Yamaha: 2 Jahre ohne Kundenteam? Oder Deal mit Rossi?
Mit dem Monster Yamaha Factory Team ging es in der zweiten Saisonhälfte 2022 steil bergab. Weltmeister und WM-Leader Fabio Quartararo lag beim Sachsenring-GP im Juni noch 91 Punkte vor dem heutigen Weltmeister Pecco Bagnaia (Ducati), doch dann gelang dem Franzosen bei den letzten zehn Rennen nur noch ein Podestplatz – mit Rang 3 in Sepang. Dort hätte Ducati und Bagnaia den Sack in der Fahrer-WM bereits zu machen können, wenn Marco Bezzecchi noch vor Fabio auf Platz 3 vorgerückt wäre.
Obwohl noch nie seit Beginn der Motorrad-Weltmeisterschaft 1949 ein Rennfahrer 91 Punkte aufgeholt und dann noch den Titel gewonnen hat, schaffte der Ducati-Lenovo-Star dieses Kunststück. Denn mit dem Monster Yamaha Factory Team ging es in der zweiten Saisonhälfte 2022 steil bergab. Weltmeister und WM-Leader Fabio Quartararo lag beim Sachsenring-GP im Juni noch 91 Punkte vor dem heutigen Weltmeister Pecco Bagnaia (Ducati), doch dann gelang dem Franzosen bei den letzten zehn Rennen nur noch ein Podestplatz – mit Rang 3 in Sepang. Dort hätten Ducati und Bagnaia den Sack in der Fahrer-WM bereits zumachen können, wenn Marco Bezzecchi im Rennen noch vor Fabio auf Platz 3 vorgerückt wäre.
Yamaha hat in diesem Jahr nicht nur den Titelfight verloren, sondern auch das WithU-RNF-Kundenteam von Razlan Razali. Yamaha wird also 2023 erstmals in der MotoGP-Viertakt-Ära, die 2002 begonnen hat, ohne Satelliten-Team in die WM gehen. Denn die RNF-Mannschaft hat für zwei Jahre bei Aprilia Racing unterschrieben und tritt 2023 mit dem vielversprechenden Fahrerduo Miguel Oliveira und Raúl Fernández an.
Yamaha wird also künftig als einzige Hersteller neben dem MotoGP-Werksteam keine Kundenmannschaft beliefern, dadurch gehen einige Millionen an Dorna-Zuschüssen verloren.
Nicht nur deshalb halten sich seit dem Mugello-GP Ende Mai hartnäckig die Spekulationen, die das Mooney VR46-Ducati-Team von Valentino Rossi für 2024 mit Yamaha in Zusammenhang bringen.
2023: Nur zwei Yamaha, acht Ducati
Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Motor Racing, geht auf Nachfrage von SPEEDWEEK.com davon aus, dass sich an der momentanen Konstellation womöglich auch für 2024 nichts ändern wird. Denn Gresini Racing hat zwar nur einen Zwei-Jahres-Vertrag mit Ducati Corse (bis Ende 2023), aber diese Mannschaft wird bei Ducati nach den jüngsten Erfolgen kaum abtrünnig werden. Und die Mooney-VR46-Mannschaft ist sogar bis Ende 2024 bei Ducati unter Vertrag.
Mooney-VR46-Teammanager Pablo Nieto verweist bei jeder Gelegenheit auf den Drei-Jahres-Deal seiner Mannschaft mit Ducati. Denn die gute Zusammenarbeit mit dem Werk aus Borgo Panigale soll auf keinen Fall aufs Spiel gesetzt werden.
Trotzdem ist nicht unbedingt in Stein gemeisselt, dass weiter ein Ungleichgewicht bestehen wird und in der MotoGP auf unbestimmte Zeit nur zwei Yamaha, aber acht Ducati eingesetzt werden.
