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Wer vermisst Casey Stoner?

Kolumne von Günther Wiesinger
Casey Stoner im Valencia-Qualifying

Casey Stoner im Valencia-Qualifying

Der MotoGP-Weltmeister von 2007 und 2011 bestritt beim Saisonfinale in Valencia seinen letzten Grand Prix. Die Fahrkunst des Australiers werden wir vermissen. Aber sonst nicht sehr viel.

Das Fahrerlager ist einhellig der Meinung, die MotoGP-Fans werden Casey Stoner als grandiosen Rennfahrer vermissen. Dem Menschen Stoner wird niemand eine Träne nachweinen. Diese Tatsache wird den Weltmeister von 2007 und 2011 auch kaum beschäftigen. Er hat praktisch bei keinem seiner Siege auch nur den Anflug einer Emotion gezeigt und den Fans wenig dargeboten ausser seiner Fahrkunst und seiner Risikobereitschaft. Dass die Fans auf den Tribünen und vor den TV-Geräten quasi seine Gage bezahlen, hat Stoner kalt gelassen.

Die Medien hat er vom ersten Tag an als natürlichen Feind betrachtet. Er wirft alle Berichterstatter in einen Topf und bildet sich ein, wir hätten nie etwas anderes im Sinn gehabt, als ihn ungerechtfertigt zu kritisieren. Gut, wir alle haben den Australier einst als «Rolling Stoner» bezeichnet. Aber damals liess die Sturzfreudigkeit des Draufgängers entsprechend wenig zu wünschen übrig. Und niemand wird wegen eines einzigen Sturzes pro Saison als «Rolling Stoner» bezeichnet.

Stoner bildet sich noch heute ein, kein einziger Journalist habe ihm 2009 geglaubt, als er wegen eines mysteriösen Erschöpfungssyndroms pausieren musste. Auch das ist Unsinn. Er kannte ja selber wochenlang die Ursachen (Laktose-Intoleranz) seiner Schwächeanfälle nicht. Dass in dieser Phase die Spekulationen ins Kraut schossen, ist nicht verwunderlich. Der Honda-Pilot spielt bis heute die beleidigte Leberwurst, weil wir 2007 nicht verheimlicht haben, dass die Ducati zu Beginn der 800-ccm-Ära 20 km/h schneller lief als Rossis Yamaha, die erst im September konkurrenzfähig wurde, als der pneumatische Ventiltrieb ausgereift war.

Vor dem Valencia-GP erklärte Stoner, der MotoGP-Sport müsse sich enorm ändern, bevor er sich Gedanken über eine Rückkehr mache. Der Honda-Werkspilot hat sich zwar nie im Detail über die Grausamkeiten der MotoGP-WM geäussert, die ihn steinreich und zu einem der populärsten Sportler Australiens gemacht hat. Stoner beschwerte sich zum Beispiel über die 2012 eingeführten Claiming-Rule-Maschinen, das sind Privatmotorräder mit Superbike-Rennmotoren. Gäbe es sie nicht, stünden nur die zwölf Prototypen am Start. Lebt Casey auf dem Mond und kapiert er deshalb nicht, dass etliche Teams von der Wirtschaftskrise betroffen sind?

Er beklagte sich auch, weil die Race-Direction bei Vergehen von Piloten nicht immer konstant streng entschied. Aber mit fragwürdigen Entscheidungen der Referees muss jeder Fussballer klarkommen.

Als Dorna-Chef Ezpeleta den Australier aufforderte, seinen Sohn anzurufen, wenn er etwas zu kritisieren habe, wählte Stoner die Nummer des Mitglieds der Race Direction kein einziges Mal. Auf Anfrage erklärte Papa Colin Stoner in Le Mans, Casey habe sich die Sprachprobleme ersparen wollen. Doch Ezpeleta jr. hat Englisch studiert…

Stoner schwänzte auch sämtliche Meetings der Safety Commission, Valentino Rossi fehlt das ganze Jahr bei keiner einzigen. Als die Motorhomes der Klassen Moto2 und Moto3 aus dem Fahrerlager verbannt wurden, regte sich Stoner ebenfalls auf. Dass wegen der vielen Hospitalitys schlicht kein Platz war, kümmerte ihn nicht.

Stoner war immer eifersüchtig auf Valentino Rossi und dessen Popularität bei den Fans und Journalisten. Aber Valentino hat abseits der Piste viel für diese Beliebtheit geleistet. Stoner überlegt jetzt, in Australien bei den V8 Supercars mitzufahren. Das wird ein böses Erwachen geben. Denn dort bekommen Fans und Medien viel mehr Zugang zu den Fahrern als in der MotoGP.

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