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Alex Hofmann: Finale Analyse vor Saison-Start

Von Werner Jessner
Der Experte von Servus TV analysiert exklusiv auf SPEEDWEEK.com: Wo sind die Favoriten, was dürfen wir von den einzelnen Herstellern erwarten? Ab wann wird Marc Márquez gewinnen, und wer holt in Katar die Pole?

Beim abschließenden Pre-Season-Test in Katar dominierten die italienischen Hersteller Ducati und Aprilia die Zeiten-Listen. Ist das schon das wahre Kräfteverhältnis zu Saisonbeginn, oder gilt unverändert die alte Weisheit, dass Tests bloß Tests, Rennen aber Rennen sind? Alex Hofmann analysiert – und relativiert.

Ist gegen die Ducatis in dieser Saison ein Kraut gewachsen?

Gefühlt hat sich leider am Kräfteverhältnis nichts verändert. Auf Grund der Reife des Motorrads und der Qualität ihrer gleich acht Fahrer können die bei einem Test allerdings noch mehr Angst verbereiten als in der Hektik eines Grand-Prix-Wochenendes, wo jeder mal Fehler macht. In Katar wird es für die anderen allerdings sehr schwierig – selbst wenn es eigentlich eine Aprilia-Strecke ist. Ducati ist die Referenz in diesem Jahr. Daran wird sich nicht allzu viel ändern.

Und die technischen Probleme, die sie während des Tests doch hatten…

…werden sie lösen. Die MotoGP ist so komplex geworden, dass fünf Testtage im Vergleich zu früher eigentlich gar nichts mehr sind. Es bleibt nicht mehr die Ruhe, sich Kleinigkeiten bis ins Detail anzuschauen. Ducati lebt halt auch davon, dass sie die meisten Fahrer und die meisten Techniker von allen da draußen haben. Es geht um die Qualität der Daten und ihrer Analyse. Was ich mir vorstellen kann: Dass Problemlösungen in einer komplexer werdenden MotoGP in Werksteams schneller passieren als bei den Satellitenteams von Ducati.

Die Katar-Zeiten von Aprilia waren aller Ehren wert.

Katar kommt Aprilia – genau wie Termas de Río Hondo und Barcelona sehr entgegen. Aber ja: aller Ehren wert. Das Bild wird allerdings von Strecke zu Strecke anders aussehen. Die RS-GP ist zu spezifisch, um überall zu funktionieren. Plus: Mit vier Fahrern hat Aprilia nur die Hälfte der Informationen, die Ducati mit deren acht bekommt. Außerdem haben sie nicht die Qualität und Tiefe der Analyse-Tools wie ihre Kollegen in Rot. Wenn es vom Layout und dem Grip-Level passt, wird Aprilia die Referenz sein. An anderen Wochenenden werden sie Probleme haben, unter die ersten 8 oder 10 zu fahren.

Wenn man dem Fahrer-Feedback trauen darf, hat Aprilia für ihre extreme Aerodynamik einen im Verhältnis zu schwachen Motor.

Das ist die Geschichte: Je stärker der Motor, desto mehr Aero kannst du dir leisten. Der absolute Topspeed ist heute keine Referenz mehr. Die Frage ist: Kann man trotz Aero schnell auf Speed-Werten wie 200 oder 300 km/h sein – und dabei die Aero zur Beschleunigung nutzen, weil man Anpressdruck generiert. Fehlt Power, fehlt auch Anpressdruck. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

Wie hat KTM gearbeitet?

Anders als früher. Mit ihren neuen technischen Zugängen sind sie in den letzten zwei, drei Jahren stärker und ruhiger geworden. Sie suchen bei Tests keine absoluten Spitzenzeiten, sondern wissen um den Wert jeder einzelnen Runde und der daraus gewonnenen Daten. KTM legt den Fokus darauf, wirklich alles durchzuprobieren, anstatt Rekorde hinzuknallen. Darum würde ich auch hier auf das Rennwochenende warten, wobei Katar noch nie KTMs Lieblingsspielfeld war. Doch auch da merke ich, dass sie frühere Schwachstellen Schritt um Schritt beheben und näher dran sind. Aufs Jahr gesehen sehe ich sie nach wie vor auf Platz 2 hinter Ducati – mit Aprilia unangenehm knapp im Nacken.

