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Sidecarcross: FIM-Cup-Sieger Bart Notten verstorben

Von Axel Koenigsbeck
Am 30. Mai starb mit Bart Notten ein Urgestein der MX-Gespannszene. Der Niederländer gewann 1971 mit Rikus Lubbers als Fahrer den damaligen FIM-Cup, Vorläufer der EM. Später kümmerte er sich um den Nachwuchs.

«Es war in Meijel 1972. Beim Start stürzten wir, ich fiel auf den Kopf und blieb zunächst regungslos liegen. Im Krankenwagen wieder bei Bewusstsein, ließ mich der Doktor die Diagnose wissen: Gehirnerschütterung. Da kamen mir Zweifel. Denn es heißt immer, dass Beifahrer kein Gehirn haben. Am nächsten Tag gewannen wir in Kamp-Lintfort. Also scheint das mit dem fehlenden Gehirn zu stimmen.»

Diese Anekdote gab Bart Notten gerne zum Besten, ihre Kernaussage hat er im Lauf seines reichhaltigen Lebens jedoch nachhaltig widerlegt. Als er in den 1960er Jahren beschloss, beim Motocross mitzumischen, schienen die Voraussetzungen für den nicht gerade hünenhaften Niederländer kaum optimal. «Das waren alles stämmige Kerle, die mit bleischweren Viertaktern den Sand umpflügten. Und diese Motorräder hatten nur wenige Zentimeter Federweg», erzählte Notten. «Ein paar Verrückte trieben es noch wilder und fuhren Gespann. Im Schneckentempo krochen die dicken Brummer samt Beifahrer durch die tiefen Spuren. Die Rennen fanden fast alle in der Nähe statt. Es wurden zwei Läufe à zwanzig Minuten gefahren. Uns war es heilig, sonntags zum Cross zu gehen. Außerdem kamen wir auf diese Weise von der Straße.»

Dann kam der denkwürdige Pfingstmontag 1971 in Zaltbommel – für Barts lange Beifahrerkarriere die Initialzündung. Zum ersten Mal wurde damals der «FIM-Cup» als höchstes internationales Prädikat ausgetragen. Dass er bereits vier Jahre später zur Europa- und 1980 sogar zur Weltmeisterschaft aufgewertet wurde, kann man als zwangsläufige Entwicklung ansehen. Denn mit seinem hochkarätigen Fahrerfeld bewegte sich das Championat von Anfang an auf Top-Niveau. Die Strecken waren anspruchsvoll, die Fahrzeugtechnik ausgereizt und die Akteure hart im Nehmen.

Zu den Favoriten zählten die Briten Nick Thompson/Dave Beavis ebenso wie Herbert Simon/Klaus Jürgens aus Deutschland und die Niederländer Rikus Lubbers/Joop Brouwer. Etwas überraschend waren die Lokalmatadoren nach zwei Veranstaltungen als Cup-Führende in Zaltbommel angereist. Dagegen musste Simon auf seinen Stammbeifahrer verzichten, nachdem dieser beim Rennen zuvor völlig erschöpft kollabiert war. Dennoch tauchte der deutsche Spitzenmann an der Rennstrecke auf – in der Hoffnung, kurzfristig noch einen Passagier zu finden. Nun wusste Ben Snijder, unbestrittener Nestor des niederländischen Gespanncross, dass Bart Notten unter den Zuschauern weilte, und brachte beide zusammen. Trotz der Umstellung vom BMW- auf ein Wasp-Gespann verhalf Bart seinem Chauffeur prompt zu einem zweiten Platz hinter Broer Dirkx/Wim van Belkom.

Wenig später brach sich Lubbers «Bakkenist» anlässlich des Cup-Rennens in Belgien ein Bein. Wenn der Niederländer nun noch eine Chance auf den Titel haben wollte, musste er schleunigst Ersatz finden, denn der nächste Lauf in Österreich stand kurz bevor. In seiner Not fiel ihm der in Zaltbommel so brillante Aushilfsbeifahrer Notten ein. Der stimmte zu und beide nahmen alsbald das Training auf. Lubbers/Notten traten mit einem hauchdünnen Vorsprung von zwei Punkten in der Alpenrepublik an und wurden dort Zweite. Damit hielten sie die Cup-Entscheidung offen. Trotz eines schwachen Starts beim nächsten und vorletzten Rennen in Wohlen/Schweiz, konnten sie den Titel bereits vorzeitig klar machen. Auch in der niederländischen Meisterschaft behielten die frischgebackenen Cupsieger am Schluss die Oberhand. So zählte Bart Notten fast von einem auf den anderen Tag zur Weltelite der Beifahrer. Das sollte auch lange Jahre so bleiben. Erst Ende 1997 – nach 31 Jahren als Schmiermaxe – hängte er den Helm an den sprichwörtlichen Nagel.

Doch Gespanncross blieb sein Leben. 2007 schickte er sich mit engagierten Unterstützern an, konsequent Nachwuchsförderung zu betreiben. Unter dem Label «Kids & Sidecars» trieb man Sponsoren auf, stellte Gespanne in unterschiedlichen Konfektionsgrößen zur Verfügung und überzeugte die Veranstalter von der neuen Klasse. Schon im folgenden Jahr nahm das Projekt ordentlich Fahrt auf, und die ersten Sidecar-Kids lernten unter Anleitung von «Opa Bart» und seinen Mitstreitern, wie man schnelle Runden fährt.

In der Folge trugen diese Bemühungen Früchte: Mit den beiden damals 17-jährigen Cousins Mike und Justin Keuben sowie den zeitgleich 16-2jährigen Koen Hermans/Roy Bijenhof starteten 2014 die beiden ersten Teams aus dem Kids & Sidecars-Kader in der WM. Bart hatte damit sein Ziel erreicht und zog sich aus dem Geschehen zurück – nicht ohne das Gedeihen seines Projekts auch weiterhin mit Herzblut zu verfolgen. Noch 2024 war er trotz fortschreitender Krankheit, begleitet von seinen Töchtern, an manchen Rennstrecken zu finden. Dass Schützling Koen Hermans in diesem Jahr möglicherweise seinen ersten WM-Titel erringt, wird Bart leider nicht mehr erleben.

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