Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Pecco Bagnaia kritisiert: «Ich bin kein Testfahrer»

Von Nora Lantschner
Pecco Bagnaia (25)

Pecco Bagnaia (25)

Das Ducati Lenovo Team ging mit großen Hoffnungen in die MotoGP-Saison 2022, umso größer war die Enttäuschung nach der Nullnummer in Katar. Francesco Bagnaia sparte nicht mit Kritik an der Herangehensweise der Roten.

Mit fünf Pole-Positions in Folge und vier Siegen aus den letzten sechs Saisonrennen 2021 sowie souveräner Bestzeit im Jerez-Test legte Francesco «Pecco» Bagnaia die Messlatte für 2022 hoch. Als der Ducati-Hoffnungsträger in den Wintertests in Sepang und Mandalika dann in der Zeitenliste nie ganz vorne zu finden war, verwies er betont gelassen auf die im Werksteam verrichtete Arbeit an der neuen GP22 und beteuerte, es bestehe kein Grund zur Sorge. Allerdings räumte der Vizeweltmeister sehr wohl ein, dass die fünf Testtage knapp bemessen waren.

Nach dem misslungen WM-Auftakt in Katar, bei dem Bagnaia zu allem Überfluss auch noch seinen Markenkollegen Jorge Martin abschoss, äußerte der sonst so zurückhaltende Italiener erstmals offene Kritik an der Herangehensweise seines Arbeitgebers, bei dem er bis Ende 2024 unter Vertrag steht.

«Ich arbeitete aus meiner Sicht zu viel. Vom ersten Testtag an fuhr ich nie zwei Sessions hintereinander dasselbe Motorrad», beklagte der Moto2-Weltmeister von 2018 und MotoGP-Vizeweltmeister von 2021. «Vom ersten Testtag an bis zum FP3 [in Katar] arbeiteten wir nie daran, meinen Fahrstil an die Strecke oder das Motorrad anzupassen. So gehst du nicht bereit in das Rennen – und das war der Fall. Es ist für mich nicht akzeptabel, dass ich im Rennen erst Dinge herausfinde. Ich muss mich mehr auf meinen Fahrstil konzentrieren.»

Die Entwicklungsarbeit gehört aber bekanntlich zu den Aufgaben eines Werksfahrers. Hätte Ducati Bagnaia besser darauf vorbereiten können? Wo lag das Problem? «In der Vergangenheit war es nicht so. Man hatte ein Satellitenteam, das mehr an diesen Dingen arbeitete. Wir hatten nur fünf Testtage, aber ich glaube, wir hätten nur während der Tests testen sollen, nicht während des Rennwochenendes. Wenn wir aber entscheiden, so zu arbeiten, ist es klar, dass es schwieriger ist, die Ergebnisse des Vorjahres zu erreichen.»

Dann wurde Bagnaia noch deutlicher: «Ich bin kein Testfahrer, ich bin hier, um zu gewinnen und mich darauf zu konzentrieren, so gut wie möglich zu fahren. Ich muss mich wirklich darauf konzentrieren, meinen Fahrstil an das Motorrad anzupassen. Ich helfe gerne allen Ducati-Fahrern, aber das Rennwochenende ist dafür nicht der passende Moment.»

Erst im FP4 konnte sich Pecco eigenen Aussagen zufolge auf sich konzentrieren – und das Gefühl kam zurück. «Ich war aber nicht bereit für das Rennen, weil das Set-up nicht auf diese Strecke abgestimmt war und weil die Elektronik für diese Strecke nicht in Ordnung war, wir hingen da zurück. Ich weiß, dass das Arbeiten [an der Entwicklung] zu den Aufgaben eines Werksfahrers gehört, aber wenn wir gewinnen wollen, müssen wir uns an den Rennwochenenden mehr auf mich konzentrieren.»

Sprach der 25-Jährige Ducati-Rennchef Gigi Dall’Igna auf die Problematik an? «Ich bat Gigi einfach nur, so zu arbeiten wie im Vorjahr. Da entschieden wir uns in Österreich für ein Set-up und wir rührten das Motorrad von dem Moment an nicht mehr an, ich konzentrierte mich einfach nur auf mich. Du kannst uns etwas Neues geben, dass leistungsstärker, schneller, besser ist, aber wenn du keine Zeit hast, dich daran anzupassen, kannst du damit nicht schneller sein – eben weil es etwas Neues ist.»

