Ducati Panigale V4R (2026): Albtraum für die Gegner?
Die Erfolge von BMW-Pilot Toprak Razgatlioglu täuschen nicht darüber hinweg, dass Ducati mit der Panigale V4R das beste Motorrad im Starterfeld der Superbike-WM besitzt. Alvaro Bautista feierte mit dem kompromisslos auf Rennsport getrimmten V4-Bike zwei zum Teil sehr souveräne WM-Titel. Ducati-Teamkollege Nicolo Bulega hat in diesem Jahr gute Chancen, die Meisterschaft zu gewinnen – im finalen Jahr des aktuellen Modells.
Denn in der Saison 2026 tritt Ducati dann mit dem Nachfolgemodell an, das bislang noch nicht offiziell präsentiert wurde. Es wird erwartet, dass die 2026er-Version bei der EICMA im Herbst vorgestellt wird. Die aktuelle S-Version der Panigale, die im Sommer 2025 im Rahmen der World Ducati Week in Misano debütierte, liefert bereits einen Vorgeschmack auf das, was vom neuen R-Modell zu erwarten ist.
Die auffälligste Änderung wird die Zweiarmschwinge sein. Die charakteristische Einarmschwinge der Ducati-Superbikes hat ausgedient. Durch den Wechsel zu einer konventionellen Schwinge verspricht sich Ducati Vorteile beim Handling, da die Schwinge nicht mehr so steif konstruiert werden muss und damit in maximaler Schräglage mehr Grip und Traktion liefert.
MotoGP-Werkspilot Francesco Bagnaia nutzt das neue S-Modell intensiv für sein Training. Bei Trackdays in Misano und Mugello zeigt Bagnaia eindrucksvoll, wozu moderne Superbikes wie die Ducati Panigale V4S fähig sind.
«Pecco fuhr in Mugello eine 1:50er-Zeit. Das ist unglaublich für ein Serienmotorrad», schwärmte Francesco Milicia, Vizepräsident für den weltweiten Vertrieb von Ducati, im exklusiven Gespräch mit SPEEDWEEK.com. Zum Vergleich: Die schnellste Rennrunde des MotoGP-Rennens in diesem Jahr lag bei 1:46,474 Minuten.
«Die Performance der neuen Panigale ist etwas Besonderes», hielt der Italiener stolz fest. «Mit der Version für 2026 haben wir einen großen Schritt gemacht. Und das, obwohl wir in der Superbike-WM mit dem alten Modell nach wie vor führend sind.»
Ducati könnte sich zurücklehnen und das seit 2019 eingesetzte Modell weiterhin erfolgreich einsetzen. Doch die Italiener streben nach weiteren Fortschritten und treiben die Entwicklung weiter: «Obwohl die aktuelle Panigale nach wie vor sehr schnell ist, wollten wir ein neues Modell bauen, das noch besser ist. Und das haben wir getan.»
«Bei der Präsentation der neuen Panigale V4S haben wir gesagt, dass sie eine Sekunde schneller ist pro Runde als die bisherige. Wenn wir uns die Tests von Michele (Pirro) anschauen, dann wird deutlich, dass der Unterschied größer ist als eine Sekunde. Alle Kunden, die von der 2023er- oder 2024er-Version zum neuen Modell gewechselt sind, haben uns freudig berichtet, dass sie deutlich schneller geworden sind. Das ist beeindruckend.»
Der Schritt zur Zweiarmschwinge fiel Ducati nicht leicht, denn für die Gemeinschaft der Ducatisti hat die Einarmschwinge eine besondere Bedeutung. Seit der legendären 916 hatten mit Ausnahme der 999-Reihe alle folgenden Superbike-Generationen eine Einarmschwinge verbaut. Doch diese Ära geht in wenigen Monaten zu Ende.
Die Performance steht bei Ducati im Vordergrund, Traditionen müssen im Zweifel weichen, wie man vor gut einem Jahrzehnt sah, als der Hersteller aus Borgo Panigale eines seiner Markenzeichen – den Stahl-Gitterrohrrahmen – opferte. Der Erfolg gibt Ducati recht.
Vor dem ersten Test der neuen Superbike-Generation waren die Ducati-Verantwortlichen aufgeregt. Milicia erinnert sich: «Der erste richtige Test fand in Mugello statt. Claudio (Domenicali), unser CEO, und ich riefen Michele an, weil wir sehr gespannt waren. Wir gaben die ikonische Einarmschwinge zugunsten einer Zweiarmschwinge auf. Ich erinnere mich nach wie vor an Micheles Worte. Er meinte, dass das Gefühl beim Fahren sehr stark an die MotoGP-Maschine erinnert. Das Motorrad fährt wie auf Schienen und ist vor allem am Kurvenausgang viel fahrstabiler.»
«Wir akzeptieren keine Kompromisse bei der Performance», betont der Ducati-Manager. Doch was bedeutet die zu erwartende Performance-Steigerung für die Spannung in der Superbike-WM 2026, in der Toprak Razgatlioglu nicht länger die Rolle des großen Herausforderers übernimmt?
Milicia erwartet nicht, dass die Superbike-WM 2026 für die Fans langweilig wird: «Die MotoGP hat uns gelehrt, dass man sich nie zurücklehnen darf. In den vergangenen Jahren leistete Gigi (Dall’Igna) mit seinem Team unglaubliche Arbeit. Wir sind super happy, dass sich ein großer Champion wie Marc Marquez dazu entschied, zu uns zu kommen, weil er wusste, dass wir das beste Motorrad im Feld haben. Doch auf der anderen Seite sehen wir auch, wie stark sich die anderen verbessern. Wir müssen also sehr konzentriert bleiben.»