Entsetzen bei Yamaha: Gerloff räumte Razgatlioglu ab

Von Ivo Schützbach
Zum wiederholten Mal sorgt Garrett Gerloff für Schlagzeilen, indem er einen Gegner ins Aus beförderte. In Assen erwischte es ausgerechnet Yamaha-Kollege Toprak Razgatlioglu, einen der Titelanwärter in der Superbike-WM.

Das Sündenregister von Garrett Gerloff wird immer länger, inzwischen halten seine Gegner mit ihrer Meinung nicht mehr hinter dem Berg und kritisieren ihn öffentlich.

Der 25-Jährige gehört zu den größten Superbike-Talenten, wie seine fünf Podestplätze und der sechste Gesamtrang in seiner erst zweiten WM-Saison belegen.

Garrett gehört außerdem zu den freundlichsten, höflichsten und zuvorkommendsten Fahrern. Doch auf der Strecke fackelt er nicht lange, wenn er eine Lücke sieht. So aggressiv und kompromisslos wie er agieren nur wenige im Superbike-Feld.

In Assen war er zum vierten Mal in seiner kurzen WM-Karriere in einen Vorfall verwickelt, der bei seinen Gegnern für Kopfschütteln bis Wut sorgte. Vom achten Platz auf dem Grid hatte er einen hervorragenden Start ins zweite Hauptrennen und bog neben seinem Yamaha-Kollegen Toprak Razgatlioglu an der Spitze liegend in die erste Kurve ein. Gerloff war an der Innenlinie, Toprak kam von außen, beide bremsten ultraspät. Es kam zur Kollision, Toprak rutschte aus und überschlug sich im Kiesbett.

Der Türke kam mit zwei Punkten Vorsprung auf Jonathan Rea als WM-Leader nach Assen; nach drei Siegen des Nordiren in Drenthe hat Razgatlioglu jetzt als Gesamtzweiter 37 Punkte Rückstand!

Gerloff, der für diese Aktion eine Durchfahrtsstrafe erhielt, verweigerte nach dem Rennen jegliche Aussage und ging den Medien aus dem Weg. Razgatlioglu war so frustriert, dass er augenblicklich zusammenpackte und die Rennstrecke Richtung Flughafen Amsterdam verließ.

Weltmeister Rea sah den Vorfall aus der ersten Reihe. «Aber alles geschah so schnell, dass ich mir keine Meinung dazu erlauben möchte», meinte der 107-fache Laufsieger. «Ich hatte genug mit mir selbst zu tun. Ich sah Garrett nicht kommen, ich sah aber die Folgen, wie Toprak nach außen rutschte. Rinaldi war innen von mir und fuhr eine weite Linie, weil er ahnte, was passieren würde. Ich war außen neben ihm und konnte nirgends sonst hin.»

Dann ließ er sich doch noch einen Kommentar zu Gerloff entlocken. «Ich bin mir sicher, dass er sich wegen des Vorfalls schlecht fühlt», bemerkte Rea. «Das war offensichtlich ein Fehler, es gibt so viele Jungs, die in der ersten Runde ruhiger werden müssen. Ein Rennen geht über 21 Runden. Okay, in den ersten drei Kurven kannst du um deine Position kämpfen. Aber ein Rennen wird in den letzten und nicht den ersten drei Runden entschieden. Ich bin mir sicher, dass er enttäuscht ist, es ist nicht nett, jemanden so anzugreifen. Ich war auch schon davon betroffen. Man kann einen Fehler ein- oder zweimal machen, aber nicht mehrfach wiederholen. Aber so ist Racing. Unglücklicherweise gibt es sehr viele aggressive Jungs. Sie denken nicht über ein Überholmanöver nach, sie machen es einfach. Schau dir Toprak und Rinaldi am Morgen im Sprintrennen an. Es gibt Fahrer, die geben nicht einen Zentimeter nach. Wenn du mit ihnen Rennen fahren willst, musst du cleverer sein. Oder genauso aggressiv zurückschlagen. Mir tut es leid für Toprak, dass er das Opfer war.»

Im Oktober 2020 sah Gerloff in Magny-Cours in der ersten Kurve eine Lücke wo keine war und beförderte die BMW-Piloten Tom Sykes und Eugene Laverty ins Kiesbett.

Eine ähnliche Aktion erlebten wir im zweiten Hauptrennen in Aragon Ende Mai, als sich der Texaner in der dritten Runde am führenden Rea innen vorbeipressen wollte – auch dieses Mal war kein Platz für ihn. Glück für Rea: Er rumpelte ohne negativen Einfluss auf sein Ergebnis durchs Kiesbett, während Gerloff stürzte und trotzdem noch Siebter wurde.

In Estoril krachte Gerloff Ducati-Werksfahrer Michael Ruben Rinaldi vor Kurve 6 ins Heck, beide Fahrer stürzten spektakulär. Dieses Mal zeigte das FIM WorldSBK Stewards Panel keine Gnade und brummte dem Amerikaner eine harte Strafe auf: Das erste Hauptrennen in Misano musste er aus der Boxengasse starten.

Mit seiner Assen-Strafe kam er vergleichsweise glimpflich davon, Gerloff brachte sich aber zum wiederholten Mal selbst um ein sehr gutes Resultat.

Ergebnis Superbike-WM, Assen, Lauf 2
Pos Fahrer Motorrad Zeit/Diff
1. Jonathan Rea Kawasaki 33:27,685 min
2. Scott Redding Ducati + 1,605 sec
3. Andrea Locatelli Yamaha + 3,431
4. Chaz Davies Ducati + 8,695
5. Alvaro Bautista Honda + 9,584
6. Michael vd Mark BMW + 12,691
7. Alex Lowes Kawasaki + 12,992
8. Michael Rinaldi Ducati + 13,752
9. Axel Bassani Ducati + 19,087
10. Leon Haslam Honda + 19,629
11. Tito Rabat Ducati + 20,974
12. Kohta Nozane Yamaha + 34,615
13. Leandro Mercado Honda + 35,640
14. Isaac Vinales Kawasaki + 38,917
15. Tom Sykes BMW + 47,840
16. Andrea Mantovani Kawasaki + 56,387
17. Loris Cresson Kawasaki > 1 min
Out Garrett Gerloff Yamaha > 1 min
Out Toprak Razgatlioglu Yamaha > 1 min

 

Stand Superbike-WM 2021 nach Assen
Pos Fahrer Motorrad Punkte
1. Jonathan Rea Kawasaki 243
2. Toprak Razgatlioglu Yamaha 206
3. Scott Redding Ducati 162
4. Alex Lowes Kawasaki 127
5. Michael Rinaldi Ducati 111
6. Garrett Gerloff Yamaha 105
7. Michael vd Mark BMW 104
8. Tom Sykes BMW 102
9. Chaz Davies Ducati 85
10. Andrea Locatelli Yamaha 84
11. Alvaro Bautista Honda 68
12. Axel Bassani Ducati 60
13. Leon Haslam Honda 55
14. Lucas Mahias Kawasaki 36
15. Tito Rabat Ducati 23
16. Kohta Nozane Yamaha 21
17. Isaac Vinales Kawasaki 15
18. Eugene Laverty BMW 14
19. Jonas Folger BMW 8
20. Leandro Mercado Honda 7
21. Loris Cresson Kawasaki 3
22. Luke Mossey Kawasaki 2
23. Andrea Mantovani Kawasaki 2
24. Christophe Ponsson Yamaha 1

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