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Glock: «Jetzt ziehe ich mir den Vettel ran»

Von Peter Hesseler
Timo Glock bleibt vorerst bei Marussia

Timo Glock bleibt vorerst bei Marussia

Der Marussia-F1-Pilot über 2013, Jetlags, Amerika, die Belastung der Saison, Schachkumpel Schumi und den Titelkampf.

Einen Tag früher als die meisten Kollegen, nämlich schon am Dientag, reiste Timo Glock in Austin an.

Um das Jetlag (sieben Stunden Zeitunterschied zum Odenwald) besser wegzukriegen?

«Nein, das ist eigentlich kein Problem. Man muss halt in den ersten Tagen etwas länger wach bleiben und fällt dann schnell in seinen Rhythmus. Ich könnte auch mittwochs anreisen und Freitagfrüh das Training fahren.»

Auch Schumi, Glocks Fahrerlager-Freund, hat sich früh akklimatisiert. Schumi spielte zuletzt eine immer grössere Rolle in Glocks Freizeitgestaltung. Man ahnt es kaum, aber die beiden spielen gemeinsam Schach, allerdings weniger aus Gründen der Entschleunigung, wie man bei ihrem schnellen und hektischen Beruf erwarten  würde, sondern zum Zeitvertreib. Und, wie man es von F1-Fahrern nicht anders erwarten darf, aus Wettbewerbsgründen.

Glock berichtet: Ich gewinne in letzter Zeit immer öfter gegen ihn, aber es gibt Tage, da denke ich, Kasparow persönlich sitzt vor mir.»

Nach dem bislang letzten Rennen, dem Abu-Dhabi-GP, bedankte Glock sich artig bei seinem Kumpel, denn der siebenmalige Weltmeister hatte mit einer späten Offensive gerade noch verhindert, dass Heikki Kovalainen im Caterham Zwölfter wurde. Mit dieser Platzierung hätte sich Caterham, der erklärte Gegner von Marussia, auf den begehrten und finanziell überlebenswichtigen zehnten Platz der Konstrukteurswertung geschoben – und an Marussia vorbei.

Apropos Finanzen: Timo hat noch nichts davon gehört, dass sein Team 60 Millionen Euro Schulden mit sich schleppen soll. «Ich denke, wir bauen unser Auto für 2013 und planen unsere Zukunft wie geplant. Ich gehe somit davon aus, das alles okay ist. Wenn wir es schaffen wollen, 2013 zum Mittelfeld auf zu schliessen, müssen wir das Budget erhöhen.»

Der Kampf um Platz 10 wird dennoch mit unverminderter Härte weitergeführt. Kovalainen im ersten Caterham bleibt das bewegliche Ziel von Glock, der den zweiten Caterham mit Petrov in Abu Dhabi trotz defektem Frontflügel hinter sich halten konnte. «Heikki ist er erfahrenere Mann. Das sieht man einfach. Er macht auf der Strecke weniger Fehler. Petrov ist auch schnell, hat besonders in den Qualifikationen zuletzt an Tempo zugelegt, leistet sich aber ab und zu einen kleinen Ausrutscher.»

Ist das nicht normal, in diesem Stadium der WM?

Glock räumt ein: «Klar spürt man die lange Saison, besonders in dieser Phase mit sieben Übersee-Rennen in neun Wochen, mit grossen Zeit- und Temperatur-Unterschieden und wenig Regenerationsmöglichkeiten. Aber es ist jetzt nicht so, das ich bewusst Ermüdungserscheinungen an mir wahrnehme. Ich trainiere ja auch noch zwischendurch.»

Und wen hält Glock für den frischeren Fahrer im Titelkampf, Vettel oder Alonso?

«Oh, keinen von beiden. Die sind beide extrem gut drauf. Ich habe Fernando gestern beim Shopping getroffen. Dem merkst du nicht an, was gerade läuft, der ist super-entspannt. Und Sebastian auch. Ich habe den Seb in letzter Zeit oft gesehen. Der ist sehr locker, keine Sorge.»

Frage: Glaubst du nicht, dass der Druck auf Ferrari und Alonso höher ist, beide sind länger ohne Titel als Vettel und Red Bull Racing?

Timo: «Nein. Fernando hat regelmässig das Maximum aus dem Auto herausgeholt, über 18 Rennwochenenden hinweg, er kann sich nichts vorwerfen, wenn es schief geht.»

Gegenfrage: «Aber ihm geht mit 31 Jahren langsam die Zeit aus. Vettel hat mit 25 noch viel mehr Möglichkeiten, Titel zu gewinnen.

Timo: «Da sehe ich nicht als relevant an. Fernando hat noch einige Jahre Vertrag bei Ferrari, also noch einige Chancen, seinen Traum wahr zu machen.»

Sein Schach-Freund Schumi hat indes nur noch zwei GP, um zu glänzen, was Glock bedauert: «Michael hat die Formel 1 über zwei Jahrzehnte geprägt. Er wird unserem Sport sehr fehlen. Und auch mir. Ich muss mir jetzt den Sebastian als neuen Schach-Gegner heranziehen.»

Bis es soweit ist, freut sich Timo auf «Racing in America». Das kennt der Wersauer, seit er Ende 2004 aus der F1 in die US-Champcar-Serie wechselte (und 2006 in die GP2, bevor er 2008 per Toyota-F1-Vertrag wieder Stammfahrer im GP-Sport wurde). «Das war aber anders als hier. Die Anlage hier ist imposant und die Strecke sicher ein Knaller. Aber ansonsten ist hier ja wenig drumherum. Wir sind damals in der Champcar-Serie hingegen vorwiegend auf Stadtkursen gefahren, das ist etwas ganz anderes.»

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