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Morbidelli, Marquez & Co.: Der MotoGP-Fitness Report

Von Thomas Kuttruf
MotoGP ist ein extremer Hochleistungssport, der den Akteuren alles abverlangt. Wir ordnen ein, wer topfit und wer noch angeschlagen in Losail auf die Strecke gehen wird.

In den vergangenen Monaten leisteten vor allem die Techniker der MotoGP-Entwicklungsmannschaften Schwerstarbeit. In zwei Tagen liegt es dann wieder an den Fahrern, den gemeinsam erarbeiteten Status in ein optimales Resultat umzusetzen. Neben der immer wichtigeren mentalen Seite des Hochleistungssports ist die physische Verfassung ein Kernbaustein jeder Rennsaison. Es gilt, fit zu sein und fit zu bleiben. Je länger ein Pilot seinen körperlichen Leistungsstand durch die neunmonatige Saison retten kann, desto besser auch die Chancen in der entscheidenden Phase des Jahres, die dann höhere psychische Belastung positiv zu nutzen.

Grundsätzlich wissen wir: Keiner der 22 MotoGP-Piloten, eingeschlossen sind auch Testfahrer, hält sich nur mit gelegentlichen Waldläufen munter. Von A wie Aleix Espargaro bis Z wie Zarco, jeder Fahrer ist hochtalentierter Motorrad-Spezialist und Profi-Athlet. Mit persönlichen Fitness- und Ernährungsberatern ist das komplette Jahr streng geplant. Gnadenlose Disziplin muss alle Aktiven verbinden. Ein gesunder Körper ist die Grundbasis für den einzigartig herausfordernden Leistungssport «MotoGP».

Eine ebenfalls große Herausforderung stellt die Art des Trainings dar. Die optimale Verfassung eines Motorrad-Rennfahrers wird nur zum Teil in einem Gym aufgebaut. Training auf der Strecke, On- wie Offroad, mit und ohne Motor ist ein Pflichtelement und zugleich eine große Gefahrenquelle. Ein harmloser Abflug mit dem Mountainbike kurz vor dem Saisonstart kann fatale Folgen für die ganze Karriere haben. Totaler Fokus ist von den Profis bei jeder Aktivität gefordert.

Für die Saison 2024 gibt es im Vergleich zu früheren Jahren nur wenige, gesundheitlich schwer angeschlagene Kandidaten. Am stärksten erwischte es Prima Pramac-Racing Neuzugang Franco Morbidelli. Er stürzte bekanntlich heftig vor fünf Wochen auf einem Serien-Superbike (Marc Márquez leistete damals an der Strecke in Portiamo erste Hilfe). Der Nachfolger von Zarco erhielt erst gestern seinen medizinischen Boardingpass für das erste Rennwochenende.

Einen kleinen Rückschlag in Sachen Fitness musste auch der junge Raúl Fernandez einstecken. Er flog beim großen Test in Malaysia von der Aprilia und verpasste zumindest weitere Runden in Sepang. In Katar war Fernandez wieder am Start und schnell. Beim ersten Kontakt mit den Medien machte der Spanier aber eine klare Aussage: «Auch wenn ich zuletzt hier beim Test gegen Ende noch leichte Probleme auf dem Bike hatte, jetzt fühle ich mich zu 100 Prozent fit.»

Unter «Langzeitfolgen» fallen die Beschwerden von Alex Rins. Seine Rennverletzung vom Crash in Mugello, die mehrere Operationen und eine monatelange Pause nach sich zog, kann man beim Blick auf die körperliche Checkliste nicht ignorieren.

Gleiches gilt für Superstar Marc Márquez. Zwar überstand der 8-fache Weltmeister sowohl die letztjährige Sturzorgie (nur am Sachsenring zog ihn die RC213V fünf Mal zu Boden) als auch die jetzige Testsaison ohne weitere Verletzungen, seine bleibenden Schäden an Arm und Schulter (nach Jerez 2020) bleiben aber Schwachstellen.

Aus der Sicht eines Physiotherapeuten müssen Morbidelli, Rins, Fernandez und Marc Márquez in Katar also von hinten losfahren.In der vorletzten Reihe stünde dazu ein Marco Bezecchi. Der VR46-Wuschel zerlegte im Oktober 2023 sein Schlüsselbein – bei einem Flat Track-Abflug auf der Ranch in Tavullia.

Davor ließe sich im imaginären Fitness-Grid keine klare Reihenfolge schaffen. Jeder Fahrer hat gelernt, mit Verletzungen zu leben. Fit sind sie alle. Ein Faktor ist auch das Alter. Hier hat Acosta (19) beste Karten. Auch weil er letztes Jahr frei von ernsten Blessuren blieb und zudem in jeder freien Minute auf dem Motorrad trainiert – ohne sich dabei weh zu tun.

Jack Miller hat seine körperliche Vorbereitung diesen Winter umgestellt und intensiv mit den Spezialisten des Athlete Performance Center von Red Bull in Thalgau gearbeitet – ein Schritt, den Brad Binder schon vor zwei Jahren gemacht hat. Gemeinsam mit seinem Personal Trainer, der sich mit den Spezialisten in Thalgau abstimmt, arbeitet er seither so gut wie täglich an der Fitness.

Was für 2024 neu ist: «Ich bin um ein paar Kilo leichter als bisher. Das ist hoffentlich Gratis-Rundenzeit.» Diese Gewichtsreduktion sei jedoch nicht auf Kosten der Substanz gegangen, betont er: «Wenn ich meine Fitness-Werte ansehe, sagen alle Parameter, dass ich so gut bin wie noch nie zu Saisonstart. Ich fühle mich voll fit, schleppe keine Blessuren mit mir rum und bin bereit für alles, was die Saison bringt.»

Fahrergewicht wird in einer MotoGP-Welt, in der sich die Performance der Bikes immer mehr angleicht, zunehmend zum Faktor. Es gehe dabei nicht nur um die geringere Masse, die beschleunigt und gebremst werden müsse, so der Südafrikaner: «Ein ganz großer Punkt ist der Reifenverschleiß.» Und er nennt ein Beispiel aus dem eigenen Haus: «Schau dir nur die Reifen von Dani Pedrosa an: Er wiegt vielleicht 15 Kilo weniger als ich. Das ist ein echter Vorteil im Reifen-Management, eine andere Welt, vor allem gegen Renn-Ende. Wenn du in den letzten Runden 5 Prozent mehr Reifen übrig hast, ist das spielentscheidend.»

Aleix Espargaro ist mit 34 der älteste Mann im Feld, gleichzeitig ist der Katalane auch auf dem Rennrad auf WM-Niveau unterwegs. Er kompensiert durch die vielleicht brutalste Fitness und schafft seinem Körper Ressourcen durch Prävention. Johann Zarco, auch in den 30ern angekommen, profitiert von seiner perfekten Statur.

Während Sie hier lesen, dazu an einem Cappuccino nippen, dürften die Fahrer gerade von den Laufbändern ihrer Hotels steigen.

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