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FIM räumt ein: Hersteller können die Regeln umgehen

Von Ivo Schützbach
FIM-Regelhüter Scott Smart

FIM-Regelhüter Scott Smart

In der am Wochenende in Australien beginnenden Superbike-WM 2018 kommen zum ersten Mal neue technische Regeln zur Anwendung. SBK Technical Director Scott Smart von der FIM erklärt einige Hintergründe.

Für die Saison 2018 haben der Motorrad-Weltverband FIM, Promoter Dorna und die Herstellervereinigung MSMA ein Reglement ausgearbeitet, welches das Feld in mehreren Schritten näher zusammenführen soll.

Im ersten Schritt wurde pro Hersteller eine Maximaldrehzahl festgelegt, welche je nach Erfolg oder Misserfolg alle drei Events (sechs Rennen) um 250/min nach oben oder unten korrigiert werden kann.

Außerdem wird erfolglosen Herstellern im Laufe einer Saison ein Motor-Upgrade zugestanden, während die Entwicklung der Aggregate des besten Herstellers eingefroren wird.

Um einige Details der neuen Regeln zu beleuchten, setzte sich SPEEDWEEK.com mit Scott Smart, dem obersten technischen Regelhüter der FIM für die Superbike-WM, zusammen.

Scott, wie kontrolliert ihr, ob die Maximaldrehzahlen eingehalten werden?

Wir haben zwei Möglichkeiten: Entweder gehen wir mit den Motorrädern auf den Prüfstand, oder wir loggen uns in ihr Steuergerät ein.

Habt ihr die Maximaldrehzahlen bei Kawasaki, Aprilia und Ducati soweit reduziert, damit sie die Möglichkeiten haben sich zu steigern?

Zuerst einmal orientieren sich die Drehzahlen am Serienmodell.

Aber es ist richtig, dass sich die Hersteller so steigern können.

Die Drehzahl für MV Agusta ist höher angesetzt, als deren Motor aktuell dreht.

In wie vielen Schritten kann die Drehzahl 250/min nach oben oder unten verändert werden?

Das haben wir nicht festgelegt. Wir werden erst auf Phillip Island sehen, wo wir mit den neuen Regeln stehen. Wenn sie passen, müssen wir nicht an ihnen herumdoktern.

Vieles wird davon abhängen, wie sich die Serienmotorräder entwickeln. Sollten wir eine Serienmaschine haben die 16.000/min dreht, dann müssen wir die Werte anders festlegen.

Wenn die Rennabteilung eines Herstellers Einfluss auf die Serienproduktion hat, dann können sie die jetzigen Regeln umgehen.

Deshalb haben wir einen Paragraphen ins Reglement geschrieben, der es uns erlaubt einzugreifen, falls nötig. So lange wir nicht genügend Daten haben, müssen wir in dieser frühen Form der Regeln in der Lage sein, anhand des gesunden Menschenverstands Entscheidungen zu treffen und nicht nur nach den Resultaten.

Nehmen wir mal an, dass Jonathan Rea auf Kawasaki die ersten sechs Rennen gewinnt: Was passiert dann?

In unsere Kalkulation fließen die Ergebnisse aller Fahrer eines Herstellers ein, nicht nur die des Besten.

Unser Algorithmus legt fest, welche Ergebnisse zu erwarten sind. Wird Jonathan Erster oder Zweiter, war das zu erwarten. Sind aber andere Kawasaki-Fahrer viel besser als zu erwarten ist, dann ist die Kawasaki überlegen und nach drei Events wird die Drehzahl reduziert. Geschieht das, dann wird auch für den Rest der Saison und den folgenden Winter die Motorentwicklung eingefroren.

Gewinnt Jonathan, ändert sich erst einmal gar nichts.

Wie verhält es sich mit den Concession-Parts, den erlaubten Tuning-Teilen im Fall von Misserfolg?

Jeder Hersteller gibt uns eine Liste mit Concession-Parts. Diese Liste kann er laufend aktualisieren. Kommt ein Hersteller an den Punkt, an dem er seine Motoren updaten darf, dann kann er die aktuellsten Teile verwenden. Das ist einmal pro Saison erlaubt, liegt ein Hersteller weit genug hinten. Concession-Parts bedeuten nichts anderes als eine neue Motorspezifikation.

Wenn es einem Hersteller erlaubt wird die Concession-Parts zu benützen, dann reden wir von einer großen Investition, die es ihm erlauben wird einen großen Schritt nach vorne zu machen.

Mischt ein Hersteller vorne mit, benützen wir die erlaubte Drehzahl als Mittel der Feinjustierung, um noch mehr Gleichheit zu schaffen.

Es gibt eine Reihe Teams, die es mit den neuen Regeln weiter nach vorne schaffen sollten. Privatteams profitieren mehr als Herstellerteams, weil ein Privatteam sonst nie in der Lage wäre, Motoren mit der gleichen Drehzahl wie ein Werksteam zu bauen.

Privatteams haben jetzt auch Zugriff auf viele Teile der Werksteams. Und sie wissen, dass diese Teile haltbar sind. Sie müssen nicht mehr selber Teile entwickeln und kostspielig testen.

Glaubst du nicht, dass ein Hersteller wie MV Agusta, der außer mit der einen Maschine in der Superbike-WM in keiner anderen Meisterschaft vertreten ist, die bestmögliche Elektronik einsetzt, ohne Rücksicht auf den Kostendeckel? Ihr könnt ja nicht kontrollieren, was ihr Paket wirklich kostet.

In der Theorie ist das so. Dabei reden wir aber nur über die Software, MV Agusta benützt das gleiche elektronische Steuergerät von Magneti Marelli wie Ducati, Kawasaki und Yamaha.

Falls sich die neuen Regeln bewähren, ist dann die Einheitselektronik ab 2019 noch nötig? BMW und Aprilia haben Eigenentwicklungen, Honda arbeitet im Red-Bull-Team mit Cosworth. Die Elektronik ist eines der letzten Entwicklungsfelder für die Hersteller und vor allem für BMW ein wichtiger Grund Superbike-WM zu fahren.

Die Idee mit der Einheitselektronik ist noch nicht tot, wir werden sie aber nicht vor Mitte dieser Saison treffen. Es gibt gewichtige Argumente der Hersteller, keine Einheitselektronik einzuführen.

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