Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Wie Jeremy Seewer (Yamaha) zu seinem Vornamen kam

Von Thoralf Abgarjan
Mehr als 25 Jahre meinte Jeremy Seewer, dass sein Name von Supercross-Legende Jeremy McGrath inspiriert sei. Erst vor Kurzem erklärte Vater René Seewer, woher der Name Jeremy in Wirklichkeit kommt.

Am Montag nach seinem Triumph von Loket feierte Jeremy Seewer seinen 28. Geburtstag. Mit seinem zweiten Grand-Prix-Sieg in dieser Saison konnte der Schweizer am letzten Sonntag gleich in seinen Geburtstag hinein feiern.

Im Mai 2020 erklärte Jeremy Seewer im Interview der Woche mit SPEEDWEEK.com, wie er zu seinem Vornamen kam: «Mein Dad war Fan der amerikanischen Supercrossrennen. Mein Name Jeremy hat ganz klar mit Jeremy McGrath zu tun. Er war sein Idol, und so kam ich zu meinem Namen Jeremy

Erst in diesem Jahr stellte sich diese These als Irrtum heraus, denn eigentlich wissen es ja nur die Eltern, wie sie auf den Namen des Sohnes kamen. Also fragte ich Vater René, wie Jeremy zu seinem Vornamen kam und musste erstaunt feststellen, dass er nicht von Jeremy McGrath inspiriert wurde, sondern von dem britischen Suzuki-Werksfahrer Jeremy Whatley, der in den1980er Jahren in der Motocross-WM fuhr.

1989 gewann Jeremy Whatley den Schweizer Grand-Prix in Payerne. Die WM in jener Zeit war geprägt von Protagonisten wie Jean-Michel Bayle, Pekka Vehkonen, John van den Berk und vielen anderen Größen des Sports, wie z.B. auch Roland Diepold, Broc Glover oder auch Colin Dugmore, gegen die sich Jeremy Whatley behaupten musste.

«Da habe ich ihn erst einmal aufklären müssen», erklärte René, vermutlich hatte er das Interview der Woche gesehen. «Es war Jeremy Whatley. Der Name gefällt mir sowieso. Es ist ein schön klingender Name.»

Wenn René Seewer im Grand-Prix-Paddock auftaucht, hält er sich dezent zurück. «Ich bin als Werkstattleiter einer Straßenbaufirma voll berufstätig und wenn ich zu den Rennen fahre, dann ist das mein Urlaub. Ich habe immer gute Chefs gehabt, die mir die Freiheit gegeben haben, den Sport zu betreiben.»

Angesprochen auf den Zwischenfall mit Jorge Prado in Ernée meinte René: «Ich rechne es Prado hoch an, dass er sich für das Manöver entschuldigt hat, weil er die Linie gewechselt hatte. Man kennt ja Prado. Der hält da voll rein.»

Das Interview fand übrigens am Freitag vor dem Deutschland-Grand-Prix statt, als noch niemand wissen konnte, dass Jeremy Seewer den zweiten Lauf mit einer souveränen Leistung gewinnen würde. Für Familie Seewer ist der deutsche WM-Lauf schon beinahe ein Heimrennen geworden: «Wir sind ja sportlich hier in Deutschland in der ADAC MX Masters Serie aufgewachsen», erklärt René. «Deutschland ist unsere zweite Heimat.»

Bis 1984 ist René Seewer selbst aktiv Motocross gefahren. «Ich bin in der Schweizer Meisterschaft gefahren und 1983 und 84 bin ich auch in der WM gestartet, besser gesagt, versuchten wir uns zu qualifizieren. In der Schweiz konnte ich mich zweimal für einen WM-Lauf qualifizieren.»

René Seewer hat den Sport stets als Amateur betrieben. «Ich habe immer voll gearbeitet und als wir mit Jeremy anfingen, haben wir versucht, die Fehler, die wir gemacht haben, nicht zu wiederholen.» 

Wenn René in der Hospitality des Yamaha-Werksteams sitzt, ist er also nicht in offizieller Mission unterwegs: «Ich habe 6 Wochen Urlaub, diese Zeit reicht, um zu den Rennen zu fahren.» Allerdings verriet mir René, dass er sich neben der Betreuung von Jeremy noch eine weitere Aufgabe gesucht hat: «Durch einen Zufall bin ich zum Elektromaschinenhersteller Makita gekommen und versorge die Teams mit Werkzeugen. Dadurch habe ich auch sehr gute Verhältnisse mit allen Teams. Ich brauche etwas Beschäftigung und muss immer etwas zu tun haben. In die Angelegenheiten mit Jeremy und dem Team mische ich mich nicht ein.»

Das Problem der Väter mit den Teams im professionellen Sport ist ein allgemeines Dauerthema, nicht aber bei Familie Seewer: «Irgendwann kam der Zeitpunkt, dass ich das selbst im Kopf nicht mehr nachvollziehen konnte, ob und wie man diesen oder jenen Sprung nehmen kann. Ab diesem Zeitpunkt habe ich mir gesagt: Da brauchst du überhaupt nicht mehr reinzureden. Das musst du merken.»

Die große Stärke von Jeremy Seewer ist seine schnelle Lernfähigkeit, eine Eigenschaft, die auch Fahrer wie Ken Roczen oder Stefan Everts in ihrer Karriere immer wieder unter Beweis gestellt haben. Jeremy Seewer hatte in der Vergangenheit einige heftige Stürze, die glimpflich abgingen, weil er beinahe wie eine Katze abrollen kann und er sich dadurch kaum verletzte. «Wir haben darüber gesprochen, aber nicht extra trainiert. Man muss ihm nicht alles fünfmal eintrichtern, sondern er lernt schnell.»

Das ist vielleicht die wichtigste Fähigkeit, die ihn in diesem Jahr so stark gemacht hat. Inzwischen hat Jeremy Seewer Rang 2 in der WM-Tabelle erreicht und er ist am Montag 28 Jahre alt geworden. Wir wünschen im Namen aller Leser von SPEEDWEEK.com ein gutes neues Lebensjahr für Jeremy Seewer!

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