MotoGP 2027: KTM und Aprilia im Nachteil?
Während Ducati, Yamaha oder Honda sowohl in der MotoGP als auch in der Superbike-WM aktiv sind und dort seit Jahren Pirelli-Reifen einsetzen, fehlt Aprilia und KTM dieser parallele Zugang zu Erfahrungswerten. Ein Nachteil im Kampf um die optimale Reifen-Performance? Ab 2027 fährt auch die MotoGP mit den Reifen des italienischen Herstellers.
Ducati-Technikkoordinator Marco Zambenedetti relativierte im Gespräch mit SPEEDWEEK.com die Erwartung eines direkten Know-how-Transfers: «Die Motorräder unterscheiden sich deutlich, auch bei den Reifen und der Aerodynamik gibt es große Unterschiede. Aber es eröffnen sich neue Möglichkeiten des Informationsaustauschs.»
Dennoch bleibt ein entscheidender Punkt: Während Ducati und Co. bereits ein tiefes Verständnis für das Verhalten der Pirelli-Reifen in Rennbedingungen entwickelt haben, fehlt KTM und Aprilia diese Erfahrungsbasis vollständig. Und auch wenn MotoGP-Pneus neu entwickelt werden, dürfte die technische DNA der Pirelli-Produkte erhalten bleiben – gerade an der Vorderachse, wie ein Insider bestätigte.
Zambenedetti warnt dennoch vor voreiligen Schlüssen: «Es hängt davon ab, wie Pirelli die neuen Reifen angeht. Wir wissen derzeit nichts über Dimensionen oder Charakteristik.» Zwar erwartet man bei Ducati, dass Pirelli seiner Linie treu bleibt, doch ob und wie sich das auf die neuen MotoGP-Reifen übertragen lässt, ist noch unklar.
Klar ist hingegen: Die Teams ohne Superbike-Erfahrung starten mit einem gewissen Informationsrückstand – sowohl in Bezug auf das generelle Verhalten der Reifen als auch auf den Umgang mit Set-up, Temperaturfenstern und Verschleißverhalten. Und das in einer Phase, in der die MotoGP ohnehin einen tiefgreifenden technischen Wandel durchläuft: neue Aerodynamikregeln, veränderte Spritvorgaben und neue 850er-Motoren.
Zambenedetti bringt es auf den Punkt: «Auch die Motorräder selbst werden sich stark von den aktuellen Prototypen unterscheiden. Ob Superbike-Erfahrung dann tatsächlich hilft, ist schwer zu sagen.»
Die Unsicherheit wird durch die offenen Fragen zur Zukunft von Pirelli in der Superbike-WM verstärkt: Sollte Michelin dort tatsächlich übernehmen, entfiele auch für Ducati & Co. die Test- und Datenquelle aus der seriennahen Klasse.
Fazit: Während Hersteller wie Ducati, Yamaha oder Honda von ihrer doppelten Präsenz in MotoGP und Superbike-WM zumindest potenziell profitieren könnten, stehen Aprilia und KTM vor der Herausforderung, sich ohne Vorwissen auf völlig neue Reifen einzustellen. In einer Ära des Umbruchs könnte dieser Mangel an Erfahrungswerten den entscheidenden Unterschied machen.