Yamaha hatte in der Saison 2022 noch einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Ducati, das zur Audi Group gehört: Denn Valentino Rossi hatte einen gut dotierten Sportwagenvertrag mit Audi Sport für die GT World Challenge Europe mit einem 585 PS starken Audi R8 LMS GT3 evo II des belgischen Teams WRT als Partner seiner Teamkollegen Frederic Vervisch und Nico Müller in der Tasche.
Doch «The Doctor» plant eine mehrjährige Karriere im Automobilsport; er möchte eines Tages auch die 24 h von Le Mans bestreiten. Und er steigt für 2023 im WRT-Team auf einen BMW M4 GT3 (Turbo-Reihensechszylinder mit 3 Litern Hubraum und bis zu 590 PS) um.
WRT wechselt nun zu BMW und auch «Il Dottore» wird diesen Schritt begleiten. Im Oktober und November dieses Jahres hat Rossi den BMW bereits ausgiebig in Südeuropa getestet. Doch noch immer ist unklar, bei welchen Rennen und in welcher Serie der 43-Jährige im nächsten Jahr antreten wird.
Yamaha-Rennchef Lin Jarvis sagt seit Jahren: «Unsere ideale Anzahl von MotoGP-Bikes am Grid liegt bei vier.»
Heute hält der Engländer fest: «Wir werden 2023 kein Kundenteam haben. Wir nehmen uns ein Sabbat-Jahr. Das ist nicht erstrebenswert für uns, weil wir immer MotoGP-Satelliten-Teams hatten, in der 500-ccm-Klasse sogar noch mehr. Aber nach der 500er-Klasse haben wir entschieden, dass die optimale Anzahl vier beträgt. Daran haben wir uns gehalten, mit Ausnahme von 2014 und 2015, als wir Forward als drittes Team beliefert haben – mit Open-Class-Bikes. Dort wollten wir zuerst nur die Motoren liefern.»
«2023 wird es anders sein für uns, wir treten bei Yamaha nur noch mit zwei Piloten an. «Aber ich glaube nicht, dass wir kurzfristig darunter leiden werden. Denn bei Yamaha geht es beim Kundenteam vorrangig darum, die Meisterschaft zu unterstützen. Zweitens kannst du im Kundenteam Rookies in die WM reinbringen und sie aufbauen. Zudem bekommst du mehr Daten für die Entwicklung.»
Die Verdienste von Petronas-Yamaha
Immerhin trug das Petronas-Kundenteam 2020 mit sechs Siegen (3x Quartararo, 3x Morbidelli) viele kostbare Punkte für die Marken-WM bei. «Morbido» wurde sogar Vizeweltmeister hinter Marc Márquez.
Jarvis: «Diese Erfolge waren aber mehr die Konsequenz eines Kundenteams als ein Auftrag. Unser vorrangiges Ziel ist immer die Fahrer-WM. Alles, was wir zusätzlich gewinnen, ist eine Konsequenz – und natürlich trotzdem willkommen und erfreulich.»
Yamaha habe mit Quartararo und Morbidelli momentan zwei talentierte Fahrer, sagt der Yamaha-Renndirektor. «Und sie sind beide jung», hält Lin Jarvis im Gespräch mit SPEEDWEEK.com fest. «Fabio hat seinen Vertrag bis Ende 2024 verlängert; Franky hat einen Vertrag bis Ende 2023. Unser Ziel ist es, ihnen jetzt das bestmögliche Technik-Paket zur Verfügung zu stellen.»
Es ist gut möglich, dass Yamaha in Sachen Kundenteam 2024 ein zweites Sabbat-Jahr anknüpfen muss.
Jarvis: «Das ist vorstellbar und möglich. Im Moment sieht es auf dem Papier so aus. Wir machen einen Schritt nach dem andern… Aber in dieser Welt weiß man das nie. Die Dinge verändern sich rasch.»
Zur Erinnerung: Yamaha trennte sich im Sommer 2021 von Maverick Viñales, obwohl der Spanier einen Werksvertrag bis Ende 2022 hatte.