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Superbike-Welt zittert: Überlebt das älteste WM-Team?

Von Ivo Schützbach
Nach dem Superbike-WM-Beginn in Australien wird das Team Pedercini Racing auch beim Europa-Auftakt in Barcelona und in Assen fehlen. Eigentümer Lucio Pedercini schuftet unermüdlich, um seine Mannschaft zu retten.

Anfang November sagte Lucio Pedercini, dass sein Kawasaki-Team in der Superbike-WM 2024 mitmischen würde, doch in der offiziellen Startliste fehlt es. «Die Teilnehmerliste umfasst die Teams, die an der gesamten Meisterschaft teilnehmen», sagte der Norditaliener damals gegenüber SPEEDWEEK.com. «Wir lassen die erste Veranstaltung in Australien aus, welche die einzige außerhalb Europas ist. Für uns geht es in Barcelona los.»

Aus diesem Vorhaben wird nichts: Zuerst teilte Pedercini mit, dass seine Mannschaft bei den Tests am 14./15. März auf dem Circuit de Catalunya in Montmelo nahe Barcelona fehlen wird. Aus dem Start beim Europa-Auftakt am 22.–24. März auf der gleichen Strecke wird ebenfalls nichts, wie er gegenüber diesem Motorsport-Portal bestätigte. Auch in Assen wird das Team fehlen. Jetzt zielt er darauf ab, das Projekt für Misano (14.–16. Juni) und die restlichen Rennen des Jahres auf die Beine gestellt zu bekommen.

Pedercini träumte davon, für seinen Piloten Isaac Vinales für diese Saison von Kawasaki ein Werksmotorrad zu erhalten, wie es das Puccetti-Team für Tito Rabat hat. Er wollte das Material für die Wintertests ab Januar vorbereiten, doch die Truppe ist seit Jahren finanziell nicht auf Rosen gebettet und kämpft ums Überleben.

«Es tut mir sehr leid, an den Rennen in Barcelona und Assen nicht teilnehmen zu können, aber leider hat sich unser Budget nur wenige Wochen vor dem zweiten Event in Katalonien geändert», teilte Pedercini mit. «Dies schließt unsere Teilnahme an der Superbike-Weltmeisterschaft 2024 nicht aus, aber ich halte es für richtig, uns die nötige Zeit zu nehmen, um unser Team nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch hinsichtlich unserer Struktur zu stärken. Es macht keinen Sinn, eine der schwierigsten und wettbewerbsintensivsten Meisterschaften der Welt in Angriff zu nehmen, ohne über die entsprechenden Mittel und die entsprechende Vorbereitung zu verfügen. Wir werden die Zeit, die uns von den Rennen in Misano trennt, nutzen, um einige Tests durchzuführen und an einer allgemeinen Stärkung unseres Teams zu arbeiten, um uns bei der ersten italienischen Veranstaltung der Superbike-WM 2024 von unserer besten Seite zu zeigen.»

Schon 2023 war das Team Pedercini Racing, kurz TPR, erst ab dem Europa-Auftakt in Assen dabei, Australien und Indonesien zu Saisonbeginn hatte es aus Kostengründen ausgelassen.



Seit 1998 hat Pedercini nur vier Veranstaltungen in der Superbike-WM verpasst: Die beiden Übersee-Events zu Beginn der Saison 2023 sowie das Finale in Jerez, welches als Ersatz für Argentinien in den Kalender gerückt war. Beim WM-Auftakt 2024 am letzten Februar-Wochenende auf Phillip Island fehlte TPR zum vierten Mal, Barcelona wird Nummer 5.

Dass die Truppe ab Assen wieder dabei ist, wünschen sich nicht nur die Fans der rührigen Italiener. Denn Pedercini ist ein Stück Superbike-Geschichte: Kein anderes aktuelles Team ist so lange in der seriennahen Motorrad-Weltmeisterschaft dabei.

Zwischen 1992 und 1997 fuhr der inzwischen 51-jährige Lucio Pedercini insgesamt 76 Rennen in der 500er-WM, vereinzelt schaffte er es in die Punkte. Sein bestes Ergebnis eroberte er 1996 mit einer ROC-Yamaha als Zehnter in Frankreich.

Von 1998 bis 2006 startete der Italiener in der Superbike-WM. Bei zahlreichen seiner 176 Rennen sah er vor allem wegen Defekten keine Zielflagge, Platz 4 auf Phillip Island 2000 ist seine Glanzleistung. Damals gewann Anthony Gobert im Regen auf einer Bimota 29,5 sec (!) vor Carl Fogarty (Ducati), Vito Guareschi (Yamaha) und Pedercini. Der Österreicher Robert Ulm brillierte als Sechster.

Seit 1993 war Lucio Pedercini immer im Familienteam unterwegs, ab 1998 starteten auch zahlreiche andere Fahrer für die Truppe aus Volta Mantovana, südlich des Gardasees. Den überwiegenden Teil machen Italiener aus, es finden sich aber auch Stammfahrer wie Max Neukirchner, Roger Lee Hayden, Kurtis Roberts oder Sandro Cortese in den Annalen des Teams.

Lange galt TPR in der Superbike-WM als Hinterbänkler-Truppe. Doch wann immer Lucio zahlungskräftige Sponsoren fand, konnte seine Mannschaft mit guten Ergebnissen aufwarten. Die Aushilfspiloten Anthony West (Sepang 2016) und Leon Haslam (Doha 2016) sorgten nach Platz 4 des Teamchefs mit jeweils fünften Rängen für die besten Ergebnisse des Pedercini-Teams. Jordi Torres brauste 2019 in Laguna Seca auf Position 6.

Über die Jahre hatte Pedercini viel Pech mit Sponsoren und auch Fahrern, die ihren Verpflichtungen nicht nachkamen. Hinzu kommt, dass er auch betriebswirtschlich nicht immer das beste Händchen hatte.


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