KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Sieger Calvin Vlaanderen: Kam er aus dem Nichts?

Von Thoralf Abgarjan
Mit seinem ersten MXGP-Sieg in Riola Sardo schlug Calvin Vlaanderen ein neues Kapitel in seiner Karriere auf und schrieb auch ein Stück Motocross-Geschichte. Kam dieser Erfolg wirklich aus dem Nichts?

Calvin Vlaanderen vom privaten Team 'Gebben van Venrooy' hat den Goßen Preis von Sardinien gewonnen. Außer WM-Leader Tim Gajser hat in dieser Saison bisher nur GASGAS-Werksfahrer Jorge Prado einen Grand-Prix-Sieg erringen können. Vlaanderen ist damit Sieger Nummer 3.

Was diesen Triumph so beeindruckend macht: Vlaanderen ist nicht auf Werksmaterial unterwegs. Für das privat geführte Team 'Gebben van Venrooy' war es ebenfalls der erste Grand-Prix-Sieg überhaupt.

Über die plötzliche Performance des südafrikanischen Niederländers haben sich viele gewundert. Aber kam dieser Triumph wirklich so überraschend?

Zunächst wollen wir die Frage klären, ob Vlaanderen Niederländer oder Südafrikaner ist. Calvin wurde am 24. Juni 1996 im südafrikanischen Port Elizabeth geboren. Nach Europa, genauer gesagt nach Holland, kam er als Teenager, wo sein Talent sehr schnell auffiel. Seit 2014 ist er Motocross-Profi und musste als solcher naturgemäß viel reisen, was mit südafrikanischem Pass bedeutete, sich ständig um Einreisevisa zu kümmern. Also nahm er die niederländische und damit europäische Staatsangehörigkeit an, um die Reisebürokratie zu vereinfachen. 2018 und 2019 trat er dann auch für die niederländische Nationalmannschaft beim Motocross der Nationen an und holte 2019 zusammen mit Jeffrey Herlings und Glenn Coldenhoff die begehrte Chamberlain-Trophy, die Mannschafts-WM!

Ende 2019 wechselte er aus der MX2, wo er für HRC startete, in die MXGP. Einen Platz in einem Werksteam fand er jedoch nicht. Entsprechend schwer tat er sich. Schon während seiner MX2-Zeit wurde er immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen: Gebrochenes Wadenbein in Loket 2019, Hüftprobleme 2020, Kreuzband-OP 2021...

Die Saison 2022 begann für Vlaanderen durchwachsen. In Matterley und Mantova war er außerhalb der Top-10, nach Argentinien ist das Team gar nicht erst angereist. Aber in Portugal holte er prompt 28 Punkte. Dann folgte ein brutaler Abflug in Trentino. Seine Yamaha war schrottreif, er überstand den Crash halbwegs unbeschadet. In Maggiora vor einer Woche knallte Vlaanderen seinen ersten Holeshot raus und beendete den Tag auf Grand-Prix-Rang 4.

An den Wochenenden zwischen den WM-Rennen trat Vlaanderen zu den Dutch Masters an und übernahm dort sogar klar die Führung. Schon dort setzte er sich regelmäßig gegen Yamaha-Werksfahrer Glenn Coldenhoff und Husqvarna Werksfahrer Brian Bogers durch und übernahm das Redplate des Meisterschaftsführenden.

In der WM konnte Vlaanderen sein Potenzial bislang nicht zu 100 Prozent umsetzen. Aber dass er das Zeug dazu hat, konnte man bei den Dutch Masters bereits deutlich erkennen, denn sowohl Coldenhoff als auch Bogers sind in der WM als Podiumskandidaten.

Vlaanderens Sieg in Riola hat noch eine weitere Facette: Er ließ alle drei Yamaha-Werksfahrer klar hinter sich. Das zeigt: Im Motocross gewinnt in erster Linie immer noch der Fahrer, nicht das Motorrad. Vlaanderens Sieg in Riola war eine Sternstunde des Sports!

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