Marini: Man vergisst manchmal, dass es gefährlich ist

Luca Marini
Am 1. und 2. Juli saß Honda-Werksfahrer Luca Marini bei einem privaten Test in Brünn nach seiner Verletzung wieder auf einem MotoGP-Bike. Auf der frisch asphaltierten Strecke ging es für ihn darum, seine Fitness zu überprüfen und möglichst viele Kilometer auf der RC213V abzuspulen, um für die Grands Prix in Deutschland und Tschechien möglichst gut vorbereitet zu sein – bevor es in die Sommerpause geht.
Zur Erinnerung: Der Halbbruder von Valentino Rossi hatte sich bei einem Crash Ende Mai in Suzuka auf der Langstrecken-Honda Verletzungen an Schlüsselbein, Hüfte, Brustbein, Knie und Lunge zugezogen. Dazu kam ein rechtsseitiger Pneumothorax. Nach zehn Tagen konnte er dann in seine Heimat Italien zurückkehren, die MotoGP-Events in Aragon, Mugello und Assen musste der 27-Jährige aber auslassen.
Nun ist es für Marini wichtig, schnell wieder in Fahrt zu kommen, schließlich geht es für ihn um nichts weniger als den Verbleib in der MotoGP im nächsten Jahr. Wie geht es ihm vor dem Rennwochenende auf dem Sachsenring? «Ich bin sicher nicht bei 100 Prozent, aber ich bin okay. Ich denke, es ist ausreichend, um das Motorrad zu fahren. Wir werden sehen, ob es genug ist, um das ganze Rennen zu bestreiten», meinte er. «Letzte Woche beim Test in Brünn war ich nicht dazu in der Lage, mehr als fünf Runden am Stück zu fahren. Aber die Strecke in Brünn ist viel anstrengender als der Sachsenring. Der Grip-Level mit dem neuen Asphalt und die Performance des Bikes sind unglaublich dort. Man benötigt sehr viel Kraftaufwand, um das Motorrad zu fahren, deswegen konnte ich nicht mehr als 15 Minuten fahren. Der Sachsenring ist langsamer, bietet weniger Grip und man muss das Bike anders fahren. Aber es geht alles linksherum – die Seite, wo ich meine Verletzungen habe. Deshalb wird es nicht ganz leicht. Aber wir werden den Tank etwas anpassen, damit es für mich in Schräglage einfacher ist. Ich bin aber sehr glücklich, dass ich hier sein kann. Es ist der richtige Zeitpunkt, um auf das Bike zurückzukehren. Am Anfang sah es sehr schlecht aus, aber ich habe mich dann Woche für Woche besser gefühlt. Ich versuchte, an jedem Detail zu arbeiten und ich tat alles, um so schnell wie möglich zurückzukehren.»
Nach seinem schweren Sturz, was denkt Luca Marini über die legendäre Rennstrecke in Suzuka? «Es ist eine sehr schöne Strecke, eine nach altem Stil. Es geht bergauf und bergab. Man hat Gras neben der Piste, das ist schön. Ich weiß, dass dies auch gefährlich sein kann, aber an der richtigen Stelle ist es okay», beschrieb Marini die japanische Traditionsstrecke. «Aber speziell die Fahrbahnneigung nach Innen in den Kurven macht den Unterschied, denn in den TV-Bildern wirkt es nicht so. Aber wenn du dann dort fährst, gibt einem diese Kurvenbeschaffenheit ein gutes Gefühl – das Motorrad verhält sich immer gut in den Kurven. Die neuen Streckenlayouts sind anders. Suzuka ist auch eine sehr lange Strecke, was ich mag. Auch der Ort, wo sie sich befindet, ist sehr schön – mit dem Park rundherum. Aber momentan ist so eine Piste für uns eigentlich zu gefährlich, denn wir haben über die letzten Jahre einen guten Sicherheitsstandard bei den Strecken erreicht. Manchmal vergisst man, dass es sehr gefährlich sein kann. Wenn man dann aber stürzt, erinnert man sich wieder daran. Das ist nicht sehr schön – vielleicht hast du Glück und es ist kein Problem, aber wenn du dieses nicht hast, kannst du viel schwerere Verletzungen haben, als ich hatte.»
Seinen Crash in Suzuka in der schnellen Kurve 1 beschreibt Marini so: «Ich habe dort vom vierten in den dritten Gang runtergeschaltet. Ich sah, dass ich sehr nah an der Wand war und dachte mir, dass nur zu bremsen, ohne Motorbremse, zu wenig sein würde. Ich wollte dann zur zweiten Kurve fahren – diese ist langsamer als die erste Kurve. Dazwischen gibt es zudem eine große Auslaufzone und eine Gerade. Als ich dann dieses Manöver machte und den dritten Gang einlegte, rutschte mir das Hinterrad weg. Es war eigentlich ein normaler Crash. Dann rutschte ich drei bis vier Meter über das Kiesbett, ich überschlug mich und prallte dann heftig gegen die Wand.»
Wie verliefen die Tage nach seinem heftigen Sturz? «Die ersten beiden Tage verbrachte ich im Bett. Dann begann ich, mich langsam wieder zu bewegen – zuerst nur mit dem Rollstuhl», erklärte Marini. «Ich musste dann im Krankenhaus in Japan warten, bis sich meine Lunge erholt hatte – damit ich zurückfliegen konnte. Als ich nach Italien zurückkam, war alles einfacher. Ich bin dann eine Woche in ganz Italien herumgereist, um die besten Ärzte für jeden Bereich meines Körpers zu finden. Danach habe ich wieder mit dem Training begonnen. Es waren anstrengende Tage.»