Superbike-WM: Ducati wählt das Risiko

Fabio Di Giannantonio: «Ich bin das schwarze Schaf»

Von Manuel Pecino
Fabio Di Giannantonio

Fabio Di Giannantonio

Fabio Di Giannantonio (VR46 Racing) erlebt bislang eine solide MotoGP-Saison 2025. Im Interview mit SPEEDWEEK.com-Autor Manuel Pecino spricht er über seine Stärken und seine Erfahrungen mit der Ducati GP25.

VR46-Pilot Fabio Di Giannantonio fährt in diesem Jahr konstant in die Top-10, zur Spitze fehlen ihm oft Kleinigkeiten. Immerhin konnte er 2025 bereits drei dritte Plätze (in zwei Grands Prix und einem Sprint) einfahren. In der Gesamtwertung liegt der Römer derzeit mit 136 Punkten auf Rang 5.

SPEEDWEEK.com-Autor Manuel Pecino traf sich mit «Diggia», um mit ihm über seine Stärken, seine Vertragssituation und seine Erfahrungen mit der Ducati GP25 zu sprechen.

Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum Podiumsplatz in Mugello, du sahst superglücklich aus... Und du hast den Fans die Freude gemacht, einen Italiener auf dem Podium zu sehen, was keine Kleinigkeit ist.

Ja, ich bin glücklich, es war unglaublich, denn letztendlich ist es ein bisschen der Traum aller Italiener, in Mugello vor all den Fans auf dem Podium zu stehen, und es war supercool. Auch der einzige Italiener auf dem Podium zu sein, war super.

Mugello, Assen, Brünn sind Strecken, die dir historisch gesehen liegen. Das heißt, du magst schnelle Kurven...

Ja, schon immer. Enge Kurven mag ich nicht so sehr.

Im Allgemeinen wirst du als der italienische Fahrer mit der geringsten Medienpräsenz und dem geringsten Charisma angesehen, wenn ich das so sagen darf. Ist das eine Folge davon, dass du aus Rom kommst, weit weg vom italienischen Motorsportzentrum in Norditalien?

Ich glaube, das spielt schon eine Rolle. Wie du gesagt hast, konzentriert sich der Motorsport in Italien sehr auf die Emilia-Romagna. Dort befindet sich auch das gesamte Universum von Valentino Rossi, die Academy und so weiter. Ich bin also so etwas wie ein «schwarzes Schaf».

Franco Morbidelli kommt auch aus Rom.

Er wurde in Rom geboren, ist aber schon sehr früh in den Norden gezogen.

Was ist die Stärke von Fabio Di Giannantonio als Fahrer?

Ich bin ein sehr präziser Fahrer, sehr konstant. Seit ich klein war, war ich nie ein echter «Time Attack»-Fahrer, aber wenn ich die beste Zeit fahre, kann ich das etwa zehn Mal wiederholen. Das ist meiner Meinung nach auch eine gute Sache.

Und ja, wie ich bereits gesagt habe, war ich auf schnellen Strecken immer schnell, dort bin ich am besten.

Du hast einen Vertrag bis Ende 2026. Das heißt, du bist entspannt?

Ja, endlich.

Gibt es in der Mentalität eines Fahrers so etwas wie einen «Vertragsmodus»? Damit ist die Einstellung eines Fahrers gemeint, wenn es um die Verlängerung seines Vertrags geht. Plötzlich sind einige deutlich schneller als zuvor...

Nein, das gibt es nicht.

Bei allem Respekt, du bist mit dem, was 2023 passiert ist, das beste Beispiel dafür.

Nun, was 2023 passiert ist, war eine unglaubliche Geschichte. Das Einzige, was mir daran nicht gefällt, ist, dass es so aussieht, als hätte ich keinen Vertrag gehabt und ich plötzlich schnell gewesen wäre.

Aber nein, so war es nicht. Sich in dieser Situation zu befinden, ist alles andere als ein Ansporn, sondern ein enormer Druck, weil man sich sehr bewusst ist, dass man keine Fehler machen darf. Das gibt einem überhaupt keinen zusätzlichen Schub – ganz im Gegenteil.

Ich fühle mich jetzt viel besser, weil ich Zeit habe, Dinge auszuprobieren, Fehler zu machen, zu lernen. Wenn du deine Zukunft auf eine Karte setzt, kannst du das nicht. Also nein, ich glaube nicht, dass es einen «Vertragsmodus» gibt.

Aber glaubst du nicht, dass zum Beispiel in der aktuellen Situation von Jack Miller und Miguel Oliveira ein enormer Druck herrscht und dass beide versuchen werden, ihr Bestes zu geben, um ihre Zukunft zu sichern?

