Pit Beirer (KTM): «Ich ziehe den Hut vor Ducati»

Von Günther Wiesinger
Ducati bestreitet in diesem Jahr mit der Desmoseici die 20. MotoGP-Saison. Es könnte die erfolgreichste aller Zeiten werden. KTM-Rennchef Pit Beirer spart nicht mit Applaus.

Die Techniker und das Management von KTM sind zwar bei den technischen Vorschriften für die MotoGP-Weltmeisterschaft nicht immer einer Meinung. Das offenbarte sich 2019 beim Protest gegen den Hinterradspoiler nach dem Sieg von Andrea Dovizioso, an den sich freilich auch Honda, Suzuki und Aprilia anschlossen. Und das spürte man zuletzt bei den Diskussionen um die Sinnhaftigkeit der Winglets Front Ride Height Devices. Die Fahrhöhenverstellung für die Gabel wurde von KTM als Steinzeittechnologie bezeichnet. «Wir investieren unser Wissen lieber in die Verwendung von synthetischem Treibstoff. Wir wollen in der MotoGP schon 2026 statt 2027 zu 100 Prozent mit erneuerbarem Bio Fuel fahren», erklärte KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer.

Aber der KTM-Rennchef spart nach dem starken Saisonbeginn von Ducati nicht mit Lob und Respekt vor dem breit aufgestellten Hersteller aus Borgo Panigale. Mit Bastianini (3.), Miller (5.), Zarco (6.) und Bagnaia (7.) liegen in der WM vier Ducati-Piloten in den Top-7. Dazu haben die Roten mit Bastianini (3), Miller (2) sowie Zarco, Bagnaia und Martin je 1) bereits acht Podestplätze erzielt, verteilt auf drei verschiedene Teams. Und auch die Qualifying-Bilanz kann sich sehen lassen; bei fünf von sieben Grand Prix stand eine Desmosedici auf dem besten Startplatz. Zweimal Jorge Martin, zweimal Bagnaia, einmal Zarco. Und in Le Mans jubelten Bastianini und Miller über den ersten Ducati-Doppelsieg in dieser Saison. 

«Man muss den Hut ziehen und den Kollegen in Bologna gratulieren», stellte Pit Beirer im Interview mit SPEEDWEEK.com fest. «Ducati hat momentan eine hervorragende Basis. Außerdem haben sie im gleichen Moment, in dem das Motorrad so stark wurde, auch noch acht Fahrer in vier Teams in der MotoGP, die sie ausrüsten. Somit entsteht natürlich ein gewisses Ungleichgewicht, wenn acht Fahrer so ein konkurrenzfähiges Bike haben. Aber damit müssen wir leben. Die Ducati-Verantwortlichen haben einen guten Job gemacht. Aus, Amen, fertig. Mit dem müssen wir leben.»

Ducati hat seit Casey Stoner 2007 nie mehr die Fahrer-WM gewonnen, allerdings 2020 und 2021 die Konstrukteurs-WM. Und bisher führt Weltmeister Fabio Quartararo (Yamaha) dank seiner Konstanz wieder die Fahrer-WM wieder an.

KTM rüstet mit KTM Tech3 Factory Racing das vierte Jahr ein Kundenteams aus. Aber die Mannschaft von Hervé Poncharal kam 2021 über den letzten Platz in der Team-WM nicht hinaus und liegt auch jetzt nur an zwölfter Stelle. Denn die KTM RC16 offenbart weiter ihre Schwächen, außerdem setzt KTM in den zwei Teams zwei Rookies ein – Remy Gardner und Raúl Fernández. Ducati hat unter den acht Fahrern nur zwei Rookies: Marco Bezzecchi und Fabio Di Giannantonio. 

Ducati hat es inzwischen geschafft, mit der MotoGP-Maschine auf fast allen Strecken um Siege und Podestplätze fighten zu können. Das schafft momentan kein Hersteller, am ehesten noch Aprilia.
«Wir müssen jetzt unsere Köpfe zusammenstecken und hart arbeiten, um gegen die Übermacht von Ducati anzukämpfen», seufzte Pit Beirer.

Der 250-ccm-Motocross-Vizeweltmeister von 1999 hat sich auch mit voller Absicht aus den Diskussionen um den zu niedrigen Luftdruck in Bagnaias Vorderreifen beim Sieg in Jerez herausgehalten.

