Arnaud Tonus: «Eine Karriere ist mehr als Ergebnisse»

Von Adam Wheeler
Arnaud Tonus (30)

Arnaud Tonus (30)

Der Schweizer Motocross-Star Arnaud Tonus spricht über die Beweggründe seines Rücktritts, die Liebe zum Sport, die heutige Pace der MXGP-Klasse und die Tragweite einer Karriere.

Arnaud Tonus ist der sechste ehemalige GP-Sieger, der sich in den vergangenen zwölf Monaten zum Rücktritt entschloss. Der 30-Jährige machte seine Entscheidung Ende November mit einem kurzen Beitrag auf seinen Social-Media-Kanälen auf unspektakuläre Weise offiziell.

Tonus, der 2017 nach drei Jahren bei Pro Circuit in den USA in die MXGP-WM zurückkehrte, blickt auf einen GP-Sieg in der MX2-Klasse, eine MXGP-Laufsieg beim Heimrennen in Frauenfeld und sechs Podestplätze auf dem Weg zum fünften WM-Rang 2019 zurück. Der Schweizer wurde in seiner Karriere aber auch immer wieder von Verletzungen geplagt, die letztendlich dazu beitrugen, dass er nach einer Saison 2021, in der auf der YZ450F in den hostettler-Farben nur vier Top-10-Ergebnisse einfuhr, einen Schlussstrich zog.

«Ich hatte zwei harte Jahre, die mich in eine Position brachten, in der es schwierig war, ein gutes Angebot zu finden», schilderte Tonus im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Der Gedanke an den Rücktritt war auch schon ein paar Monate in meinem Kopf, weil ich zweimal hintereinander ein Schädeltrauma erlitt, das war etwas, das mich belastete. Mein Körper reagierte daraufhin ein bisschen anders. Ich arbeitete hart, um wieder zu meinem vollen Vermögen zurückzukehren, aber es war immer noch hart, meinen Speed wiederzufinden. Es war ein Mix aus allem, der letztendlich zu dieser Entscheidung führte. Ich wollte meine Gedankengänge nicht auf dem ‘Ich weiß nicht, was ich als nächstes tun werde, also mache ich besser weiter‘ basieren… Ich wollte wissen, ob das Feuer noch immer da war, das nötig ist, um auf diesem Level Rennen zu fahren. Es ging überhaupt nicht um Geld. MXGP erfordert einfach 100 Prozent Commitment.»

«Die Liebe zum Sport wird nie verschwinden, ich werde nur eine etwas andere Perspektive bekommen», sagte Tonus über seine unmittelbare Zukunft. «Ich werde immer noch fahren und es genießen, auf einem Motorrad zu sitzen, aber eben nicht auf professionellem Niveau. Vielleicht bestreite ich auch ein paar Rennen zum Spaß, aber es gibt da noch keinen Plan.»

Tonus präsentierte sich 2014 mit sieben Podestplätzen in den ersten zehn Läufen, darunter seinem erster GP-Erfolg in Brasilien, als MX2-Titelanwärter, bis er von einer ausgerenkten Schulter eingebremst wurde. 2015 ging er zu Pro Circuit Kawasaki in die USA, seine Zeit dort wurde aber von einer Virus-Erkrankung und einem gebrochenen Handgelenk geprägt. Der Schweizer sagt rückblickend, dass die WM-Saison 2019 als Teil des aktuellen Monster Energy-Yamaha-Werksteams das Highlight seiner Karriere war.

«2019 war definitiv das beste Jahr für mich, gerade weil ich von einer schweren Verletzung zurückkam. Es scheint so, als wäre es in meiner gesamten Karriere so gewesen, aber speziell 2018 die Schulterverletzung war wirklich ernst und ich wusste gar nicht, ob ich überhaupt wieder Motorrad fahren könnte», erzählte Tonus. «Es war also wirklich besonders, sich aus dieser Situation zurückzukämpfen und mein bestes Jahr zu haben. Es gibt aber nicht diesen einen Moment, der hervorsticht. Ich ging durch so viele Höhen und Tiefen und so viel generell im Leben. Du musst dich immer selbst hinterfragen, in die Tiefe gehen, etwas über deinen eigenen Körper lernen und durch so viele Emotionen gehen. Eine Karriere ist so viel mehr als nur Ergebnisse, auch wenn das natürlich ein großer Teil davon ist! Als Mensch ist es ziemlich verrückt, wenn man auf so hohem Niveau Rennen fährt, und Motocross ist mental und körperlich ein derart fordernder Sport. Ich entdeckte so viele Dinge und bin glücklich und dankbar, das erlebt zu haben.»

Tonus fuhr 2009 erstmals in der WM, er trat in seiner Karriere auf KTM, Suzuki, Yamaha und Kawasaki an. Zur Entwicklung der MXGP-Serie in den jüngsten fünf Jahren sagt er: «Die MXGP ist jetzt viel kompakter. Die Top-Jungs sind mehr oder weniger dieselben, aber jetzt kommt es vor, dass du um einen 19. Platz kämpfst und dabei nur zwei Sekunden pro Runde von den Top-5 entfernt bist. Das ist neu. Ich glaube nicht, dass es früher so war. Das macht den Sport aufregend und spannend anzuschauen – aber nicht, wenn du mittendrin bist! Es kann sehr frustrierend sein, wenn dir nur das bisschen fehlt. Es ist hart zu akzeptieren. Alle verbessern sich stetig.»

Neben Arnaud Tonus zogen sich Asse wie Tony Cairoli, Clement Desalle, Gautier Paulin, Julien Lieber, Shaun Simpson und Kevin Strijbos aus der MXGP-WM zurück. Tonus sammelte zwar Titel in der Schweizer und Britischen Meisterschaft, gilt aber auch als Fahrer mit einer brillanten Technik, der mehr hätte gewinnen sollen. «Ich schaue nicht wirklich auf die Weise zurück», winkte der Schweizer ab. «Ich weiß, dass ich in einigen Bereichen hätte besser sein können, und ich bin sehr ehrlich zu mir selbst. Ich glaube, die Verletzungen fingen an, mich einzuholen, nicht bewusst, aber vielleicht ein bisschen tiefer im Unterbewusstsein. Wenn du einige Verletzungen hintereinander erleidest, dann fällt es dir schwer, so frei zu fahren, wie du es als junger Kerl machen würdest. Ich hatte das Potenzial, aber stieß auf meinem Weg auch auf harte Abschnitte. Das war einfach ein Teil meiner Karriere. Insgesamt bin war es aber eine sehr reiche Erfahrung.»

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