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Takaaki Nakagami: Klartext zur unfahrbaren Honda

Von Thomas Kuttruf
Es kommt nicht oft vor, dass ein japanischer Profisportler in der Öffentlichkeit in Rage gerät. Dass LCR Honda Pilot Taka Nakagami am Ende des Texas-GP in den Begrenzer lief, ist angesichts der Lage nur verständlich.

Wie diese Woche bereits auf SPEEDWEEK.COM berichtet, war der Grand Prix der Vereinigten Staaten ein weiterer Tiefpunkt für die Honda-MotoGP-Teams. Als «einziger Überlebender» – so wurde Repsol-Pilot Luca Marini von seinen Kollegen Mir, Zarco und Nakagami nach dem Rennen begrüßt – hatte der Italiener die 20 Runden auf der Strecke in Austin zu Ende gebracht. Wie auch Joan Mir musste der japanische Vertreter der Honda-Garde sowohl im Sprint als auch im GP-Rennen unfreiwillig von seiner RC213V absteigen.

Takaaki Nakagami zählt bereits zum fixen Inventar des Honda MotoGP-Projekts. Aufgestiegen aus der Moto2-Division, sitzt der Japaner seit 2018 auf dem V-Vierzylinder der Honda Racing Corporation. Obwohl Nakagami außer einer Pole-Position keine bewegenden Ergebnisse vorlegen kann, behielt der mittlerweile 32-Jährige seinen Sitz auf der Semi-Werks-Maschine in der Box des treuen Honda-Verbündeten Lucio Cecchinello. Umso sensationeller war der nahezu bühnenreife Auftritt Nakagamis beim anschließenden Pressegespräch. Ausgerechnet dem treuen und erfahrensten Piloten flog die Sicherung. Der Japaner war kaum zu bremsen und etliche Aussagen sorgten im Kreise der MotoGP-Weltpresse für große Augen. Hier die ungekürzte Originalfassung des Protokolls von LCR-Pilot Taka Nakagami:

«Es ist wirklich schwierig, an diesem Wochenende von einem Ergebnis zu sprechen, denn alle Hondas haben sehr zu kämpfen, sind jede Runde mehr oder weniger zwei Sekunden langsamer. Wir pushen, aber die Rundenzeit kommt nicht, und das Gefühl ist auch völlig egal. Ich kann nur sagen, dass ich einen guten Start hatte, ich habe ein paar Positionen gewonnen, aber ich wusste, dass es nur ein paar Kurven halten würde. Dann habe ich ein paar Kurven getroffen, in denen ich das Gefühl hatte, dass die Geschwindigkeit oder das Gefühl für das Motorrad ganz anders ist.»

«Und dann habe ich verloren, verloren, verloren, jede Kurve, jede Runde. Bis zu meinem Sturz vor der letzten Kurve, Turn 19. Als ich die Front schon vor ein paar Runden vorher mehrfach verloren hatte, hatte ich null Gefühl für die Front. Und ich erwartete, dass ich, wenn ich weiter pushe, mit Sicherheit einen Crash haben werde. Leider hatten drei weitere Hondas ein DNF. Das ist so ein harter Moment. Ich habe diesen schlimmen Moment nicht erwartet. Niemand kann das Problem lösen, niemand kann sich verbessern. Ich weiß es also nicht. Es gibt nichts zu sagen. Im Moment bin ich über die Leistung von allem enttäuscht. Das Motorrad, wir sind langsamer als letztes Jahr, das ist absolut nicht zu verstehen. Ich hoffe, dass Honda ein paar Ideen hat, die sie gründlich prüfen und analysieren können. Ich möchte in Jerez etwas Wichtiges erreichen.»

War es das härteste Wochenende der letzten Jahre?
«Ja, das war es. Auf jeden Fall. Verrückte drei Tage. Es gab keine einzige Session, in der wir nicht schlecht waren, wir kämpfen immer am Ende. Da ist etwas, das wir verloren haben. Das kann man sogar von außen sehen. Aber das Problem ist, dass ich es nicht weiß. Ich kann nicht mit dem Finger auf jemanden zeigen und sagen, das ist das Problem.»

«Vielleicht konnte ich das 2023 sagen, da haben wir uns hauptsächlich über den Grip hinten beschwert. Aber jetzt ist es natürlich der fehlende Grip hinten, es ist die Balance des Motorrads, die Elektronik. Das ist unmöglich, dieses Gefühl, es ist so schwierig, das Motorrad mit diesem Potenzial zu fahren. Jede Runde zwei Sekunden langsamer, das ist der Fehler. Sie müssen verstehen, dass das der Job der Ingenieure ist, nicht unser Job. Wir Fahrer pushen alle an das Maximum, aber deshalb sind die Rundenzeiten fast gleich. Aber sie müssen es verstehen (ein verzweifeltes Lachen entweicht Takas Lippen), hoffentlich können sie es finden. Irgendwas! »

Kann ein neuer Motor die Lösung sein?
«Ich hoffe es, aber wie ich schon sagte, kann ich nicht sagen, woher dieses geringe Potenzial kommt. Vielleicht vom Motor, und ein Motor löst das ganze Problem. Das hoffe ich auch. Aber im Moment kann ich das nicht sagen, denn nur der Motor allein kann die Balance, das Gefühl für die Front oder den Grip hinten nicht lösen. Es gibt im Moment zu viele Probleme.»

Joan Mir sagte, er werde in Barcelona einen Motor testen, testest du auch?

«Ich? Nein.»

Wo in der Kurve fühlst du dich am schlechtesten? Eingang, Scheitelpunkt, Ausgang?
«In den Hochgeschwindigkeitskurven verlieren wir viel. Aber das eigentliche ist die Einfahrt der Kurven. Sobald ich das Motorrad einlenke, ist das Gefühl für die Front weg, und man kann sich nicht vorstellen, wie das Motorrad nicht einlenkt. Es ist absolut unmöglich, der Ideallinie zu folgen. Das Motorrad fährt anders, in die andere Richtung. Dann zwinge ich mich, die Körperposition zu nutzen, auch die Lenkung, versuche, mich zu pushen. Aber es ist absolut unmöglich. 20 Runden so zu fahren ist unmöglich.»

An dieser Stelle wurde das Gespräch abgebrochen. Der Puls des Japaners hatte sich bereits in MotoGP-Regionen gesteigert.

Während sich Johann Zarco wesentlich entspannter äußerte und Joan Mir trotz identischer Ausgangslage ebenfalls die Zuversicht noch nicht verloren hat, so geht das Gemüt von Taka Nakagami eindeutig in Richtung Arbeitsverweigerung.

Kevin Schwantz, ebenfalls zu Gast in Austin, betonte in seinem Gespräch mit SPEEDWEEK.COM, dass sich die Fahrer grundsätzlich weniger an die Redeprotokolle der Hersteller halten und geradeheraus ihre Gedanken verbreiten sollten. In diesem Sinn hat sich in Austin gezeigt, dass auch ein Japaner in dieser Hinsicht einen leidenschaftlich ehrlichen Job machen kann.

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