Lin Jarvis (Yamaha): Warum darf Morbidelli bleiben?
Franco Morbidelli hat in 19 Rennen 2022 nur 36 Punkte gesammelt, er ist WM-Neunzehnter. Warum er trotzdem im Yamaha-Werksteam bleibt, schildert Rennchef Lin Jarvis.
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Etliche GP-Journalisten kritisierten Yamaha Motor Racing in den letzten Monaten, weil der 27-jährige Franco Morbidelli für die Saison 2023 im MotoGP-Werksteam nicht ausgetauscht wird, obwohl einige hoffnungsvolle Kandidaten verfügbar waren – von Oliveira über Remy Gardner bis zu Raúl Fernández, Joan Mir und Alex Rins.
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Aber Lin Jarvis, der Managing Director von Yamaha Motor Racing, stellte schon beim Mugello-GP im Mai gegenüber SPEEDWEEK.com fest, dass Yamaha keine Verträge bricht und der Italiener einen handfesten und wasserdichten Werksvertrag für 2023 besitzt. Außerdem erinnert sich das Yamaha-Management daran, dass Franky 2020 im Petronas-Yamaha-Kundenteam Vizeweltmeister wurde und drei souveräne GP-Siege feierte. 2022 präsentierte sich Morbidelli über weite Strecken nur mehr als Schatten seiner selbst. Er kommt nach 19 Rennen mit 36 WM-Punkten zum Valencia-GP, Fabio Quartararo, sein Teamkollege von 2019 bei Petronas, mit 235. Der Franzose hat zwar in der Corona-Saison 2020 auch drei MotoGP-Rennen gewonnen, aber die WM damals nur an achter Position beendet – durch einen schwachen Herbst.
Morbidelli kehrte im September 2021 nach seiner schweren Knieverletzung beim ersten Misano-GP im September in die MotoGP-WM zurück, denn Yamaha brauchte ihn damals, weil Viñales während der Saison zu Aprilia geflüchtet war. "Morbido" wurde dann von Petronas ins Werksteam verfrachtet, Dovizioso übernahm seinen Platz bei Petronas neben Rossi.
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Seither musste das Yamaha-Management sehr viel Geduld für Morbidelli aufbringen. Seine Leistungen stagnieren, auch wenn er in Sepang im nassen FP2 am Freitag vorne mithielt. Aber da riskierten viele Asse nicht viel, weil sowieso die Zeiten vom FP1 Bestand hatten.
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"Diese Saison war sehr enttäuschend für Franco und auch für uns", räumte Lin Jarvis im Gespräch mit SPEEDWEEK.com ein. "Wir haben uns bemüht, in der zweiten Jahreshälfte einen Turnaround bei ihm zu schaffen. Wir haben bei den ersten paar Rennen seit der Sommerpause die Arbeitsweise in der Box ein bisschen geändert. Wir haben die Herangehensweise verändert, das schien anfangs Früchte zu tragen, nicht unbedingt bei den Punkten, aber wir konnten klar einen Fortschritt erkennen. Wir dachten, wir gehen jetzt in eine unterschiedliche Richtung, und wenn wir so weitermachen, werden die Resultate besser werden. Aber leider hat dieser Plan nicht geklappt. Frankys Saison ist sehr, sehr enttäuschend verlaufen."
Eine einleuchtende Erklärung für diese dauerhafte Schwächephase, die sich schon in der ersten Saisonhälfte 2021 abzeichnete, hat Yamaha nicht gefunden. Unglaublich: Morbidelli hat 2022 nur ein Top-Ten-Ergebnis erreicht – mit Platz 9 im Regenrennen von Mandalika im April. "Die Knieverletzung war sicher schwierig, aber das war in erster Linie eine körperliche Unpässlichkeit. Sie hat Frankys Performance im Frühjahr 2021 beeinträchtigt. Als er dann nach der Operation in Misano 2021 im Werksteam verstärkt hat, war es zu früh. Doch die Verletzung war zum Saisonbeginn 2022 ausgeheilt", hält Lin Jarvis fest.
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"Im Rückblick war es nicht angebracht, dass wir bei Franco schon ab Misano gewisse Erwartungen hatten", räumt der Yamaha-Renndirektor ein. "Aber in diesem Jahr hatte er bereits einige Rennen auf dem Werksmotorrad hinter sich, er hatte sich ans Team gewöhnt, deshalb haben wir mit einer viel besseren Saison gerechnet. Aber das war nicht der Fall. Die Situation ist schwierig. Es ist eine Kopfsache. Franky hat eine geistige Blockade. Er hat nicht genug vertrauen, um wirklich aggressive zu fahren. Und alle Piloten bestätigen uns: Die Yamaha muss heute in einer ‚attacking mode‘ gefahren werden, also auf angriffslustige Weise. Du musst den Speed in die Kurven mitnehmen. Dazu brauchst du Vertrauen, und da hapert es bei Franky." Yamaha hofft natürlich auf eine Steigerung des Italieners und Moto2-Weltmeisters von 2017, wenn die M1 nächstes Jahr mehr Power hat und schlagkräftiger wird. "Dass wir nächstes Jahr ein Motorrad mit mehr Potenzial haben, wird Franky sicher helfen", ist Lin Jarvis überzeugt. "Aber wird es genug sein? Das ist die Frage." Immerhin gelangen dem elffachen GP-Sieger Morbidelli (acht Rennen gewann er in der Moto2-WM) in den letzten Wochen in manchen Sessions ein paar Lichtblicke, obwohl er sich gleichzeitig mehrmals durch eine ungestüme Fahrweise unbeliebt machte, zum Beispiel bei Aleix Espargaró in der letzten Rennrunde in Sepang.
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Morbidelli wurde danach ein 3-Sekunden-Penalty aufgebrummt und vom zehnten auf den elften Rang strafversetzt. Schon im Qualifying von Sepang hatte er sich für das Rennen einen Long-Lap-Penalty eingehandelt. Die 3-sec-Strafe vom Sonntag war übrigens Francos achter Penalty in dieser Saison! MotoGP-Ergebnis, Sepang (23.10.): 1. Bagnaia, Ducati, 20 Rdn in 40:14,332 min 2. Bastianini, Ducati, + 0,270 sec 3. Quartararo, Yamaha, + 2,773 4. Bezzecchi, Ducati, + 5,446 5. Rins, Suzuki, + 11,923 6. Miller, Ducati, + 13,472 7. Marc Márquez, Honda, + 14,304 8. Brad Binder, KTM, + 16,805 9. Zarco, Ducati, + 18,358 10. Aleix Espargaró, Aprilia, + 21,591 11. Morbidelli*, Yamaha, + 23,235 12. Crutchlow, Yamaha, + 24,641 13. Oliveira, KTM, + 24,918 14. Pol Espargaró, Honda, + 25,586 15. Fernández, KTM, + 27,039 16. Viñales, Aprilia, + 30,427 17. Alex Márquez, Honda, + 33,322 18. Gardner, KTM, + 33,691 19. Mir, Suzuki, + 41,838 – Darryn Binder, Yamaha, 10 Runden zurück – Di Giannantonio, Ducati, 10 Runden zurück – Martin, Ducati, 14 Runden zurück – Nagashima, Honda, 16 Runden zurück – Marini, Ducati, 19 Runden zurück *= 3-Sekunden-Strafe ("unverantwortliche Fahrweise")
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