KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Test-Debakel: Auch neue Honda Fireblade ein Flop?

Von Ivo Schützbach und Kay Hettich
Die Honda-Werksfahrer Xavi Vierge und Iker Lecuona setzen große Hoffnungen in die neue CBR1000RR-R. Doch beim ersten großen Superbike-Wintertest 2024 in Jerez fuhren sie hoffnungslos hinterher.

Seit 2020 tritt Honda mit seinem jetzigen Team in der Superbike-WM an, in diesen vier Jahren gab es nicht viel zu feiern: dreimal brauste Alvaro Bautista auf Platz 3, je einmal Iker Lecuona und Xavi Vierge.

Wegen Erfolglosigkeit bekam Honda Super-Concession-Parts zugestanden, das sind Änderungen am Chassis, die laut Reglement normal verboten sind. Genutzt hat es nichts, im November 2023 präsentierten die Japaner auf der EICMA in Mailand eine neue Fireblade.

Honda hat der CBR1000RR-R neue Winglets verpasst, die sich deutlich vom früheren Modell unterscheiden. Außerdem wurde die gesamte Aerodynamik überarbeitet, um Handling und Topspeed zu verbessern.

Der Aluminium-Brückenrahmen wurde angepasst, um die Lenkpräzision und den Grip am Vorder- und Hinterrad zu erhöhen sowie das Feedback für den Fahrer zu verbessern. Beim 2024er-Rahmen wurden versteifende Innenrippen entfernt, der Dünnwandbereich erweitert sowie die Rahmen-Querschnitte in der Form optimiert. Neben einer Gewichtseinsparung von über einem Kilogramm lag der eigentliche Fokus darauf, Seiten- und Torsionssteifigkeit zu reduzieren.

Umfangreich sind die Änderungen am schon zuvor nicht schwachbrüstigen Reihenvierzylindermotor. Bohrung und Hub blieben mit 81 mm und 48,5 mm identisch, allerdings wurden die Ventilsteuerzeiten geändert und die Verdichtung erhöht. Dazu gesellen sich leichtere Einlassventile aus Titan und elliptische progressive Federn für Einlass und Auslass; die Einlasskanäle wurden optimiert. Bei der 2024er-CBR kommt erstmals bei einem Serienmotorrad die DLC-Beschichtung auf den Nocken zum Einsatz, das Kürzel steht für Diamond-like-Carbon. Dieses bisher nur in der MotoGP eingesetzte Verfahren bewirkt eine Reduzierung der Reibungsverluste im Ventiltrieb um 35 Prozent. Die Liste der Modifikationen ließe sich fortsetzen.

Dass es Honda nicht beim Austausch von Innereien beließ, zeigt sich an der geringeren Breite und Länge des Motors. Erwähnenswert ist die Änderung der Drosselklappensteuerung. Das Throttle-by-wire wurde auf ein System mit zwei Motoren umgestellt. Ein Stellmotor betätigt die Drosselklappen für die Zylinder 1 und 2, der andere für die Zylinder 3 und 4. Die Öffnungen der Drosselklappen bei Zylinder 1 und 2 sind kleiner und öffnen minimal früher, um die Druckverhältnisse und Umdrehungen der Kurbelwelle zu erfassen und besser zu berücksichtigen. Dadurch lässt sich der Motor im unteren Drehzahlbereich präziser steuern und die Leistung für den Fahrer besser nutzen. Mit steigender Drehzahl öffnen sich alle Drosselklappen gemeinsam und sorgen für ansteigenden Schub bis zur Spitzenleistung.

Viele Erkenntnisse aus den vergangenen vier Jahren sind in das neue Modell eingeflossen. Die Zielsetzung ist klar: Das prestigeträchtige Acht-Stunden-Rennen auf der eigenen Strecke in Suzuka soll gewonnen werden und in der Superbike-WM endlich der Anschluss an die Spitze gelingen. Der größte Motorradhersteller leidet in der seriennahen Meisterschaft schon sehr lange: Den letzten Titel eroberte James Toseland 2007, für den letzten Sieg sorgte Nicky Hayden im Regen von Sepang 2016. Im Trockenen triumphierte zuletzt Jonathan Rea in Portimao 2014.

Ende November testete das Honda-Werksteam erstmals mit der neuen Maschine in Jerez. «Mein erster Eindruck ist hervorragend. Wir haben einige Vergleiche zwischen den Motorrädern 2023 und 2024 angestellt und ich habe sofort gespürt, dass das neue Motorrad seine Stärken hat», lobte Xavier Vierge.

