Johnny Rea wundert sich: Wie machte Razgatlioglu das?
Ein seltenes Bild in diesem Jahr: Johnny Rea (li.) zusammen mit Toprak bei der Siegerehrung nach der Superpole in Assen
Bei der dritten Veranstaltung in Assen holte Jonathan Rea nach der Pole mit den Positionen 5 im Sprint und 6 im ersten Hauptrennen seine besten Saisonergebnisse. Entsprechend optimistisch waren der Nordire und das Yamaha-Werksteam vor den Rennen in Misano, die vorangegangenen Tests in Cremona und Misano liefen ebenfalls vielversprechend.
Doch die Rennen an der Adria wurden der nächste Reinfall. Im Qualifying strandete Rea auf Startplatz 15, das erste Rennen beendete er im Kiesbett. In den anderen beiden Läufen wurde der Rekordchampion Achter und Zehnter. Gesamt hat er nach dem ersten Saisondrittel lediglich 31 Punkte auf dem Konto und ist als 14. der schlechteste der vier Yamaha-Fahrer mit einer Werksmaschine. Pata-Teamkollege Andrea Locatelli (94 Punkte) ist Fünfter, die GRT-Piloten Remy Gardner (72) und Domi Aegerter (46) sind Siebter und Zehnter.
Seit Monaten forschen Rea, seine Crew und Yamaha intensiv, weshalb die guten Ergebnisse ausbleiben und was schiefläuft. Die R1 ist gegenüber Ducati und BMW technisch ins Hintertreffen geraten, im Topspeed hat sie auch gegen die Honda keine Chance. Einen Vorteil hat die Yamaha im hohen Kurvenspeed, «den brauchen wir auch, um die Geschwindigkeit auf die Gerade mitnehmen zu können», erklärte Johnny. «Sobald der Grip nachlässt, und wir unseren Vorteil in Schräglage nicht mehr haben, lässt sich nicht mehr viel machen. Dann muss man mehr Stop-and-go fahren, wir haben aber weder die gleiche Beschleunigung noch den gleichen Topspeed wie die anderen. Lässt der Grip nach, ist es schwieriger für mich, konkurrenzfähig zu sein.»
Bedenklich: Seit 2021 hat nur ein Yamaha-Fahrer Rennen gewonnen – der jetzt bei BMW unter Vertrag stehende WM-Leader und Champion von 2021, Toprak Razgatlioglu.
Was hat der Türke anders gemacht, um trotz der Nachteile erfolgreich sein zu können?
«Das ist schwer zu beantworten», grübelte Rea im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Er konnte das Motorrad immer am Limit fahren, in jeder Kurve. Man muss aber sehen, dass auf bestimmten Strecken auch Locatelli mit der Yamaha sehr schnell ist. In Aragon war er sogar besser als Toprak. Es ist in meinen Augen etwas unfair den anderen Yamaha-Fahrern gegenüber, wenn man sagt, Toprak wäre der Einzige. Wenn ich mir die Daten anschaue, dann bevorzuge ich eine Abstimmung, die relativ nahe an seiner ist. Aber was machte er wirklich anders?»
«Der Wettbewerb wurde intensiver, die Rundenzeiten schneller», hielt der 119-fache Laufsieger fest. «Ich bin noch nicht angekommen – das Limit, um Rennen zu gewinnen, hat sich verschoben. Wie es aussieht, hat Toprak das Limit sogar noch weiter verschoben, wo er jetzt ist. Für uns ist es schwer in Zahlen zu fassen, wie er letztes Jahr bei Yamaha den Unterschied ausmachte. Ein Punkt ist für mich, dass er seine Leistung Runde für Runde besser wiederholen konnte, als das bei den anderen Fahrern der Fall war.»