Hat sich Ducati verschätzt? «Nein. Man testet neue Sachen, das ist normal. Alle schafften es, die Arbeit an weniger Tagen zu optimieren. Uns gelang das leider nicht, aber wir hatten ganz andere Dynamiken. Unser Motorrad scheint dem alten zwar sehr ähnlich zu sein, aber in Wirklichkeit probierten wir eine Milliarde Dinge aus. Leider hatten wir nicht genug Zeit, um das bestmögliche Paket zu definieren. Das gelang uns erst im FP4, aber da war es zu spät. Das einzig Gute ist, dass wir nun da anknüpfen können. Ab jetzt muss ich nur noch an mich denken – und das brauche ich als sensibler Fahrer.»

Das Rennen gewann mit Enea Bastianini zwar ein Ducati-Pilot, allerdings sitzt der Gresini-Fahrer auf der letztjährigen GP21. «Das Motorrad, das im Vorjahr die Rennen gewann, gewann am Sonntag wieder», meinte Bagnaia dazu. «Es war schon sehr konkurrenzfähig und Enea musste seit dem ersten Testtag nur Benzin tanken und fahren. Wir konzentrierten uns zu sehr auf das Entwickeln. Auf meiner Seite werden wir das Motorrad jetzt nicht mehr anrühren und einfach fahren. Wenn du gewinnen willst, brauchst du eine stabile Situation.»

«Enea knüpfte dort an, wo wir dieses Motorrad zurückgelassen hatten», bekräftigte Pecco, der aber auch Wert darauf legte zu betonen: «Ich will seine Leistung nicht schmälern. Ich will damit natürlich nicht sagen, dass jeder mit diesem Motorrad gewinnen könnte. Er war wirklich sehr gut.»

MotoGP-Ergebnis, Doha, 6. März:

1. Enea Bastianini, Ducati, 22 Runden in 42:13,198 min
2. Brad Binder, KTM, + 0,346 sec
3. Pol Espargaró, Honda, + 1,351
4. Aleix Espargaró, Aprilia, + 2,242
5. Marc Márquez, Honda, + 4,099
6. Joan Mir, Suzuki, + 4,843
7. Alex Rins, Suzuki, + 8,810
8. Johann Zarco, Ducati, + 10,536
9. Fabio Quartararo, Yamaha, + 10,543
10. Takaaki Nakagami, Honda, + 14,967
11. Franco Morbidelli, Yamaha, + 16,712
12. Maverick Viñales, Aprilia, + 23,216
13. Luca Marini, Ducati, + 27,283
14. Andrea Dovizioso, Yamaha, + 27,374
15. Remy Gardner, KTM, + 41,107
16. Darryn Binder, Yamaha, + 41,119
17. Fabio Di Giannantonio, Ducati, + 41,349
18. Raúl Fernández, KTM, + 42,357
– Jorge Martin, Ducati, 11 Runden zurück
– Francesco Bagnaia, Ducati, 11 Runden zurück
– Miguel Oliveira, KTM, 12 Runden zurück
– Alex Márquez, Honda, 13 Runden zurück
– Marco Bezzecchi, Ducati, 16 Runden zurück
– Jack Miller, Ducati, 16 Runden zurück

WM-Stand nach 1 von 21 Grand Prix:

1. Bastianini 25 Punkte. 2. Brad Binder 20. 3. Pol Espargaró 16. 4. Aleix Espargaró 13. 5. Marc Márquez 11. 6. Mir 10. 7. Rins 9. 8. Zarco 8. 9. Quartararo 7. 10. Nakagami 6. 11. Morbidelli 5. 12. Viñales 4. 13. Marini 3. 14. Dovizioso 2. 15. Gardner 1.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati 25 Punkte. 2. KTM 20. 3. Honda 16. 4. Aprilia 13. 5. Suzuki 10. 6. Yamaha 7.

Team-WM:

1. Repsol Honda 27 Punkte. 2. Gresini Racing 25. 3. Red Bull KTM Factory 20. 4. Suzuki Ecstar 19. 5. Aprilia Racing 17. 6. Monster Energy Yamaha 12. 7. Pramac Racing 8. 8. LCR Honda 6. 9. Mooney VR46 Racing 3. 10. WithU Yamaha RNF 2. 11. Tech3 KTM Factory 1.

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