Doch damals stand als Gradmesser nur das Kawasaki-Werksteam zur Verfügung. Diese Woche Mittwoch und Donnerstag war die Situation grundlegend anders: Beim ersten großen Wintertest 2024 in Jerez waren sämtliche Spitzenteams dabei.

Vierge und Lecuona landeten mit über 2 sec Rückstand auf den Plätzen 17 und 19. Selbst wenn man mit einbezieht, dass die Top-10 allesamt mit einem Qualifyer-Hinterreifen ihre schnellste Runde fuhren und das Honda-Duo mit Rennreifen, ist der Rückstand riesig.

«Das ist die Realität», hielt Vierge beim Treffen mit SPEEDWEEK.com fest. «Okay, das Motorrad ist noch sehr neu. Wir fuhren Ende letztes Jahr zwei Tage und die zwei Tage jetzt, wir haben unseren Weg noch nicht gefunden. Wenigstens war das Wetter gut, das hat uns erlaubt, viele verschiedene Dinge am Motorrad zu probieren. Wichtig wird sein, die gewonnen Daten in den drei Tagen Pause bis zum Portimao-Test korrekt zu analysieren, und dann den richtigen Weg einzuschlagen – wir sind momentan nicht konkurrenzfähig. Das Ziel war, mehr Traktion zu haben, um unsere Motorleistung nutzen zu können. Bislang haben wir diese nicht gefunden.»

«Wir haben letztes Jahr sehr viel mit den Leuten von HRC und im Werk gesprochen, sie haben im neuen Motorrad einiges von dem umgesetzt, worum wir gebeten haben», erläuterte der Spanier. «Aber ein neues Modell wettbewerbsfähig zu machen, ist nicht so einfach wie bei einem Prototyp, weil man sich an gewisse Vorgaben halten muss. Man kann innerhalb kurzer Zeit keine großen Änderungen bewirken. Aber alle bei HRC knien sich rein, deshalb bin ich überzeugt, dass sie schon bald Lösungen bringen werden, damit wir konkurrenzfähig sind.»

«Das neue Bike wurde in Japan auf Pirelli-Reifen entwickelt, sie testeten auch in Europa», ergänzte Vierge. «Im November und Dezember sind die Streckenverhältnisse aber ganz anders. Da ist es nicht einfach zu realisieren, wo man steht. Aber so oder so: Wir haben nicht die Pace. Seltsam ist: Wenn ich die Augen schließe, nicht auf die Rundenzeiten und auch nicht die Konkurrenz schaue, dann ist mein Gefühl für das Motorrad nicht schlecht – es ist gut. Ich habe das Gefühl, als wäre ich schneller. Wenn ich aber die Ziellinie kreuze und meine Rundenzeit sehe, dann kann ich es nicht glauben. Wir müssen herausfinden, warum das so ist. Wir sind zu früh an unser Limit gestoßen.»

Kombinierte Zeiten Superbike-WM-Test Jerez (24./25.1.):

1. Nicolo Bulega (I), Ducati, 1:37,809 min
2. Jonathan Rea (GB), Yamaha, +0,536 sec
3. Scott Redding (GB), BMW, +0,763
4. Toprak Razgatlioglu (TR), BMW, +0,829
5. Andrea Iannone(I), Ducati, +0,935
6. Garrett Gerloff (USA), BMW, +1,023
7. Sam Lowes (GB), Ducati, +1,043
8. Remy Gardner (AUS), Yamaha, +1,062
9. Danilo Petrucci (I), Ducati, +1,098
10. Andrea Locatelli (I), Yamaha, +1,134
11. Alex Lowes (GB), Kawasaki, +1,180
12. Philipp Öttl (D), Yamaha, +1,230
13. Michael van der Mark (NL), BMW, +1,415
14. Axel Bassani (I), Kawasaki, +1,604
15. Michael Rinaldi (I), Ducati, +1,695
16. Alvaro Bautista (E), Ducati, +1,774
17. Xavi Vierge (E), Honda, +2,106
18. Tito Rabat (E), Kawasaki, +2,291
19. Iker Lecuona (E), Honda, +2,428
20. Sylvain Guintoli (F), BMW, +3,057
21. Bradley Smith (GB), BMW, +3,457
22. Florian Marino (F), Kawasaki, +3,507

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