Spa: Piastri vor Verstappen, Hülkenberg P14

Oscar Piastri
Keiner kann sagen, dass die Aufgaben der 20 Formel-1-Fahrer einfach sind: Sprintformat in Belgien, das bedeutet nur 60 Minuten Zeit, um eine halbwegs brauchbare Abstimmung zu erarbeiten und die Arbeitsweise der Reifen auszuloten. Erschwerend kommt hinzu, dass wir hier auf der längsten aller GP-Strecken fahren, die Rundenzahl im Training also niedriger ist als üblich.
Und jetzt wird es noch komplizierter. Denn die Wettervorhersage für Samstag (Sprint und GP-Quali) sowie für den Sonntag (Grand Prix) bleibt ungewiss, mit einer höheren Regenwahrscheinlichkeit für Sonntag als für Samstag. Durchaus möglich, dass hier der eine oder andere Fahrer einen Abstimmungs-Poker wagt.
Die Rennställe haben zahlreiche Verbesserungen in die Ardennen gebracht: McLaren mit einem windschlüpfigeren Heckflügel, so wie das auch Ferrari, Aston Martin, Alpine und die Racing Bulls getan haben.
Red Bull Racing mit einem umfangreichen Paket: Frontflügel, Lufteinlässe der Seitenkästen, Motorverkleidung, Verkleidung der Aufhängung vorne, Luftleit-Element im Bereich der Hinterräder.
Mercedes mit neuem Frontflügel, andere Anordnung der Luftleit-Elemente im aerodynamisch heiklen Raum bei den Hinterrädern.
Aston Martin mit verkürzter Fahrzeugnase, neuem Frontflügel und neuem «beam wing» (Flügel über dem Getriebe).
Williams mit neu geformten Einlässen der Seitenkästen, optimierter Motorverkleidung und neuem Unterboden.
Ferrari mit einer modifizierten Hinterradaufhängung, für mehr Abstimmungs-Spielraum sowie verbesserte aerodynamische Effizienz.
Nichts Neues nur bei Haas und Sauber.
Für die meisten Teams ist dies der letzte grosse Evo-Schritt, die Arbeit ist längst umgestellt worden auf die kommende neue Rennwagen-Generation 2026.
Das Training begann bei 20 Grad Lufttemperatur, die Bahn 35 Grad warm, viel blauer Himmel, aber Regenwahrscheinlichkeit bei 10 Prozent.
An der Box von Red Bull Racing fehlt dieses Mal Max Verstappen-Renningenieur Gianpiero Lambiase, wie schon in Österreich, aus persönlichen Gründen. Sein Ersatz im Ohr von Max, ebenfalls wie am Red Bull Ring: der frühere Ricciardo-Ingenieur Simon Rennie.
Neu am Kommandostand bei Red Bull Racing: Laurent Mekies, der Christian Horner ersetzt hat. Für Mekies neuer Teamchef bei den Racing Bulls: Alan Permane.
Probleme gleich zu Beginn für Carlos Sainz: «Ich kann nicht beschleunigen, der Wagen ist im Schleich-Modus.» Dieser Modus schaltet sich aus Sicherheitsgründen ein, der Spanier brachte den Willliams zurück an die Box, in der Hoffnung, dass es sich um einen fehlerhaft arbeitenden Sensor handelt.
Schlechte Nachrichten für den Madrilenen: Die Mechaniker begannen, das Auto des vierfachen GP-Siegers auseinanderzunehmen, dabei brauchen die Fahrer doch im Sprintformat jede Runde! Denn es war leider kein Sensor, sondern ein Problem mit der Benzinversorgung.
Ebenfalls gleich wieder in der Box: Aston Martin-Fahrer Lance Stroll. Der Kanadier wurde angewiesen, sofort wieder hereinzukommen, er erhielt einen anderen Sitz.
Auch der andere Williams-Fahrer in Schwierigkeiten: Alex Albon links kurz im Kies in der Schikane von Les Combes, während Ferrari-Star Lewis Hamilton einen wilden Ritt in Raidillon zeigt – gerade noch gut gegangen!
Da riskierte der siebenfache Champion, den Unterboden seines Ferrari zu malträtieren, der 60 Prozent des aerodynamischen Abtriebs eines modernen Flügelwagens erzeugt.
Reihenfolge nach einer Viertelstunde: Verstappen, Piastri, Norris, Leclerc, Tsunoda, Russell, Alonso, Hülkenberg auf P15, Hamilton auf P16.
Lewis am Funk: «Die Räder neigen zum Blockieren, und das Heck ist sehr instabil.»
Wenig später beschwerte sich Sauber-Fahrer Gabriel Bortoleto am Funk, dass Hamilton in der Mitte der Bahn herumgondelt. Der Brasilianer: «Der Kerl fährt immer in der Mitte der Strecke!»
Ferrari-Ass Charles Leclerc übernahm nach 20 Minuten die Spitze, 88 Tausendstelsekunden vor Verstappen. Lewis Hamilton rückte auf P4.
WM-Leader Piastri rückte auf den zweiten Rang, nur 5 Tausendstel hinter Leader Leclerc und 83 Tausendstel vor Verstappen. Das McLaren-Duo Piastri/Norris an diesem Wochenende übrigens mit frischen Mercedes-Motoren.
Nach 30 Minuten Sainz endlich auf der Bahn, während Racing Bulls-Fahrer Isack Hadjar durch Eau Rouge ruderte und funkte: «Das fühlt sich an, als wäre am Wagen etwas kaputt oder als stimmt etwas nicht mit den Reifen.»
Kurz vor Schluss Aston Martin-Fahrer Stroll dank weicher Reifen auf Platz 1, kurz darauf wurde diese Zeit unterboten von WM-Leader Piastri, um eine satte Sekunde.
McLaren mit mehr Abtrieb für den kurvigen Mittelteil der Bahn, Red Bull Racing und Ferrari eher abgestimmt für die schnellen Passagen der Sektoren 1 und 3. Wir werden sehen, wessen Kompromiss hier zielführender ist.
Die Reihenfolge ist allgemein mit Vorsicht zu geniessen: Unterschiedliche Reifenmischungen und Benzinlast, das wahre Kräfteverhältnis haben wir in den Ardennen noch nicht gesehen.
1. Training, Belgien
01. Oscar Piastri (AUS), McLaren, 1:42,022 min
02. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, 1:42,426
03. Lando Norris (GB), McLaren, 1:42,526
04. George Russell (GB), Mercedes, 1:42,598
05. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 1:42,928
06. Kimi Antonelli (I), Mercedes, 1:42,979
07. Lewis Hamilton (GB), Ferrari, 1:43,085
08. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, 1:43,112
09. Fernando Alonso (E), Aston Martin, 1:43,120
10. Isack Hadjar (F), Racing Bulls, 1:43,122
11. Carlos Sainz (E), Williams, 1:43,217
12. Alex Albon (T), Williams, 1:43,261
13. Gabriel Bortoleto (BR), Sauber, 1:43,262
14. Nico Hülkenberg (D), Sauber, 1:43,470
15. Liam Lawson (NZ), Racing Bulls, 1:43,478
16. Esteban Ocon (F), Haas, 1:43,570
17. Pierre Gasly (F), Alpine, 1:43,929
18. Yuki Tsunoda (J), Red Bull Racing, 1:44,492
19. Franco Colapinto (RA), Alpine, 1:44,847
20. Oliver Bearman (GB), Haas, 1:45,077