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Toprak: «Dann hätte ich die Meisterschaft verloren»

Von Ivo Schützbach
Als Toprak Razgatlioglu in Magny-Cours stürzte und sich eine Lungenverletzung zuzog, hätte das fatal enden können. Sechs Wochen später steht der Türke vor dem Gewinn seiner zweiten Superbike-Weltmeisterschaft.

Wir haben die Schreckensbilder aus Frankreich noch vor Augen: Am 6. September lag Toprak Razgatlioglu in seiner ersten fliegenden Runde im FP2 unfassbare 0,5 sec vorne, als ihm in der schnellen Linkskurve 13 das Vorderrad wegrutschte. Während sein Bike in Fahrtrichtung nach links wegrutschte, ging es für den 27-Jährigen geradeaus. Weil die folgende Rechtskurve mehr als 90 Grad abbiegt, ist dort eine Mauer errichtet, um zu verhindern, dass trudelnde Bikes von Gestürzten in andere Fahrer krachen. Von dieser Mauer erwischte Razgatlioglu das Ende zum Kurvenscheitel hin, dort waren lediglich Autoreifen als Schutz angebracht. Toprak krachte mit dem Rücken in den Reifenstapel.

«Hätte ich mein Motorrad eine Sekunde länger halten können, hätte ich die Mauer vielleicht nicht getroffen», überlegte der 56-fache Laufsieger. «Ich trudelte auf die Mauer zu und bereitete mich auf den Aufprall vor. Der Airbag von Dainese hat unbegreiflich gut funktioniert. Ohne Airbag zu fahren ist aus heutiger Sicht unglaublich riskant. Ohne wäre ich vielleicht nicht mehr hier

Vor den Rennen in Magny-Cours lag Toprak in der Gesamtwertung beruhigende 92 Punkte voraus. Bei dem Crash kam er mit einem Pneumothorax vergleichsweise glimpflich davon, davon spricht man, wenn sich Luft im Pleuraspalt zwischen Lunge und Brustkorb sammelt.

Weil es gegen so eine Verletzung keine Therapie gibt, die Luft muss von allein aus dem Brustkorb entweichen, blieb der Galionsfigur von BMW nichts anderes übrig, als abzuwarten. Nachdem er die Rennen auf dem Circuit de Nevers verpasst hatte, fehlte er auch bei der SBK-Premiere in Cremona.

Vor Aragon war der Vorsprung in der Gesamtwertung auf 13 Punkte gegenüber Nicolo Bulega (Ducati) geschrumpft, seither hat Razgatlioglu vier zweite Plätze und zwei Siege errungen. Das ergibt vor dem Finale in Jerez am kommenden Wochenende ein Polster von 46 Zähler auf den Italiener.

«Hätte ich in Aragon nicht fahren können, hätte ich die Meisterschaft verloren, das ist mir klar», erzählte Toprak SPEEDWEEK.com. «Ich hatte versucht, bereits in Italien zu fahren, war aber nicht ganz auf der Höhe. Vor meinem Sturz sah es so aus, als hätte ich alles unter Kontrolle, als wäre es bereits gelaufen und ich Weltmeister. Nach dem Sturz wurde mir klar: Es ist besser, wenn man keine großen Pläne schmiedet. Deshalb erstelle ich keinen Plan mehr, sondern konzentriere mich auf meine Arbeit und genieße das Fahren. Der Grund, dass ich auf dem Motorrad so entspannt bin, ist, weil ich genau so denke. Nach dem Crash ist das noch mehr der Fall. Ich habe bei dem Sturz nichts verloren, sondern etwas gelernt. Jetzt weiß ich, dass wenn es dem Saisonende zugeht, und ich die Meisterschaft anführe, dann muss ich besonnener sein. Ich lerne jeden Tag dazu.»

Zur Erquickung der Zuschauer machte Razgatlioglu nach seinem Sieg im zweiten Hauptrennen in Estoril drei Liegestütz, die er mit Seilspringen kombinierte. «Nach 21 Rennrunden und in der Lederkombi war das nicht ohne», grinste der Publikumsliebling. «Aber ich fahre nicht nur Rennen – für Jerez haben wir uns etwas Besonderes ausgedacht.»


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