Valencia-Test: Wie aussagekräftig sind die Zeiten?

Von Günther Wiesinger
Yamaha-Neuling Maverick Viñales

Yamaha-Neuling Maverick Viñales

Keine Winglets mehr, teilweise neues 2017-Material, teilweise neue 2017-Reifen von Michelin – die MotoGP-Testzeiten von Valencia sind teilweise mit Vorsicht zu geniessen.

Die zwei MotoGP-Trainingstage am Dienstag und Mittwoch auf dem Circuit Ricardo Tormo brachten ein paar interessante Aufschlüsse.

Aber die Rundenzeiten geben noch keine umfassenden Hinweise auf die wahren Kräfteverhältnisse für die Saison 2017.

Denn die Werksfahrer von Honda, Yamaha und Ducati verbrachten viel Zeit mit dem 2017-Material, das aber noch nicht ausgereift ist und von dem sich bis heute nicht sagen lässt, wie viel sich bis zum Saisonstart noch verändern und verbessern lässt.

Suzuki Ecstar hingegen wollten die zwei Neulinge Andrea Iannone und Alex Rins nicht mit neuem Material verwirren und setzte auf Bewährtes, genau wie Aprilia Racing.

Da manche Teams schonungslos neue Komponenten, Motoren, Fahrwerke und Reifen testeten und sich andere mit bewährtem Material zuerst einmal an die neue Klasse (Zarco, Folger, Rins, Lowes) oder das neue Fabrikat gewöhnten, darf man nicht alle Zeiten überbewerten.

Teilweise ließ sich gar nicht herausfinden, ob die Zeiten mit dem 2016-Modell oder 2017-Modell oder einem Zwitter gefahren wurden... Zum Beispiel bei Márquez, Rossi, Pedrosa, Dovizioso und Maverick Viñales.

Manchmal waren die Unterschiede auch nur gering, Dovizioso zum Beispiel fuhr im Qualifying 1:30,3 min, beim Test am zweiten Tag 1:30,4 min.

Und natürlich lobt jeder Neuzugang das neue Team und das neue Motorrad, das traf auch für den Aprilia-Neuzugang Aleix Espargaró zu, der mit der RS-GP 16 eine Zeit von 1:30,8 min schaffte, während Bradl im Qualfi 1:31,8 min erreichte – genau so wie Bautista. Zum Vergleich: Mit der Suzuki hatte Aleix im Quali ebenfalls 1:30,8 min vorgelegt. Andrea Iannone fuhr nach zwei Tagen mit der Suzuki bereits 0,3 sec schneller.

Klar, Aleix hat sich damit einen Top-Ten-Platz bei den Tests gesichert. Man darf aber nicht vergessen: Bradl und Bautista hatten das Motorrad drei Tage lang brauchbar abgestimmt, auch sie wären am vierten oder fünften Tag wohl schneller gefahren als am zweiten.

Das zeigt sich auch bei Jack Miller, der kaum neues Material testete und mit 1:31,0 min und fast sieben Zehntel schneller unterwegs war als im Qualifying.

Bei Aprilia zeichnet sich bei aller Begeisterung für Aleix Espargaró ab: Die Italiener werden 2017 ein Ein-Fahrer-Team haben, Moto2-Aufsteiger Sam Lowes wird für viele Kaltverformungen sorgen.

Der Brite blieb 2,4 sec langsamer als der viel versprechende Rookie Jonas Folger, obwohl er im Laufe der Saison 2016 schon vier MotoGP-Tests mit Aprilia erledigt hatte.

Die Tech-3-Yamaha-Fahrer Folger und Zarco blieben einander beim MotoGP-Debüt wenig schuldig. Mit 1:30,9 min und 1:31,0 blieben sie im Bereich von Bradley Smith, der nach vier MotoGP-Jahren am Samstag im Quali mit 1:30,9 min den zehnten Startplatz erreicht hatte. Die eindrucksvollen Rookies wurden selbstverständlich auch weitgehend von den Tests mit den 2017-Reifen verschont.

