MotoGP: Marc Marquez verpasst zwei GP

Eine unvergessliche Mitfahrt im Rallye-BMW M3

Kolumne von Friedbert Holz
​Als Pressesprecher von BMW Motorsport gehörte es zu meinen Privilegien, aus nächster Nähe zu erleben, was es heißt, wenn ein Könner wie Francois Chatriot ein Auto an die Grenze der Fahr-Physik bringt.

Manchmal haben Rallyefahrer einfach Glück: So konnte Francois Chatriot 1989, damals 37 Jahre jung, noch nicht ahnen, dass sein Wechsel zum Prodrive-Team des Briten David Richards ihm den Durchbruch in seiner Karriere bringen würde.

Denn mit dem 300 PS starken BMW M3 der ersten Generation, dem bis heute erfolgreichsten Tourenwagen im Motorsport, wurde er auf Anhieb in seinem Heimatland Frankreich zweimal hintereinander Rallyemeister. Er stand 1989 und 1990 ganz oben auf der Punkteliste und sogar zweimal auf dem Siegertreppchen der schweren Rallye Korsika.

Seit 1973 war er mit diversen Rallye-Autos unterwegs gewesen, 1981 erstmals auch bei der Rallye Monte Carlo, einem Weltmeisterschaftslauf. Er war seit 1982 Werksfahrer bei Renault auf einem R5 Turbo, hatte 1986 die letzte Auflage der legendären Tour de France für Automobile gewonnen und schaute sich nun nach einem neuen Engagement um – denn sein französischer Arbeitgeber hatte mit dem Rallyesport aufgehört.

Nun kam Prodrive ins Spiel, und sie verpflichteten den etwas spröden und nicht sehr gesprächigen, dafür aber umso schnelleren Franzosen 1988 für ihr Team.

Das bedeutete natürlich, dass er sich an sein völlig neues Arbeitsgerät, den BMW M3, gewöhnen musste. Zu diesen Fahrten in der Nähe von Nizza, auf extrem winkligen Straßen in den französischen Seealpen, hatte Teamchef David Richards auch einige internationale Fachjournalisten geladen.

Sie sollten, da dies der erste große Rallye-Auftritt der Münchner Marke nach vielen Jahren Schotter-Abstinenz war, einen Eindruck davon bekommen, was ein Könner mit einem solchen Auto anstellen konnte.

Auch ich begleitete zwei deutsche Schreiber zu diesem Termin, und so wartete eines Tages ein jungfräulich weißer M3, ein so genannter Trainings-Muletto, als Rallye-Taxi auf mutige Mitfahrer bei Francois Chatriot.

Erst später, in der Saison 1989, sollte das Auto dann seine rot-weiße Motul-/Bastos-Lackierung bekommen, die für einen französischen Schmierstoffhersteller sowie für eine spanische Zigarettenmarke warb.

Ein Journalist nach dem anderen nahm nun bei Chatriot auf dem heißen Sitz als Beifahrer Platz, entschwand für rund eine Viertelstunde mit ihm.

Die Reaktionen der Mitfahrer bei ihrer Rückkehr waren sehr unterschiedlich, reichten von breitem Grinsen über ein cooles Poker-Face bis hin zu etwas bleichem Gesichtsausdruck. So wusste ich selbst nicht, was mich erwartete, denn Teamchef David Richards meinte nun, ich sollte doch auch mal einsteigen …
Was jetzt kam, war nicht meine erste Mitfahr-Erfahrung: Ich saß schon bei Clemens Schickentanz im Gruppe-5-Ford Capri in Hockenheim, wurde von Rallyestar Ari Vatanen im Renn-Escort über eine Schotter-Piste geprügelt und kauerte mich in Monza neben Roberto Ravaglia in den Renn-M3.

Aber das Erlebnis mit Francois Chatriot stellte alles in den Schatten.

Erst, auf dem harmloseren Teil der Strecke, ging es etwas bergauf, auf einer Asphalt-Straße, gerade so breit wie der BMW, rechts standen Felsen im Minimal-Abstand zum Außenspiegel, links gähnte der Abgrund. Alles war noch gut, denn Chatriot zirkelte das laut brüllende Gefährt sehr zügig, aber kontrolliert nach oben, der Fahrtfluss wurde nur unterbrochen durch harte Schaltrucke.

Doch ich sollte den Tag nicht vor der Rückfahrt loben.

Denn nun ging’s bergab, in einem nicht minder rasanten Tempo, meine sämtlichen Nerven-Ganglien standen in Hab-acht-Position, nicht ahnend, was es jetzt zu verarbeiten galt.

Zwar war der M3 mit geschnittenen Slicks bereift, was ich vor der Abfahrt noch sehen konnte, sehr gut für halbwegs trockene Straßen. Jetzt aber wartete ein Hohlweg auf uns, mit einem starken Gefälle

An dessen Ende, schon von weitem zu sehen, bog die enge Straße nach rechts ab, hier lagen Rollsplit und kleinere Steine. Als ehemaliger Reifentester war mir klar, dass dies eine Herausforderung für die breiten Socken des BMW werden würde. Also zog ich meinen Gurt noch etwas fester, stemmte mich in die Beifahrer-Sitzschale, suchte mit den Händen Halt im lauten Blechgehäuse.

All dies aber focht meinen Piloten nicht an: Er stach mit brachialem Dampf auf diese Kurve zu, zog kurz an der Handbremse, warf das Auto gekonnt um die – in meinen Augen – kritische Ecke, und gab schon wieder Vollgas.

Obwohl es ein kühler Tag war, schwitzte ich ordentlich unter meinem Helm, merkte, wie immer mehr Adrenalin in meine Venen schoss. Doch endlich, nach weiteren zwei Kilometern, war der wilde Ritt vorbei.

Ich gebe zu, dass meine Knie etwas zitterten, als ich mich aus dem Rallye-Gefährt schälte, eine solche Fahrt würde ich nie vergessen.

Francois Chatriot aber lächelte nur verschmitzt, und diese Freude sollte ihn noch zwei weitere Jahre begleiten, den wohl besten in seiner Karriere.

Zwar gewann er noch einige Rallyes und Eisrennen auf Subaru, Nissan, Toyota und Peugeot, doch der Sieg eines kompletten Championats blieb ihm danach verwehrt, er zog sich 1996 vom Sport zurück.


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