Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Ducati: Was steckt wirklich hinter «Mission Winnow»?

Von Günther Wiesinger
Der Zigarettenkonzern Philip Morris pries in der MotoGP-Saison 2019 lange den mysteriösen Slogan «Mission Winnow» auf den Ducati-Bikes von Andrea Dovizioso und Danilo Petrucci an. Warum er verschwand.

Im Januar hatten Ducati und Philip Morris im Schweizer Forschungszentrum «Philip Morris R&D Cube» des Zigarettenherstellers in Neuchâtel mit viel Pomp und Marketing-Getöse einen neuen Sponsorship-Deal präsentiert. Der Slogan «Mission Winnow» sollte künftig auf den Desmosedici-Maschinen prangen, auf den Trucks, auf den Kappen der Fahrer, auf den Lederkombis und an der Boxendekoration.

Welches Konzept bei Philip Morris dahintersteckte, das ging auch nach zwei Stunden pausenlosen Geschwafels nicht einleuchtend hervor. Es war von Schlagworten wie Nachhaltigkeit die Rede und vom lobenswerten «Kampf für eine rauchfreie Zukunft». Aber das hörte sich an, als würde ein Autokonzern die Vorteile des Radfahrens propagieren. Irgendwie sollte suggeriert werden, bei Philip Morris stehe ab sofort nur noch die Gesundheit der rauchenden Kunden im Vordergrund.

Die Werbung für Tabakerzeugnisse wurde im Internet, in Zeitungen und Magazinen ab dem 1. Januar 2007 verboten. Die TV-Werbung war schon vorher untersagt worden. Also müssen die Tabakkonzerne innovative Weg suchen, um diese Vorschriften zu umgehen und nicht noch mehr Kunden zu verlieren.

In der Formel-1-Saison 2009 war Tabakwerbung nur bei 7 der 17 Grand Prix erlaubt. Philip Morris trat trotzdem mit der Marke Marlboro bis 2010 als Hauptsponsor des Rennstalls Ferrari auf.

Auch in der MotoGP-WM zog sich Marlboro bei Ducati nach 2007 langsam zurück. 2008 wurde auf den Bikes von Stoner und Melandri noch mit dem Strichcode an Marlboro erinnert. Der Vertrag lief offenbar weiter. Bis heute, es werden gemeinsame Aktivitäten entwickelt, zum Beispiel die Fahrt mit dem Ducati-Twinseater.

Die Tabakindustrie ließ sich nämlich verschiedene neue Marketingstrategien einfallen, die mit herkömmlicher Werbung nichts zu tun haben. Bald wurden sie unter dem Begriff «Below the line»-Marketing zusammengefasst. Um die potenziellen Kunden wurde in Diskotheken, auf Sportplätzen, bei Musikfestivals oder an Universitäten geworben, oft auch durch geschicktes Product Placement.

Philip Morris stieg zuletzt auch ins lukrative Geschäft mit E-Zigaretten ein. Im MotoGP-Fahrerlager waren 2018 in Europa überall «IQOS»-Lounges mit der Aufschrift «Tobacco Heating System» zu sehen. Wird jetzt also nicht mehr geraucht, sondern nur noch geheizt? Inzwischen sind diese Boxen wieder verschwunden.

In der Formel 1 warb Ferrari schon ab dem Suzuka-GP 2018 auf dem Heckflügel von Vettel und Raikkönen mit dem Slogan «MISSON WINNOW».

Philip Morris kündigte sogar eine weltweite Kampagne namens «Designing a Smoke Free Future» an.

In der Saison 2019 sollte auch das Ducati-MotoGP-Werksteam (Dovizioso, Petrucci) auf der Desmosedici dauerhaft mit dem Slogan «MISSION WINNOW» werben. Die Aussprache stellte sich Philip Morris so vor: «Win-Oh». Sollte heissen: «Wir wissen.» Aber das «k» von «know» fehlte. Es ging wohl mehr ums Siegen. Das Publikum wurde für dumm verkauft.

«Mission Winnow» sei eine globale Kampagne von Philip Morris International, die zu einer besseren Welt beitragen soll, heißt es bei PMI. Der Zigarettenkonzern will laut eigener Aussage für die weltweit 1,1 Milliarden Raucher eine bessere Zukunft gestalten. «Das ist unsere Vision», lautet die Botschaft.

Im Forschungszentrum «Philip Morris R&D Cube» in Neuchatel werden angeblich radikale Änderungen erforscht. Es gehe hier nicht um ein Produkt oder eine Marke, wurde verkündet. «Mission Winnow» unterstütze die Menschen, die die Welt mit ihrer Leidenschaft für bahnbrechende Ideen und Projekte voranbringen. Weltweit führende Ingenieure, Wissenschafter und andere kreative Köpfe werden von den PMI-Leuten begleitet und unterstützt, wurde verkündet.

PMI wollte mit «Mission Winnow» zeigen, dass dieser Konzern mehr kann als Zigaretten verkaufen. Man wolle aus Fehlern der Vergangenheit lernen und daraus die richtigen Schlüsse für die Zukunft ziehen, wurde vor Beginn der Teamvorstellung am Rande des Neuenburger Sees im Januar in Neuchâtel demonstriert.

Die Scuderia Ferrari und Ducati Corse sollten diese Botschaft in die Welt hinaustragen – in der Formel-1- und MotoGP-Weltmeisterschaft. Da keine Produkte und keine Marke von PMI beworben wird, schien dieser Deal nicht vom Tabakwerbeverbot betroffen zu sein. Auch über die Social Media-Kanäle wurde das Projekt «Mission Winnow» beworben – auf Facebook (@missionwinnow), Instagram und Twitter.

Aber in Frankreich fielen die Behörden nicht auf diesen Trick herein. Andrea Dovizioso und Danilo Petrucci fuhren dort im Mai mit den Aufschriften «Dovi» und «Petrux» statt mit «Mission Winnow». Auch beim Australien-GP gab es Einschränkungen und Verbote.

Zuletzt war von «Mission Winnow» nicht mehr viel zu sehen. In der Hospitality stand nur noch die kleinlaute Aufschrift: «We are on a mission».

Das gab jenen Vermutungen Nahrung, die schon im Januar aufgetaucht waren: PMI wolle nur als heimlicher Marlboro-Sponsor wieder einmal auf sich aufmerksam machen.

Und «Mission Winnow» bedeutete nicht anderes als die Botschaft, dass Ducati 2019 endlich den ersten MotoGP-WM-Titel seit 2007 gewinnen sollte. «Win now» stand wahrscheinlich nur für «Gewinnt jetzt.»

Aber «Dovi» wurde zum dritten Mal hintereinander «nur» Vizeweltmeister.

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