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Brivio: Was F1 und MotoGP voneinander lernen können

Von Silja Rulle
Davide Brivio ist Teammanager bei Trackhouse, war zwischenzeitlich bei Alpine in der Formel 1

Davide Brivio ist Teammanager bei Trackhouse, war zwischenzeitlich bei Alpine in der Formel 1

Trackhouse-Aprilia-Teammanager Davide Brivio kennt Formel 1 und MotoGP bestens. Was der Italiener sich vom Liberty-Media-Einstieg erhofft und was Formel 1 und MotoGP noch voneinander lernen können.

So gut wie er kennen nur wenige die MotoGP: Trackhouse-Aprilia-Teammanager Davide Brivio ist ein Urgestein der Königsklasse des Motorradsports, war einst Manager bei Yamaha, dann persönlicher Manager für Valentino Rossi, verantwortete später das Comeback von Suzuki in die MotoGP. Nach einem Abstecher in die Formel 1, wo er Renndirektor und Leiter des Programms für Nachwuchsfahrer bei Alpine-Renault war, ist er zurück in der MotoGP – als Teammanager beim Aprilia-Satellitenteam Trackhouse.

Brivio kennt beide Top-Serien des Motorsports bestens. Was trennt und was eint Formel 1 und MotoGP also? Brivio im Interview mit SPEEDWEEK.com: «Einer der größten Unterschiede ist meiner Meinung nach, dass man in der MotoGP mehr Leidenschaft spürt im Sinne von Liebe für den reinen Sport. Die Formel 1 ist ein großartiger Sport, ich verfolge jedes Rennen und ich mag den Sport. Aber er ist auch sehr geschäftsorientiert, was auch absolut in Ordnung ist. Heutzutage ist Sport ein großes Geschäft, und natürlich ist die Formel 1 die Spitze dieses Phänomens. In der Formel 1 sieht man vielleicht manchmal Entscheidungen, die eher vom Geschäftlichen getrieben sind. In der MotoGP ist es vielleicht noch sportlicher.»

Der ‹große Bruder› Formel 1 ist dabei eine Art Vorbild: «Wir schauen in der MotoGP natürlich immer viel auf die Formel 1, was die Organisation, die Struktur, die Ausrüstung, die Trucks, die Hospitality und alles angeht. Da gibt es viel zu lernen. Es gibt viele gute Ideen, aber es ist schwierig für uns, sie umzusetzen, weil natürlich das Budget und die verfügbaren Ressourcen unterschiedlich sind. Ich bin sehr fasziniert von der Formel 1 und davon, wie sie die Dinge angehen.»

Wo die MotoGP die Nase klar vorn hat, so Brivio, ist das Geschehen auf der Strecke: «Es gibt viel mehr Action auf der Strecke, mehr Kämpfe, Überholmanöver.» Die MotoGP könne im Bereich Öffentlichkeit und Vermarktung dagegen von der Formel 1 lernen.

Und in genau diese Richtung dürfte es nun auch tatsächlich gehen – schließlich wurde der Deal zur Übernahme der Mehrheitsanteile an MotoGP-Vermarkter Dorna durch Liberty Media jüngst genehmigt. Das US-Unternehmen ist ebenfalls Besitzer der Formel 1 – und hat dort in Sachen Vermarktung und Erschließung neuer Zielgruppen den Turbo angeworfen. Die Netflix-Erfolgsserie «Drive to Survive» ist nur ein Beispiel für das durch Liberty losgetretene erfolgreiche Marketing über die Grenzen der Motorsport-Bubble hinaus. Eine größere, diversere und internationalere Zielgruppe sowie ein anhaltender Boom der Rennserie weltweit sind die Folge, auch begünstigt durch eine spannende sportliche Phase mit der extrem engen Saison 2021, in der Red Bull Racing-Pilot Max Verstappen den Titel im letzten Rennen holen konnte. Kommt nun ein ähnlicher Wandel in der MotoGP?

Brivio zum Einstieg des US-Unternehmens: «Wir sind alle sehr gespannt und neugierig auf Liberty Media. Ich bin sehr interessiert, zu sehen, wie die Zusammenarbeit laufen wird. Es geht darum, unser Publikum zu vergrößern, das Gebiet, in dem MotoGP verfolgt wird, zu erweitern und das kommerzielle Potenzial, das wir hier haben, auszuschöpfen.»

Die Formel 1 expandierte global, aber besonders stark in Libertys Heimatmarkt USA. Inzwischen finden dort mit Austin, Las Vegas und Miami drei Rennen statt. Trackhouse ist ein US-Team, könnte also bei einer US-Expansion eine besondere Rolle spielen. Brivio: «Die USA sind für uns sehr wichtig, unabhängig davon, wo Liberty Media herkommt. Es ist ein Gebiet, in das wir expandieren wollen. Wie die Formel 1 vor vielleicht sieben Jahren, als sie in den USA noch wenige Zuschauer hatte. Und jetzt reden dort alle über die Formel 1. Wir sind ein amerikanisches Team und hoffen sehr, dass diese Expansion kommt. Und natürlich unterstützen wir das so gut wir können, um in diesem Gebiet etwas zu erreichen. Die Formel 1 hat da großartige Arbeit geleistet. ‹Drive to Surive› ist ein Erfolg. Der Formel-1-Kinofilm ist wahrscheinlich sogar ein noch größerer.» Diesen Sommer kam ein Hollywood-Film mit u.a. Brad Pitt in die Kinos, der im Formel-1-Fahrerlager gedreht wurde und die Geschichte eines fiktiven elften Teams erzählt.

Neben den USA gibt es aber noch andere spannende Märkte. Für Brivio vor allem: die USA, Südamerika und Asien. Brivio: «Wir haben in der Moto2 zum Beispiel mit Diogo Moreira einen brasilianischen Fahrer. Brasilien ist ein wichtiger Markt, den wir erschließen müssen. Auch viele asiatische Regionen. Derzeit sind Fahrer aus Asien im Aufwind. Wenn man sich die Rookies Cup ansieht, führt ein Malaysier die Meisterschaft an. Das ist alles das Verdienst von Dorna für ihre hervorragende Arbeit. Denn vor einigen Jahren hätte das noch niemand für möglich gehalten. Und wir haben Somkiat Chantra: Ein thailändischer Fahrer in der MotoGP war vor einigen Jahren noch ein Traum.»

Nicht nur neue Regionen haben Liberty Media und die Formel 1 erschlossen, auch neue Zielgruppen. Brivio: «Jetzt schauen auch Hausfrauen Formel 1. Oder kleine Kinder. Wenn man sich an vor ein paar Jahren erinnert, war es eher ein Sport für ältere Menschen. Jetzt verfolgen Kinder die Formel 1. Sie haben also großartige Arbeit geleistet, um das Publikum zu erweitern. Hoffentlich können wir das auch schaffen.»

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