Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

Yamaha-Rennchef: «Rossi ist kein Thronräuber»

Von Matthew Birt
Rossi beim ersten Yamaha-Test

Rossi beim ersten Yamaha-Test

«Die Voraussetzungen sind anders als 2010», so Jarvis.

Als Valentino Rossi am Tag nach dem WM-Finale in Valencia wieder den Fuss in die Yamaha-Box setzte, muss sich Weltmeister Jorge Lorenzo vorgekommen sein, als sei der Nachbar aus der Hölle wieder zurückgekehrt, um neben ihm Platz zu nehmen.

Als sich Rossi vor zwei Jahren bei Yamaha verabschiedet hat, um nach der Landung bei Ducati Corse ein übles Zwei-Jahres-Intermezzo mit unzähligen Tiefschlägen zu erleben, ging einer der grimmigsten Stallkriege in der MotoGP-Geschichte zu Ende.

Das Verhältnis zwischen Lorenzo und Rossi war so vergiftet, dass Rossi sogar jeglichen Einblick in seine Daten unterband. Es wurde sogar eine Trennmauer in der Box installiert.

Aber die Zeiten und die Erfolge haben sich dramatisch geändert.

Rossis Ruf wurde bei Ducati stark in Mitleidenschaft gezogen. Die bösartige Desmosedici hat den neunfachen Weltmeister in die Knie gezwungen. Drei karge Podestplätze in 35 Rennen lassen Bedenken aufkommen, Rossi könne durch diese trostlose Erfahrung dauerhaft geschädigt worden sein. Seine Kritiker meinen, er wäre jetzt ein willfähriges Opfer für den grandiosen Lorenzo.

Der Aufstieg des Mallorquiners ist unaufhaltsam verlaufen. Er gipfelte in diesem Jahr im Gewinn des ersten 1000-ccm-MotoGP-WM-Titels in der Geschichte (von 2002 bis Ende 2006 wurde mit 990 ccm gefahren); er beendete 2012 kein Rennen schlechter als auf dem zweiten Platz!

Jetzt sind Lorenzo und Rossi wieder bei Yamaha vereint. Aber es gibt 2013 nicht nur Punkte und Preise zu gewinnen. Auch der Stolz steht auf dem Spiel, vor allem jener von Rossi.

Er hat Yamaha Ende 2010 unter anderem verlassen, weil ihm Lorenzo den Nr.-1-Status abgeluchst hatte und weil der ehrgeizige Spanier immer prominenter und populärer wurde. Rossi dachte, wenn er nach Honda und Yamaha auch mit Ducati gewinnt, macht er sich unsterblich.

Rossi liess tief blicken, als er sich im Sommer zu diesem Thema äusserte. «Meine Gefühle haben sich stark verändert», räumte er ein. «Denn es hat sich auch die Situation verändert. Ich hatte in der Vergangenheit einige Probleme mit Jorge. Aber in erster Linie hat sich mein Ärger gegen Yamaha gerichtet. Ich dachte mir damals: Nach allem, was ich für dieses Werk geleistet habe, hätten sie mir nicht einen so starken Teamgefährten vor die Nase setzen müssen. Ich war mehr verärgert über Yamaha als über Jorge, das gebe ich ehrlich zu. Jetzt hat sich alles geändert. Jetzt ist mir bewusst: Aus der Sicht eines Motorradwerks hat Yamaha damals alles richtig gemacht.»

Aber zwischen Lorenzo und Rossi wird es nie eine völlig harmonische Zusammenarbeit geben. Zu viel böses Blut hat es gegeben. Und die Yamaha-Manager ahnen, dass die Box und die Hospitality in den nächsten zwei Jahren kein Schauplatz für den Austausch von Herzlichkeiten und Zärtlichkeiten sein wird.

Wenn wir an die Vergangenheit denken, dann wird es für das Yamaha-Management eine unüberwindliche Hürde sein, das Konfliktpotenzial zwischen Lorenzo und Rossi unter Kontrolle zu halten. Es wäre wohl einfacher, mit einem Esel das Grand National Steeple Chase zu gewinnen.

Oberschiedsrichter wird bei dieser Auseinandersetzung wie in der Vergangenheit Yamaha-Rennchef Lin Jarvis sein. Er weiss, dass die neue Situation Sprengkraft entfalten kann. «Aber wir haben Erfahrung darin, wie man zwei grosse Stars in einem Team managt», erklärte er. «Und wir wissen, dass diese keine einfache Aufgabe ist. Aber die beiden sind etwas älter geworden. Ausserdem treffen wir auf ein anderes Szenario als in der Vergangenheit. Valentino war der etablierte König in der MotoGP. Jorge ist als jungen Prinz zu uns gestossen. Er wollte ihn vom Thron stossen. Diese Absicht hat zweifelsohne gewaltige Irritationen ausgelöst. Jetzt ist es ganz anders. Jorge ist die Nummer 1 auf der Welt. Er hat in den letzten drei Jahren zwei WM-Titel gewonnen. Die Vorzeichen haben sich gedreht. Valentino ist kein junger Thronräuber mehr. Er ist ein etablierter Star, der zu Yamaha zurückkehrt und bei uns zeigen will, dass er einen weitere Meisterschaft und weitere Rennen gewinnen kann. Diesmal wird also bei uns eine andere Chemie herrschen. Natürlich rechnen wir mit einigen Problemen. Wir werden den einen oder anderen Zwist lösen müssen. Denn wir bewegen uns auf dem höchsten Level der Konkurrenzfähigkeit. Ausserdem stehen beide Fahrer unter Strom. Beide werden um Siege fighten. Das wird manchmal zu Problemen führen. Wir werden uns mit ihnen auseinandersetzen und sie gemeinsam lösen.»

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