KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Toprak Razgatlioglu (BMW): «Hätten gewinnen müssen»

Von Ivo Schützbach
Barni-Ducati-Ersatzfahrer Nicholas Spinelli hatte das Glück des Tüchtigen und gewann das erste Rennen der Superbike-WM in Assen. Ohne Abbruch hätten Toprak Razgatlioglu und Alvaro Bautista den Sieg unter sich ausgemacht.

Das erste Superbike-Rennen in Assen war an Dramatik kaum zu überbieten. Auf abtrocknender Strecke entschieden sich sämtliche Piloten bis auf Nicholas Spinelli für Slick-Hinterreifen, nur der Ersatzmann des verletzten Danilo Petrucci setzte auf Intermediates.

Gerade, als zwei Drittel der Renndistanz absolviert waren, rollte Yamaha-Werksfahrer Andrea Locatelli mit Motorschaden aus und versprühte Öl auf dem TT Circuit. Die Rennleitung brach ab, der führende Spinelli aus dem Team Barni Spark Ducati wurde sensationell als Sieger gewertet und Toprak Razgatlioglu (ROKiT BMW) sowie Alvaro Bautista (Aruba.it Ducati) stiegen neben ihm aufs Podium.

Spinelli hätte im letzten Renndrittel mit den Intermediate-Reifen keine Chance gehabt und wäre bis ungefähr auf den zehnten Platz durchgereicht worden. Für Razgatlioglu war damit klar, dass er nicht den zweiten Platz gewonnen, sondern den ersten verloren hat.

«Ich bin nicht glücklich», unterstrich der Türke, der BMW den ersten Podestplatz in Assen bescherte. «Ich hatte Glück und Pech in einem. Hätte ich Alvaro nicht in der letzten Kurve überholt, wäre ich nicht als Zweiter gewertet worden. Und wären die roten Flaggen eine Runde später geschwenkt worden, hätte ich gewonnen. Das war ein seltsames Rennen. In den ersten Runden haben alle eine gute Linie gesucht, ich blieb ruhig und schaute mir an, was die anderen tun. Wir haben zusammen mit BMW wieder gute Arbeit geleistet, normal hätten wir gewinnen müssen. Aber Abbrüche gehören zum Rennsport, am Sonntag haben wir zwei weitere Chancen. Dann werde ich erneut versuchen, zum ersten Mal in Assen zu gewinnen.»

Toprak war sich seiner Reifenwahl sehr sicher, obwohl die Strecke zu Rennbeginn am Samstag um 14 Uhr teilweise nass war. «Ich habe mir die Wolken angeschaut, hinter der Strecke war der Himmel klar», schilderte er die entscheidenden Minuten vor dem Start. «Ein paar Wolken waren noch da, die standen aber hoch am Himmel – normal regnet es dann nicht. Im Rennen regnete es nach ein paar Runden im Sektor 2 und 3 kurz leicht, später war es nur noch im Sektor 1 nass und der Rest der Strecke trocken.»

Das unvorhersehbare Rennergebnis sorgte dafür, dass in der Gesamtwertung die Spitze noch enger zusammenrückte. Der Stand nach sieben Läufen: Nicolo Bulega (Ducati) führt jetzt mit 92 Punkten, Bautista und Razgatlioglu sind mit 91 Zählern Zweiter und Dritter.

Seinen Kampf mit Alvaro beschrieb Toprak in kleiner Medienrunde so: «Für uns gab es keinen Grund, in jeder Kurve anzugreifen. Wir wussten, dass Spinelli mit Intermediates fuhr. Ich habe ihn am Anfang nur zwei Kurven lang gesehen, er hatte einen Vorsprung bis nach Amsterdam. Wir holten jede Runde einige Sekunden auf ihn auf, eine Runde später und ich hätte vielleicht gewonnen. Weder BMW noch ich haben hier jemals gewonnen, deshalb ist das ein sehr spezielles Wochenende für mich.»

Was ging ihm durch den Kopf, als er die roten Flaggen sah? «Im ersten Moment war ich wütend», gab die Nummer 1 von BMW zu. «Aber so ist der Rennsport, ich freue mich für ihn. Er hat mit Intermediates eine sehr gute Leistung gezeigt, aber das war ein Wagnis. Slicks waren die richtige Wahl, keiner hatte dabei an einen Abbruch gedacht. Der Abbruch war keine einfache Entscheidung. Hätten die Offiziellen länger gewartet, wären vielleicht Fahrer gestürzt, das verstehe ich. Aber der Abbruch hätte eine Runde später kommen können…»

Ergebnis Superbike-WM Assen, Rennen 1:
Pos Fahrer Motorrad Diff
1. Nicholas Spinelli (I) Ducati
2. Toprak Razgatlioglu (TR) BMW + 3,205 sec
3. Alvaro Bautista (E) Ducati + 3,392
4. Remy Gardner (AUS) Yamaha + 5,989
5. Alex Lowes (GB) Kawasaki + 6,256
6. Jonathan Rea (GB) Yamaha + 6,361
7. Michael vd Mark (NL) BMW + 6,474
8. Scott Redding (GB) BMW + 12,289
9. Axel Bassani (I) Kawasaki + 12,013
10. Xavi Vierge (E) Honda + 17,794
11. Nicolò Bulega (I) Ducati + 25,271
12. Andrea Locatelli (I) Yamaha + 40,632
13. Dominique Aegerter (CH) Yamaha + 57,577
14. Tarran Mackenzie (GB) Honda + > 1 min
15. Bradley Ray (GB) Yamaha +1 Rd.
16. Garrett Gerloff (USA) BMW + 1 Rd.
17. Adam Norrodin (MAL) Honda + 1 Rd.
18. Philipp Öttl (D) Yamaha + 2 Rd.
19. Sam Lowes (GB) Ducati + 3 Rd.
- Michael Rinaldi (I) Ducati  
- Tito Rabat (E) Kawasaki  
- Andrea Iannone (I) Ducati  
Superbike-WM 2024: Stand nach 7 von 36 Rennen
Pos Fahrer Motorrad Punkte
1. Nicolò Bulega (I) Ducati 92
2. Alvaro Bautista (E) Ducati 91
3. Toprak Razgatlioglu (TR) BMW 91
4. Alex Lowes (GB) Kawasaki 86
5. Andrea Iannone (I) Ducati 51
6. Andrea Locatelli (I) Yamaha 49
7. Michael vd Mark (NL) BMW 49
8. Danilo Petrucci (I) Ducati 47
9. Dominique Aegerter (CH) Yamaha 37
10. Remy Gardner (AUS) Yamaha 32
11. Nicholas Spinelli (I) Ducati 25
12. Garrett Gerloff (USA) BMW 25
13. Axel Bassani (I) Kawasaki 22
14. Xavi Vierge (E) Honda 19
15. Jonathan Rea (GB) Yamaha 18
16. Michael Rinaldi (I) Ducati 18
17. Sam Lowes (GB) Ducati 18
18. Scott Redding (GB) BMW 18
19. Iker Lecuona (E) Honda 3
20. Philipp Öttl (D) Yamaha 2
21. Bradley Ray (GB) Yamaha 2
22. Tarran Mackenzie (GB) Honda 2
23. Tito Rabat (E) Kawasaki 1

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