«Denn ich stimme Gigi Dall’Igna absolut zu. Er hat ganz richtig erwähnt, wie es um diese Problematik bestellt ist. Es ist richtig, dass im Hersteller-Bündnis MSMA Einstimmigkeit herrscht, bei Unterschreitungen des empfohlenen Luftdrucks keine Strafen auszusprechen. Denn die Sensoren sind so weit von der Genauigkeit entfernt, dass die exakten Werte nicht verlässlich festzustellen sind. Die Hersteller haben in diesem Jahr eine offene Plattform, an die wir alle unsere Daten einliefern. Aber nicht um irgendein Team in den Medien oder in der Öffentlichkeit blosszustellen, sondern um gemeinsam zu lernen. Wir möchten die Messungen für nächstes Jahr so hinkriegen, dass man bei Verfehlungen Strafen verhängen kann, wenn der vorgeschriebene Reifendruck unterschritten wird. Die jüngste Diskussion nach dem Rennen in Jerez war unfair gegenüber Ducati. Es war auch sehr unprofessionell von irgendeinem Hersteller, das jetzt zu thematisieren, obwohl wir einstimmig beschlossen haben, 2022 keinen Fahrer und kein Team deswegen zu bestrafen.»

MotoGP-Ergebnis, Le Mans (15. Mai):

1. Bastianini, Ducati, 27 Rdn in 41:34,613 min
2. Miller, Ducati, + 2,718 sec
3. Aleix Espargaró, Aprilia, + 4,182
4. Quartararo, Yamaha, + 4,288
5. Zarco, Ducati, + 11,139
6. Marc Márquez, Honda, + 15,155
7. Nakagami, Honda, + 16,680
8. Brad Binder, KTM, + 18,459
9. Marini, Ducati, + 20,541
10. Viñales, Aprilia, + 21,486
11. Pol Espargaró, Honda, + 22,707
12. Bezzecchi, Ducati, + 23,408
13. Di Giannantonio, Ducati, + 26,432
14. Alex Márquez, Honda, + 28,710
15. Morbidelli, Yamaha, + 29,433
16. Dovizioso, Yamaha, + 38,149
17. Darryn Binder, Yamaha, + 59,748
– Oliveira, KTM, 3 Runden zurück
– Bagnaia, Ducati, 7 Runden zurück
– Martin, Ducati, 11 Runden zurück
– Mir, Suzuki, 14 Runden zurück
– Fernández, KTM, 21 Runden zurück
– Rins, Suzuki, 22 Runden zurück
– Gardner, KTM, 24 Runden zurück

WM-Stand nach 7 von 21 Grand Prix:

1. Quartararo 102 Punkte. 2. Aleix Espargaró 98. 3. Bastianini 94. 4. Rins 69. 5. Miller 62. 6. Zarco 62. 7. Bagnaia 56. 8. Brad Binder 56. 9. Mir 56. 10. Marc Márquez 54. 11. Oliveira 43. 12. Pol Espargaró 40. 13. Viñales 33. 14. Nakagami 30. 15. Martin 28. 16. Marini 21. 17. Morbidelli 19. 18. Bezzecchi 19. 19. Alex Márquez 18. 20. Dovizioso 8. 21. Darryn Binder 6. 22. Di Giannantonio 3. 23. Gardner 3.

Konstrukteurs-WM:

1. Ducati 156 Punkte. 2. Yamaha 102. 3. Aprilia 99. 4. KTM 84. 5. Suzuki 80. 6. Honda 67.

Team-WM:

1. Aprilia Racing 131 Punkte. 2. Suzuki Ecstar 125. 3. Monster Energy Yamaha 121. 4. Ducati Lenovo 118. 5. Red Bull KTM Factory 99. 6. Gresini Racing MotoGP 97. 7. Repsol Honda 94. 8. Pramac Racing 90. 9. LCR Honda 48. 10. Mooney VR46 Racing 40. 11. WithU Yamaha RNF 14. 12. Tech3 KTM Factory 3.


Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Nachbehandlung mit dem Doktor: Australien

Dr. Helmut Marko
Exklusiv auf SPEEDWEEK.com: Dr. Helmut Marko, Motorsport-Berater von Red Bull, analysiert den jüngsten Grand Prix. Diesmal: Melbourne, ein nahezu historischer Ausfall und ein starker Yuki Tsunoda.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Do.. 28.03., 14:45, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Do.. 28.03., 15:15, Motorvision TV
    Extreme E: Electric Odyssey
  • Do.. 28.03., 16:05, Spiegel TV Wissen
    Gründerköpfe
  • Do.. 28.03., 16:15, Hamburg 1
    car port
  • Do.. 28.03., 16:15, ORF Sport+
    Formel 1 Motorhome
  • Do.. 28.03., 17:05, ORF Sport+
    Schätze aus dem ORF-Archiv
  • Do.. 28.03., 18:15, Motorvision TV
    New Zealand Jetsprint Championship
  • Do.. 28.03., 19:15, ServusTV
    Servus Sport aktuell
  • Do.. 28.03., 20:55, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Do.. 28.03., 21:20, Motorvision TV
    Racing Files
» zum TV-Programm
5