Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Sergio Garcia weiterhin in der großen Moto2-Krise

Von Manuel Pecino
MSi-Pilot Sergio Garcia fuhr eine fulminante erste Saisonhälfte. Als Moto2-Spitzenreiter war er im Gespräch für einen MotoGP-Aufstieg. Seit der Absage aus der Königsklasse kämpft der Spanier mit gravierenden Problemen.

Im ersten Teil der Saison 2024 dominierte Sergio García die Moto2, doch nach den Sommerferien verschwand er überraschend von den vorderen Plätzen. Und nicht nur, dass er diese Spitzenposition nicht wiedererlangt hat, es scheint, dass die Krise dauerhaft ist. Von einem soliden Anwärter auf den Weltmeistertitel ist er nun ein Schatten des Mannes, von dem einst gemunkelt wurde, dass er Yamahas baldige MotoGP-Verpflichtung sein würde. Die Frage, was mit dem spanischen Fahrer passiert ist, ist unvermeidlich. Die Antwort fällt vergleichsweise simpel aus: Sergio Garcia hat sich dem Druck gebeugt, der durch hohe Erwartungen und einige falsche Entscheidungen entstanden ist. Jetzt ist das Selbstvertrauen dahin.

Zunächst waren da die Sirenengesänge der MotoGP. Die guten Leistungen des Spaniers in der ersten Saisonhälfte führten dazu, dass sein Name als eine zukünftige Option für Yamaha genannt wurde. Es gab Gerüchte, dass Lin Jarvis, der Sportchef der Marke, ein besonderes Interesse an ihm hat, um ihn in das Satellitenteam aufzunehmen, das Yamaha nächstes Jahr in der MotoGP haben wird. Diese Option kam nicht zustande und man sagt, dass es eine herbe Enttäuschung für den spanischen Fahrer war. Die Tatsache, dass andere Fahrer, die zu diesem Zeitpunkt weniger prominent unterwegs waren als er – Chantra, Aldeguer und Ogura – einen MotoGP-Pass bekamen, trug vermutlich zu seiner Frustration bei.

Die falsche Entscheidung. Boscoscuro, der Chassis-Lieferant von jenen vier Fahrern, die in der ersten Hälfte der Meisterschaft zwischenzeitlich überlegen waren  (Garcia, Ogura, Aldeguer, Lopez), hatte sich entschieden die Sommerpause der WM für einige Modifikationen an ihrem Chassis zu nutzen. Wenn man sich die Tabelle der Moto2-Meisterschaft anschaut, kann man deutlich sehen, wie diese Änderungen zu einem Rückgang der Ergebnisse der Boscoscuro-Fahrer führten: Sie verschwanden plötzlich von den vorderen Plätzen. Die Zahlen zeigen, dass die Krise zwar gelöst wurde, die Boscoscuro-Mannschaft aber einige GP-Events brauchten, um zu verstehen, wie ihr Motorrad funktionieren sollte. 

Zu diesem Zeitpunkt hatte Sergio Garcia bereits sportlichen Selbstmord begangen. Er hatte nicht die Geduld, darauf zu warten, dass die Ingenieure das korrekte Set-up des neuen Paktes fanden. Garcia bestand auf die ursprünglichen Spezifikation. Eine verständliche Entscheidung, wenn man bedenkt, dass er damit den ersten Teil der Meisterschaft dominiert hatte. Aber Kalex hatte reagiert, und was vorher besser war, stieß plötzlich an seine Grenzen. Während seine Fahrwerkskollegen ins Rampenlicht zurückkehrten.

Verletzung, oder Nicht-Verletzung? Während des GP von Aragon am letzten Augustwochenende kam es zu einer dummen Kontroverse über eine angebliche Schulterverletzung, die sich Sergio vor der Reise ins Motorland zugezogen hatte. Während das Team die Verletzung auf einen «häuslichen Unfall» zurückführte, erklärte der Fahrer im Fernsehen, er habe sich beim Training verletzt. In Motegi versichterte das Team jedoch, dass es beim GP von Aragon keine Verletzung gegeben habe. «Das Problem war ein anderes», erklärte ein Gesprächspartner, ohne auf die Einzelheiten eingehen zu wollen. Die Aussage zielt auf die mentale Verfassung des 21-Jährigen.

Dazu passt das Bild des Moto2-Piloten in Misano. Selten traf der Autor nach einem Rennen auf einen Fahrer, der dem physischen Zusammenbruch näher war. Sergio Garcias Gesicht war völlig aus den Angeln gehoben, und er war nicht in der Lage, das Zittern seines ganzen Körpers zu kontrollieren. 

Unübersehbar auch die Reibung in der Box. Die Summe der Frustrationen über Entscheidungen, die sich als falsch herausstellten, untergrub die Atmosphäre zwischen Fahrer und Team.

Das jüngste Beispiel gab es beim Rennen in Motegi, als es um die Reifen-Entscheidung ging. Während das Team ihm riet, auf Slicks zu fahren – in seiner Situation in der Meisterschaft war die Verwirrung eine gute Gelegenheit zum Glücksspiel – entschied sich Garcia schließlich für die Regenreifen. Das Ergebnis ist bekannt. Alle Fahrer mit Regenreifen gingen ein.

Ein weiterer Faktor, der zur Erosion in der Garage beiträgt, ist die Rolle, die Sergio Garcias Vater spielt.  Nicht selten tritt dieser eher Vater des Piloten, als der Vater seines Sohnes in Aktion.

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