Lucio Cecchinello (LCR): Turbulente Saison mit Rins
Das LCR-Honda-Team von Lucio Cecchinello feierte im April in Texas mit Alex Rins einen unerwarteten MotoGP-Triumph, den ersten Seit Cal Crutchlow, der für LCR drei Rennen in der Königsklasse gewonnen hat.
Doch die Freude währte nicht lange, denn erstens fühlte sich Rins fühlte bei HRC schlecht behandelt, er bekam zum Beispiel erst ein Kalex-Chassis, als es von Marc Márquez längst wieder beiseite geräumt worden war. Deshalb wechselte er zu Monster-Yamaha, er wird 2024 neuer Teamkollege von Fabio Quartararo.
SPEEDWEEK.com unterhielt sich mit LCR-Honda-Teambesitzer Lucio Cecchinello (51) über die turbulente MotoGP-Saison 2024, die beim Mugello-GP in einem heftigen Rückschlag gipfelte, als sich Rins (komplizierter Schien- und Wadenbeinbruch) schwer verletzte und dann nur noch einen Top-Ten-Platz (Rang 9 in Indonesien) schaffte.
Lucio, Alex Rins war sichtlich enttäuscht, dass er bei Honda nicht wie ein Werksfahrer behandelt wurde, obwohl er einen HRC-Vertrag hatte und ihm offenbar Werksmaterial versprochen wurde. Was war bei ihm mit HRC vereinbart?
Es war die Absicht, dass er Werksmaterial bekommt. Im Vertrag wurden ihm klar «updated parts» zugesagt, aber es musste jeweils die Verfügbarkeit gewährleistet sein. Und über den Zeitpunkt der Lieferung der neuen Teile entscheidet HRC.
Diese Klausel ist sehr wichtig, um Missverständnisse zu vermeiden. Denn HRC hat zwar immer die Absicht, das Satelliten-Team mit konkurrenzfähigen Teilen auszustatten. Doch es kann zu Problemen mit Lieferfristen bei externen Zulieferfirmen kommen. Solche Vorkommnisse unterliegen nicht der Kontrolle von HRC. Deshalb steht diese Klausel im Vertrag.
Außerdem testet das Werksteam die neuen Komponenten zuerst auf unterschiedlichen Strecken, bevor sie in grösserer Stückzahl angefertigt werden? Und manchmal bewähren sich neue Teile in der Praxis nicht?
Korrekt. Das ist exakt das, was in diesem Jahr manchmal passiert ist.
Stefan Bradl hat zum Beispiel das Feeling mit dem deutschen Chassis sehr gut gefallen, das von HRC designt wurde. Aber Marc Márquez bevorzugt nach der Sommerpause wieder das japanische Chassis mit dem HRC-Design.
Am Sonntag nach dem Le-Mans-GP hat Marc Márquez das Kalex-Chassis in den höchsten Tönen gelobt, weil er bis kurz vor Schluss am Sonntag dieselben Rundenzeiten fahren konnte wie am Anfang. Er kämpfte um einen Podestplatz und stürzte dann im Finish. Marc ist erst nach dem Samstag in Assen auf das japanische TSR-Chassis zurückgekehrt.
Ich erinnere mich nicht genau an diese Einzelheiten.
Aber was ich sagen kann: Es kann passieren, dass ein Fahrer ein Chassis mit einer gewissen Spezifikation eventuell in Jerez oder in Le Mans für gut befindet. Aber das bedeutet nicht, dass es das perfekte Chassis für alle Rennstrecken ist.
Das hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel vom Grip des Asphalts, von der Beschaffenheit und vom Speed der Kurven, von den unterschiedliche Kräfte, die auf das Chassis einwirken und die unterschiedliche Anforderungen und Belastungen erzeugen.
Marc Márquez und Joan Mir haben das Kalex-Chassis beim Montag-Test nach dem Jerez-GP erstmals ausprobiert.
Ja, dort hast du viele enge und langsame Kurven, viele harte Bremszonen, keine sehr hohen Geschwindigkeiten. Also bevorzugst du dort einen bestimmten Chassis-Typ. Das Strecken-Layout in Le Mans ist ähnlich. Aber dann kommst du zum Beispiel nach Silverstone oder Mugello, und plötzlich spürst du, das Chassis funktioniert auf diesen Pisten nicht optimal.
Alex Rins war sicher nicht happy, dass er drei Wochen nach dem Le-Mans-GP in Mugello immer noch keines der fünf Kalex-Chassis ausprobieren durfte. Der Unmut war ihm dort anzuhören. Denn er hat in der Moto2-WM sehr eng mit Kalex zusammengearbeitet.
Ich kenne leider die Details in diesem Zusammenhang nicht.
Dein Team hat im Gegensatz zu Repsol Honda bis zum Saisonfinale immer noch Kalex-Chassis verwendet?
Ja, Taka Nakagami ist bei den letzten Grand Prix noch damit gefahren.
Aber ich kann verraten, dass Alex Rins nach seiner Verletzung das deutsche Chassis in Indonesien getestet hat. Er hat sich dann entschieden, zu seinem Chassis zurückzukehren, das er in Mugello verwendet hat.
Das bedeutet: Unterschiedliche Fahrer haben unterschiedliche Meinungen zu diesem Chassis. Es hängt vom Fahrstil ab, wohl auch vom Rennstrecken-Layout.
Ergebnis Valencia-Test (28. November):
1. Viñales, Aprilia, 1:29,253 min
2. Binder, KTM, + 0,028 sec
3. Bezzecchi, Ducati, + 0,093 sec
4. Marc Márquez, Ducati, + 0,171
5. Raúl Fernández, Aprilia, + 0,263
6. Alex Márquez, Ducati, + 0,385
7. Di Giannantonio, Ducati, + 0,409
8. Bastianini, Ducati, + 0,543
9. Miller, KTM, + 0,648
10. Marini, Honda, + 0,703
11. Bagnaia, Ducati, + 0,717
12. Quartararo, Yamaha, + 0,769
13. Mir, Honda, + 0,798
14. Augusto Fernández, KTM, + 0,824
15. Martin, Ducati, + 0,899
16. Morbidelli, Ducati, + 0,953
17. Zarco, Honda, + 1,030
18. Acosta, KTM, + 1,223
19. Rins, Yamaha, + 1,311
20. Crutchlow, Yamaha, + 1,512
21. Nakagami, Honda, + 1,723
22. Aleix Espargaró, Aprilia, + 3,059
23. Savadori, Aprilia, + 3,431