Aufholjagd: Kleine Verbesserungen, riesige Ergebnisse
Die letzten Runden einer epischen Saison 2025 könnten nach dem Hauptereignis – Marc Marquez' inspirierendem Comeback in der Meisterschaft – etwas in den Hintergrund geraten. Dennoch haben sie das Potenzial, sehr interessant zu werden.
Allerdings nur, wenn die ersten Anzeichen in der Nachsommer-Saison tatsächlich etwas bedeuten. Nämlich die wachsende Stärke von mindestens zwei der Konkurrenten von Ducati: Aprilia und – Honda.
Aprilia ist keine große Überraschung. Die RS-GP ist neben Ducati das einzige Motorrad, das seit Brad Binders Sprint-Sieg für KTM in Jerez im April 2023 ein Rennen auf trockener Strecke gewonnen hat.
Zum Stichwort «trockener Asphalt», eine Anmerkung, auch aufgrund des spannenden Honda-Sieges von Johann Zarco beim turbulenten französischen GP auf nasser Strecke. Das war eher ein Triumph taktischer Risikobereitschaft, denn ein Vorteil der Maschine. Aber dennoch ein Sieg.
Wenn die Bedingungen jedoch gleich sind, hat nur Aprilia Ducati tatsächlich – hin und wieder – den Weg nach Hause gezeigt, insbesondere auf schnellen, rhythmischen Strecken: Austin, Silverstone oder Catalunya. An anderen Orten, speziell bei heißen Bedingungen, haben unbeständige Ergebnisse ihre Glaubwürdigkeit vorerst untergraben.
Die zweite Hälfte des Jahres 2025 war jedoch trotz aller Widrigkeiten von wachsender Stärke geprägt. Zunächst verlor Aprilia beide Werksfahrer (und Rennsieger): Aleix Espargaro ging in den Ruhestand und übernahm eine Testfahrerrolle bei Honda, Maverick Vinales wechselte zu KTM. Außerdem verlor das Team seinen technischen Direktor Romano Albesiano, den Architekten des bisherigen Erfolgs, an Honda.
Zweitens verlor das Projekt aus Noale früh Star-Neuzugang Jorge Martin. Der Champion von 2024 verletzte sich beim ersten Test 2025 und seitdem häufig; bei Tests zu Hause, schwerer bei seinem Comeback in Katar und erneut vor Motegi.
Trotz alledem hat sich die nominelle Nummer 2 Marco Bezzecchi schon vor der Sommerpause mehrfach als Hauptkonkurrent von Marc Marquez erwiesen. Ein Sieg und vier zweite Plätze wurden durch den Sprint-Sieg in Misano unterstrichen, nachdem er Marquez aus der Führung gedrängt hatte, woraufhin dieser stürzte.
Beim nächsten Rennen in Japan wurde Aprilias Bedrohung am Samstag in der ersten Kurve zunichtegemacht, als Martin in Bezzecchi krachte und beide aus dem Rennen warf. Martin erlitt weitere Brüche (diesmal am Schlüsselbein), Bezzecchi kam mit Prellungen und Blutergüssen davon.
Der sich erholende Bezzecchi nutzte Teil 1 in Indonesien entschlossen seinen frühen Vorteil, in jener glühenden Hitze, die Aprilias zuvor zum Schmelzen gebracht hatte. Das Motorrad ist äußerst konkurrenzfähig. Und da die technische Entwicklung im nächsten Jahr eingefroren wird, sieht es auch für 2026 gut aus. Fakt ist: Auf Lombok war Aprilia nicht nur dabei, sondern vorne.
Der größte Aufsteiger, weil er von so weit hinten kommt, ist Honda. Abgesehen von Johann Zarcos vorherigen kurzen Blitzen bescherte Joan Mir der vielgeschmähten RC213V in Motegi ihr erstes Podium seit Marquez 2023 auf derselben Rennstrecke Dritter wurde.
In Märchen erwachen schlafende Riesen augenblicklich. In der MotoGP dauert es etwas länger. Tatsächlich mehr als sechs Jahre, in einem Prozess, der für Honda gerade erst begonnen hat.
Der Rennsportgigant schlief nach 2019 ein, dem letzten Jahr, in dem er den Konstrukteurs-Titel gewann und damit acht Jahre Dominanz beendete. Im nächsten Jahr stürzte Marc und begann seine fünfjährige Durststrecke, und es wurde klar, dass sein überragendes Talent die Schwächen der RC213V überdeckt hatte. Andere fanden das Motorrad zunehmend schwer zu bändigen und sehr sturzanfällig.
Mirs dritter Platz auf Hondas Heimstrecke – nachdem er sich mit weniger als einer Zehntelsekunde Rückstand auf die Pole-Position als Zweiter qualifiziert hatte – war der jüngste und deutlichste Beweis dafür, dass der Gigant langsam aufwacht. Dies folgt auf die verbesserten Ergebnisse seines Teamkollegen Luca Marini, der sich zuletzt in den Top-6 etabliert hatte.
Aus Ducati-Sicht geradezu schockierend, das Bild nach dem jüngsten Zeittraining auf Lombok. Fünf Bikes aus Japan, dazu zwei Aprilia sowie eine KTM unter den ersten Zehn. Auch das bestätigte einen neuen Geist bei Honda, wo Mir (und andere) von «großen Veränderungen in der Arbeitsweise» gesprochen haben.
Honda und Yamaha waren durch ihre Zurückhaltung gegenüber der neuen, von Ducati angeführten, von der Formel 1 inspirierten Designphilosophie ins Hintertreffen geraten. Die beiden zuvor dominierenden japanischen Hersteller, die sehr traditionell sind, stetige Weiterentwicklung gegenüber inspirierten Sprüngen bevorzugen und es gewohnt sind, in ihren eigenen geschlossenen Kreisen zu agieren, wurden schnell abgehängt.
Nun ist es HRC-Teamchef Alberto Puig gelungen, einen neuen, nach außen gerichteten und energiegeladenen Ansatz zu etablieren. Bezeichnenderweise wandte sich Honda zum ersten Mal nach Europa und beauftragte Kalex mit der Herstellung von Schwingen und einem Fahrwerk.
Noch wichtiger ist, dass sie Ende 2024 Albesiano von Aprilia abwarben, um frische Ideen einzubringen, und das Testteam mit seinem Verbündeten Aleix Espargaro verstärkten. Während dieser Saison holten sie Kurt Trieb von KTM an Bord – den Ingenieur hinter dem leistungsstärksten Motor der MotoGP.
Die verbesserte Leistung ist die erste Frucht der neuen Ideen. Nicht zu vergessen, die im Regelwerk festgehaltenen Zugeständnisse (Concessions), die HRC die Entwicklung während der Saison und eine Reihe von Teilen ermöglichen, darunter Motor- und Elektronikentwicklungen, mehrere Änderungen am Rahmen, an der Schwinge sowie umfängliche Aerodynamik-Modifikationen.
Das beweist noch etwas anderes: Die Grenzen zwischen Erfolg und Misserfolg in der MotoGP sind sehr gering. Das hilft den Langsameren – und sollte Ducati etwas beunruhigen.