Den beiden Tech-3-Piloten kam natürlich ein abgestimmtes und ausgereiftes Motorrad zugute, dazu konnte zweimal von 10 bis 17 Uhr gefahren werden. In der Hektik eines GP-Weekends mit vier freien Trainings (dreimal 45 Minuten, einmal 30 Minuten) wird man nicht konstant Top-Ten-Plätze von den Rookies erwarten dürfen.

Denn das Tech-3-Team wird mit 2016-Maschinen antreten, während allein Ducati drei 2017-Bikes einsetzen wird, dazu kommen fünf weitere Werksteams, von denen sich vor allem Red Bull KTM bis zum Saisonstart in Doha (26. März) noch gehörig steigern könnte.

Beim nächsten grossen IRTA-Test in Sepang (30. Januar bis 1. Februar) werden dann alle Teams bereits jenes Material zur Verfügung haben, das auch in der Saison 2017 eingesetzt wird.

«Ich habe den neuen 2017-Prototyp von Yamaha erstmals beim Valencia-Test zu Gesicht bekommen», sagte Valentino Rossi. «Aber ich erwartete keine gravierenden Unterschiede. Denn Yamaha verfolgt bei der Weiterentwicklung seit Jahren eine Politik der kleinen Schritte. Im Hinblick auf 2017 wird es am Wichtigsten sein, dass wir die Beschleunigung verbessern, das ist wichtiger als die Spitzenleistung. Wichtig ist, dass es uns gelingt, mit diesen Michelin-Reifen die Power auf den Asphalt zu bringen, auch in der zweiten Rennhälfte.»

Übrigens: Jorge Lorenzo schaffte mit der 2017-Ducati eine Testzeit von 1:30,7 min, mit der Yamaha fuhr er im Quali 1:29,4 min. Da ist also noch allerhand Spielraum nach oben.

Zum Vergleich: Rossi gelang im Quali eine 1:30,1-min-Runde, beim Test am Mittwoch erzielte er eine Zeit von 1:30,7 min. Es wurde also auch bei Yamaha viel erprobt und viel experimentiert.

Maverick Viñales hingegen schaffte mit der Yamaha eine 1:29,9-min-Runde, denn er wurde beim ersten Test nicht mit allzu viel neuem Material belästigt, er sollte in erste Linie viele Runden drehen.

Von Aprilia-Renndirektor Romano Albesiano war zwar im Sommer 2016 einmal zu hören, die RS-GP 16 habe keine Schwachpunkte.
Aber Alvaró Bautista fuhr mit seiner gebrauchten 2016-Ducati im Pull-& Bear-Aspar-Team am Mittwoch mit 1;31,7 min nur um 0,301 sec langsamer als Aleix Espargaró. Mit der Aprilia war Bautista im Qualifying über 1:31,8 min nicht hinaus gekommen.

Das Aprilia-Werksteam wird sich also vermutlich auch in der nächsten Saison mit den Kundenteams von Ducati, Honda und Yamaha herumschlagen müssen, wenn im Winter nicht mehr Power gefunden wird.

Was man auch nicht vergessen darf: Beim Test waren die 2017 verbotenen Winglets weg, auf die am GP-Weekend nur Pedrosa und KTM-Pilot Mika Kallio verzichtet hatten. Ob die Flügel wirklich bei jedem Fabrikat 0,2 bis 0,3 sec bringen, wie vermutet wird, lässt sich schwer einschätzen.

Trotz aller Fragezeichen lässt sich bereits vermuten: Movistar-Yamaha-Neuzugang Maverick Viñales scheint einen besseren Deal gemacht zu haben als Jorge Lorenzo, zumindest was die Erfolgschancen für 2017 betrifft.