Hat Honda nur deshalb so schlecht ausgesehen, weil Katar definitiv keine Strecke für die RC213V ist?

Und weil zwei ihrer Fahrer nicht fit waren. Ändert nichts an der Tatsache, dass die Jungs motiviert in den Test reingehen, es nicht mal so schlecht aussieht, bis zum Moment, an dem gegen Schluss alle den Hammer auspacken. Dann gucken sie nach wie vor gewaltig in die Röhre. Die große Verbesserung, von der seit Valencia alle sprechen – die möchte ich dann mal im Renntrimm sehen. Ich bin noch nicht davon überzeugt, dass da wahnsinnig viel vorwärts gegangen ist im Vergleich. Wenn du einen hohen Berg erklimmen willst, kommen dir die Meter unten in der Ebene ewig vor. Erst wenn du in der Nähe des Gipfels bist, merkst du, dass etwas vorwärts geht.

Ist das Bike technisch nicht besser geworden?

Das ist schwieriger seriös zu beurteilen, als man meint. Mit einem schlechten Qualifying startest du hinten, wirst im Pulk gefressen, und das Bike sieht noch schlechter aus als es tatsächlich ist. Da spielen viele Faktoren mit rein.

Das gilt für Honda wie Yamaha gleichermaßen?

Bei Yamaha kommt noch dazu, dass sie nur halb so viele Fahrer wie Honda haben. Gerade in der Entwicklung müsstest du mehr Daten generieren, nicht weniger. Yamaha hat zwei Fahrer, Ducati vier Mal so viel. Wenn bei Ducati vier Fahrer einen extrem schlechten Tag haben, generieren sie noch immer doppelt so viele gute Daten wie Yamaha im Idealfall. Es ist gerade ganz, ganz bitter für Yamaha.

Wird Marc Márquez punktgenau zum Katar-GP da sein?

Nein, nicht punktgenau. Bei allem Tiefstapeln arbeiten die aufs Katar-Qualifying hin. Wir wissen alle: Wenn Marc die Augen zumacht und sitzen bleibt, wird er eine tolle Zeit hinlegen. Aber er ist noch immer in der Phase zu verstehen, was die Ducati von ihm haben will. Die Honda-Reflexe sind so tief in seinem Unterbewusstsein gespeichert, dass es Zeit dauert, um sie zu überschreiben und tatsächlich wieder zu gewinnen.

Wie lang wird das dauern?

Ich schätze drei, vier Events. Das Wochenende mal durchgespielt zu haben, einen Sprint im Pulk gefahren zu sein, zu spüren, was die anderen machen. Er wird von Anfang an dabei sein wollen und sich nicht von den anderen Ducati-Fahrern auf der Nase rumtanzen lassen, aber bis Jerez wird er sich «Erfahrung sammeln!» ganz oben hin schreiben. Erst wenn er verinnerlicht hat, bei welchem Schräglagenwinkel das Bike den meisten mechanischen Grip hat, wenn er weiß, wie spät er trotz der ungewohnten Stabilität bremsen kann und seinen wilden Stil ein wenig gezähmt hat, wird er voll durchziehen. Ab dem Beginn der Europa-Rennen schätze ich ihn sehr unangenehm ein für den Rest.

Um dir die Chance zu geben, endlich auch einmal daneben zu liegen: Wer fährt in Katar auf Pole Position?

Enea.

Sprint-Sieger?

Martín.

Und im GP?

Pecco.

Sehr diplomatisch und salomonisch gelöst. Danke für die Expertise!

Immer wieder gerne.

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