Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Remy Gardner: «KTM hat mein Herz gebrochen»

Von Günther Wiesinger
Remy Gardner ist bitter enttäuscht, seit er erfahren hat, dass er bei KTM keinen MotoGP-Platz für 2023 hat.

Remy Gardner und Raúl Fernández liegen in der MotoGP-WM nach 13 von 20 Rennen auf den Rängen 23 und 24, sie haben auf der Tech3-KTM neun beziehungsweise fünf Punkte eingeheimst. Gardner fällt jetzt durch den Rost, er hat kein MotoGP-Team für 2023 gefunden. «Ich denke, es steht jetzt zu 100 Prozent fest, dass ich in der MotoGP keinen Platz mehr haben werde. Aber ich möchte bei den restlichen Rennen noch das Beste für mich daraus machen.»

«Was die Saison 2023 betrifft, ist bisher nichts klar. Es gibt ein paar Optionen», sagte der Moto2-Weltmeister von 2021. «Bisher ist nichts sicher. Ich habe noch keine Entscheidung getroffen. Bisher steht nur fest: Ich werde nicht mehr in der MotoGP sein.»

Wird der Australier im GP-Fahrerlager bleiben – also in die Moto2 zurückkehren? «Das habe ich noch nicht entschieden», verriet der Australier heute in Misano. «Es liegen ein paar Angebote auf dem Tisch.»

«Am Samstagnachmittag ist mir beim Österreich-GP mitgeteilt worden, dass ich bei Tech3 in der kommenden Saison keinen Platz mehr habe. Ja, ich habe das nicht erwartet, wenn ich ehrlich bin. Ich habe immer 100 Prozent gegeben. Leider war das offenbar nicht gut genug. Sie haben mir gesagt, ich sei nicht professionell genug. Man hat mir aber keine Beispiele genannt. Ich habe keine Ahnung, was ich falsch gemacht habe.»

«Meine Absicht war, weiter bei Tech3 in der MotoGP zu fahren. Jetzt haben sie mein Herz gebrochen. Anscheinend gibt es auch keine Wertschätzung für die Weltmeisterschaft, die ich ihnen beschert habe. Ich kann nicht mehr tun, als immer mein Bestes zu geben. Aber das hat nicht ausgereicht.»

«Ich werde auch bei den restlichen Rennen 100 Prozent abliefern, aber für niemanden außer für mich selbst und natürlich für die Leute in meinem Umfeld, die auf meiner Seite sind», stellte der Sohn von 500-ccm-Weltmeister Wayne Gardner fest.

«Wenn du die Zeiten anschaust und einzelne Ergebnisse, kann man meine erste MotoGP-Saison nicht als Desaster bezeichnen», hält Remy fest. «Es ist immer noch mein erstes Jahr. Trotzdem bin ich manchmal nahe an den Jungs aus dem Werksteam dran. Miguel fährt seine vierte MotoGP-Saison. Deshalb habe ich mir immer eingebildet, meine Leistung sei nicht schlecht. Leider hat mich KTM extrem spät informiert. Dadurch haben sie mich richtig verarscht. Denn ich musste Ende August plötzlich einen Sitz für das nächste Jahr suchen. Das hat mich in eine verkorkste Position gebracht.»

Übrigens: KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer hat bereits vor dem Mugello-GP im Mai klargestellt, dass sich Gardner-Manager Paco Sanchez durch ein verunglücktes Interview ein gehöriges Eigentor geschossen hat.

Der Spanier hatte damals das Gagen-Angebot für Gardner für 2023 als unzureichend dargestellt und außerdem die Qualität der Tech3-Techniker angeprangert.

Miguel Oliveira hat aber mit Tech3-KTM 2020 zwei MotoGP-Rennen (Spielberg und Portimão) gewonnen.

«Paco Sanchez lässt momentan keine Gelegenheit aus, um über uns zu schimpfen», erklärte Pit Beirer am 18. Mai nach dem Le-Mans-GP im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Er wettert über KTM, über das Tech3-Team und den Vertrag, den wir seinem Fahrer Remy Gardner für 2023 angeboten haben. Mit solchen Aussagen habe ich sehr viel Mühe. Denn Remy und Raúl sind einfach Rookies in dieser Klasse. An guten Tagen hat Remy schon gezeigt, dass er funken und vor den anderen Rookies in dieser Kategorie fahren kann. Deshalb ist auf seinem Weg in der MotoGP bisher gar nichts verloren, weder an den Ergebnissen, noch am Weg, den ein Neuling beschreitet. Für Rookies braucht man in dieser Klasse etwas Geduld, bis die ersten Ergebnisse kommen. In so einer Phase möchten wir uns von einem Manager wie dem Herrn Paco Sanchez nicht unbedingt vorführen lassen.»

«Pit Beirer: Joan Mir kommt nicht – Gardner fraglich», so lautete die SPEEDWEEK.com-Schlagzeile am 18. Mai. Der Motorsport-Chef von KTM ergänzte damals: «Zu einem Teil der Fahrer-Manager kann ich nur sagen: Sie sind die größte Plage, die außer Corona in den letzten Jahren über das Fahrerlager hereingebrochen ist.»

«Ich hatte das Gefühl und den Eindruck, dass mein Vertrag bei Tech3 verlängert wird», stellte Gardner heute fest. «Ich war der Meinung, das wird beim Österreich-GP besiegelt. Jetzt bin ich durcheinander.»

Bei Tech3-KTM fanden wir übrigens heute in Misano niemanden, der Gardner vorgeworfen hat, «unprofessionell» zu sein. Bei KTM ist zu hören, dass Gardners Vertrag eine Option für 2023 enthielt, die aber bis zur vereinbarten Frist Ende Juni nicht eingelöst wurde. Das ist normalerweise für den Rennfahrer ein Zeichen, sich einen neuen Job zu suchen. 

Das bedeutet auch: Remy Gardner hatte einen Ein-Jahres-Vertrag für 2022, der jetzt regulär ausläuft und nicht verlängert wurde. 

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