Theoretisch muss man den Druck immer auf sich selbst ausüben. Ich spreche nicht von anderen, ich spreche für mich... 2023 wollte ich mir nur selbst beweisen, dass ich es kann. Wenn ich mir selbst beweise, dass ich schnell bin und daran arbeite, schnell zu sein, kommt der Vertrag; ich muss nicht schnell sein, um mir den Vertrag zu sichern...

Man muss für sich selbst schnell sein, also müssen Jack oder Miguel in erster Linie für sich selbst schnell sein. Und wenn man das schafft, kommt der Vertrag von selbst.

Wenn man deine Saison 2025 betrachtet, sieht man deutlich, dass du Mitte der Saison eine Schwächephase hattest... Le Mans, Großbritannien, Aragon...

Stimmt. Es war ein technisches Problem... Nun ja, nicht technisch, sagen wir, ich habe einen Fehler gemacht. Wir sind mit einer Basis in die Meisterschaft gestartet, aber wir haben gesehen, dass Marc in einigen Dingen besser war als wir, also haben wir versucht zu verstehen, was er gemacht hat. Wir haben versucht, ein bisschen seiner Linie zu folgen, und als wir uns von unserer Basis entfernt haben, ging es bergab.

Wir haben nicht etwa ein neues Motorrad erfunden, es ging um Kleinigkeiten. Aber als wir auf das gestoßen sind, sind wir wieder zurückgefallen. Durch viele Analysen haben wir schließlich verstanden, dass wir meine Basis brauchten. Das Team hat unglaubliche Arbeit geleistet.

Das heißt, ihr seid zu dem zurückgekehrt, was ihr hattet?

Ja, wir haben also einen Schritt zurück gemacht. Jetzt haben wir genau verstanden, was das Motorrad braucht und was ich brauche. Also war es letztendlich gut, dass wir einen Fehler gemacht haben.

Jetzt haben wir unsere Basis – Marc hat seine, ich habe meine. Und in den drei Grands Prix, die du erwähnt hast, war ich sehr müde, weil ich mich nicht gut gefühlt habe.

Hat sich die Ducati GP25 als vergiftetes Bonbon herausgestellt? Ich sage das, weil es zunächst ein großer Gewinn war, eine GP25 zu haben, aber es scheint, als wäre es doch kein so großer Gewinn gewesen.

Nun, ich komme von der GP23, also habe ich die GP24 nie ausprobiert. Was ich sagen will, ist, dass die Front des 2023er-Bikes sehr gut war. Sicherlich hat dieses Motorrad mit den neuen Reifen, die sie gebracht haben, viele negative Eigenschaften gezeigt, aber die Front war unglaublich... Ich konnte viel Druck machen.

Mit dem 2025er-Bike kann man das auch, aber das Gefühl ist anders. Deshalb ist es sehr leicht, mit der Front des Motorrads aus der Spur zu kommen. Ich glaube also nicht, dass es ein vergiftetes Bonbon ist, aber man muss sehr aufmerksam sein. Aber wenn man anders fährt, kann man schnell sein.

Ehrlich gesagt glaube ich, dass es das beste Motorrad ist, das ich in der MotoGP gefahren bin. Es hat das größte Potenzial, ist das schnellste und das beste von allen. Selbst auf den Strecken, auf denen ich langsam war, war ich schneller als letztes Jahr. Das Motorrad ist also besser, nur das Paket des Spitzenfahrers ist überlegen.

Im zweiten Zeil des Interviews spricht Fabio Di Giannantonio über seinen ehemaligen Teamkollegen Alex Marquez und seinen Status bei VR46.

Fortsetzung folgt…


Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

F1 The Movie mit Brad Pitt: Sieger oder Verlierer?

Von Mathias Brunner
​F1 The Movie hat Weltpremiere gehabt in New York, ab 27. Juni ist der Film in den Kinos zu sehen, auch im IMAX-Format. Wir sagen, was an «Top Gun» auf vier Rädern funktioniert – und was leider nicht.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Di. 08.07., 15:15, Motorvision TV
    Australian Drag Racing Championship
  • Di. 08.07., 16:00, Motorvision TV
    King of the Roads
  • Di. 08.07., 16:50, Motorvision TV
    Isle of Man Tourist Trophy
  • Di. 08.07., 17:35, Motorvision TV
    Motorradsport: FIM Enduro World Championship
  • Di. 08.07., 18:00, Eurosport 2
    Formel E: FIA-Weltmeisterschaft
  • Di. 08.07., 18:05, Motorvision TV
    FIM Sidecarcross World Championship
  • Di. 08.07., 19:00, Motorvision TV
    FIM X-Trial World Championship
  • Di. 08.07., 19:15, ServusTV
    Servus Sport aktuell
  • Di. 08.07., 19:55, Motorvision TV
    Superbike: Australian Championship
  • Di. 08.07., 20:15, ZDFinfo
    Doppelleben eines Serienmörders
» zum TV-Programm
6.95 02071959 C0807054512 | 5