Daran hat mich die MotoGP in Brünn erinnert
Brünn ist wieder zurück in der MotoGP. Und das ist gut so. Nach der Pandemie-Saison 2020 fiel der Kurs westlich der zweitgrößten Stadt Tschechiens, in der Landessprache Brno, aus dem MotoGP-Kalender. 2025 jetzt das Comeback als letztes Rennen vor der Sommerpause. Ich, die SPEEDWEEK.com-Reporterin, berichte sonst meist von der Formel 1, bin aber in Brünn bei meinem inzwischen dritten MotoGP-Rennen gewesen. Und ganz begeistert.
Der Beton angelaufen, die Farben nicht mehr ganz so strahlend, ominöse Sperrholzmöbel in Schultisch-Optik im Media-Center. Der Charme vergangener Zeiten. Die Infrastruktur ein wenig in die Jahre gekommen – aber die Stimmung rund um die Strecke: mega!
Ein Old-School-Kurs mit herrlichem Ostblockflair – ich fühle mich ein wenig an den Hungaroring bei Budapest erinnert, auf dem die Formel 1 schon fuhr, als der Eiserne Vorhang noch hing. Die Streckenführungen sind komplett unterschiedlich, der Vibe ist aber sehr ähnlich (das Baujahr der Anlagen auch). Ähnlich im besten Sinne: Budapest ist eines meiner liebsten Formel-1-Rennen. Und Brünn hat sich auch ziemlich weit oben in meiner Favoritenliste einsortiert.
Ich liebe diese alten Rennstrecken, bei denen man noch merkt, dass sie für ein tolles Motorsporterlebnis gebaut wurden, wo VIP-Clubs und Ehrentribünen noch nicht mitgedacht und erst später nachträglich eingebaut wurden. Die Fans haben in Brünn wunderschöne Naturtribünen mit toller Sicht teils über weite Teile des kurvigen Kurses.
Und wir Journalisten übrigens auch: Brünn hat eines der inzwischen wenigen Media-Center, von denen aus man in die Boxengasse schauen kann (und mit guten Augen sogar ein wenig was auf den Monitoren am Kommandostand erkennen kann). Sogar den Rennstart können wir live verfolgen, sehen (und hören!) die Motorräder bei uns vorm Fenster vorbeizischen. Eine bessere Sicht haben nur die Fans gegenüber auf der Haupttribüne (die können sogar in die Garagen hineinschauen).
In Brünn liebt man den Motorsport, das merkt man. Und da geht das Staatsoberhaupt mit dem besten Beispiel voran. Tschechiens Präsident Petr Pavel war am Wochenende an der Rennstrecke dabei – aber nicht etwa wie die meisten seiner Amtskollegen als Ehrengast auf der Tribüne, zur Siegerehrung oder zur Nationalhymne. Nein, Petr Pavel stand schon früher am Wochenende mit Regenjacke und Kamera am Streckenrand, knipste Fotos. Pavel ist leidenschaftlicher Motorradfan, fährt auch selbst und hat in der Vergangenheit sogar schon den einen oder anderen Staatsbesuch auf dem Motorrad gemacht. Sympathisch!
Stichwort Regenjacke. Der Budapest-Vergleich hinkt beim Wetter. Zumindest in diesem Jahr. Der Freitag des Brünn-Wochenendes war komplett verregnet, zwischenzeitlich regnete es sogar so sehr, dass die rote Flagge geschwenkt wurde. Das kann Budapest zur Formel 1 besser. Die ungarische Hauptstadt wartet in der Regel mit Gluthitze und strahlendem Sonnenschein auf (hin und wieder mal ein kräftiges abendliches Gewitter, aber das nimmt man bei 38 Grad gerne). Brünn konnte erst am Rennsonntag mit 29 Grad und Sonnenschein begeistern.
Der vor dem Brünn-Comeback nach vier Jahren Pause erneuerte Asphalt fand bei den Fahrern Anklang – so wie der Kurs insgesamt. «Ich freue mich, dass die Strecke zurück ist» war wohl der am häufigsten genannte Satz bei den Medienrunden am Donnerstag. Dazu kam: Der gute Grip brachte das Feld ein bisschen weiter zusammen, weil er zum Beispiel KTM und Yamaha ein wenig nach vorne half. Auch Sprint und Rennen lieferten Abwechslung und Spannung. Ein rundum gelungenes Comeback und würdiger Schlussakkord vor der Sommerpause der MotoGP!