurück
– Zarco, Ducati, 15 Runden zurück

* = Strafe wegen unverantwortlicher Fahrweise, einen Platz zurückversetzt.

Stand Fahrer-WM nach 15 von 18 Rennen:

1. Quartararo 254 Punkte. 2. Bagnaia 202. 3. Mir 175. 4. Miller 149. 5. Zarco 141. 6. Binder 131. 7. Marc Márquez 117. 8. Aleix Espargaró 104. 9. Viñales 98. 10. Oliveira 92. 11. Martin 82. 12. Rins 81. 13. Bastianini 71. 14. Nakagami 70. 15. Pol Espargaró 70. 16. Alex Márquez 54. 17. Morbidelli 40. 18. Lecuona 38. 19. Petrucci 37. 20. Marini 30. 21. Rossi 29. 22. Bradl 13. 23. Pirro 8. 24. Pedrosa 6. 25. Savadori 4. 26. Dovizioso 3. 27. Rabat 1.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati 291 Punkte 2. Yamaha 282. 3. Suzuki 197. 4. KTM 185. 5. Honda 173. 6. Aprilia 105.

Team-WM:

1. Ducati Lenovo 351 Punkte. 2. Monster Energy Yamaha 349. 3. Suzuki Ecstar 256. 4. Pramac Racing 227. 5. Red Bull KTM Factory Racing 223. 6. Repsol Honda 194. 7. LCR Honda 124. 8. Aprilia Racing Team Gresini 111. 9. Esponsorama Racing Ducati 101. 10. Tech3 KTM Factory Racing 75. 11. Petronas Yamaha SRT 72.

 

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