Valencia-Test, Gesamtwertung nach 2 Tagen

1. Maverick Viñales, Yamaha, 1:29,975
2. Marc Márquez, Honda, 1:30,171
3. Andrea Dovizioso, Ducati, 1:30,443
4. Andrea Iannone, Suzuki, 1:30,599
5. Dani Pedrosa, Honda, 1:30,686
6. Cal Crutchlow, Honda, 1:30,709
7. Valentino Rossi, Yamaha, 1:30,709
8. Jorge Lorenzo, Ducati, 1:30,744
9. Aleix Espargaró, Aprilia, 1:30,885
10. Jonas Folger, Yamaha, 1:30,948
11. Johann Zarco, Yamaha, 1:31,015
12. Jack Miller, Honda, 1:31,069
13. Scott Redding, Ducati, 1:31,118
14. Alvaró Bautista, Ducati, 1:31,186
15. Héctor Barberá, Ducati, 1:31,244
16. Michele Pirro, Ducati, 1:31,816
17. Pol Espargaró, KTM, 1:31,853
18. Tito Rabat, Honda, 1:31,918
19. Loris Baz, Ducati, 1:32,161
20. Bradley Smith, KTM, 1:32,538
21. Eugene Laverty, Aprilia, 1:32,568
22. Karel Abraham, Ducati, 1:32,699
23. Alex Rins, Suzuki, 1:32,811
24. Takuya Tsuda, Suzuki, 1:33,305
24. Alex Rins, Suzuki, 1:33,761
25. Sam Lowes, Aprilia, 1:33,359
26. Francesco Bagnaia, Ducati, 1:36,940

Valencia-Test, Mittwoch, 16. November

1. Maverick Viñales, Yamaha, 1:29,975
2. Marc Márquez, Honda, 1:30,171
3. Andrea Dovizioso, Ducati, 1:30,443
4. Andrea Iannone, Suzuki, 1:30,599
5. Dani Pedrosa, Honda, 1:30,686
6. Cal Crutchlow, Honda, 1:30,709
7. Valentino Rossi, Yamaha, 1:30,709
8. Jorge Lorenzo, Ducati, 1:30,744
9. Aleix Espargaró, Aprilia, 1:30,885
10. Jonas Folger, Yamaha, 1:30,948
11. Johann Zarco, Yamaha, 1:31,015
12. Jack Miller, Honda, 1:31,069
13. Scott Redding, Ducati, 1:31,118
14. Alvaró Bautista, Ducati, 1:31,186
15. Héctor Barberá, Ducati, 1:31,244
16. Michele Pirro, Ducati, 1:31,816
17. Pol Espargaró, KTM, 1:31,853
18. Tito Rabat, Honda, 1:31,918
19. Loris Baz, Ducati, 1:32,161
20. Bradley Smith, KTM, 1:32,538
21. Eugene Laverty, Aprilia, 1:32,568
22. Karel Abraham, Ducati, 1:32,699
23. Takuya Tsuda, Suzuki, 1:33,305
24. Alex Rins, Suzuki, 1:33,761
25. Sam Lowes, Aprilia, keine Zeit

Valencia-Test, Dienstag, 15. November

1. Maverick Viñales, Yamaha, 1:30,930 min
2. Valentino Rossi, Yamaha, 1:30,950
3. Jorge Lorenzo, Ducati, 1:31,052
4. Marc Márquez, Honda, 1:31,102
5. Andrea Dovizioso, Ducati, 1:31,131
6. Cal Crutchlow, Honda, 1:31,156
7. Andrea Iannone, Suzuki, 1:31,165
8. Scott Redding, Ducati, 1:31,242
9. Héctor Barberá, Ducati, 1:31,286
10. Dani Pedrosa, Honda, 1:31,306
11. Jack Miller, Honda, 1:31,477
12. Alvaró Bautista, Ducati, 1:31,674
13. Michele Pirro, Ducati, 1:32,068
14. Aleix Espargaró, Aprilia, 1:32,177
15. Loris Baz, Ducati, 1:32,315
16. Jonas Folger, Yamaha, 1:32,450
17. Johann Zarco, Yamaha, 1:32,462
18. Tito Rabat, Honda, 1:32,578
19. Pol Espargaró, KTM, 1:32,613
20. Bradley Smith, KTM, 1:32,806
21. Alex Rins, Suzuki, 1:32,811
22. Eugene Laverty, Aprilia, 1:32,935
23. Karel Abraham, Ducati, 1:33,231
24. Sam Lowes, Aprilia, 1:33,359
25. Takuya Tsuda, Suzuki, 1:34,110
26. Francesco Bagnaia, Ducati, 1:36,940

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