Danilo Petrucci: «Ducati hat alle Stärken verloren»
Auch in Magny-Cours war offensichtlich: Dreifachsieger Toprak Razgatlioglu (BMW) stand deutlich über Nicolo Bulega (Ducati), der dreimal Zweiter wurde, und beide thronen klar über dem Rest. Der Weltmeister gewann beide Hauptrennen mit über 8 sec Vorsprung, der WM-Dritte Danilo Petrucci verlor als Vierter und Achter niederschmetternde 17,8 und 18,4 sec.
Seit zwölf Rennen ist Razgatlioglu ungeschlagen, viermal in Folge gelang ihm das Triple: In Misano, Donington Park, Balaton Park und Magny-Cours. Im Vorjahr hatte der zweifache Weltmeister schon einmal so eine Serie, das schaffte kein anderer. Gewinnt er das erste Rennen in Aragon, stellt er seinen eigenen Rekord von 13 Siegen in Folge ein.
Seinen Vorsprung in der Weltmeisterschaft hat Razgatlioglu gegenüber Bulega auf 39 Punkte ausgebaut. Das bedeutet: Gewinnt Bulega die restlichen neun Rennen (drei Läufe pro Austragungsort) und Toprak wird immer Zweiter, dann ist er trotzdem zum dritten Mal Champion. Denn aus eigener Kraft kann Bulega pro Event maximal 13 Punkte aufholen. Und bei Punktgleichheit entscheidet die höhere Anzahl Siege – da liegt Toprak in jedem Fall vorne.
Für Petrucci geht es im letzten Saisonviertel darum, den dritten WM-Rang erfolgreich zu verteidigen: Aktuell hat er 24 und 30 Punkte Vorsprung auf seine direkten Verfolger Andrea Locatelli (Yamaha) und Alvaro Bautista (Aruba.it Ducati).
«Im Moment kann in den Rennen niemand mit Toprak kämpfen», hielt Petrucci fest. «Ducati hat alle Stärken verloren. Yamaha, Bimota oder andere Hersteller sind vielleicht gut in den Kurven, wir sind manchmal gut auf den Geraden. Wir wurden seit Saisonbeginn aber immer mehr bestraft: In den Kurven sind wir nicht gut und auf den Geraden sind wir es jetzt auch nicht mehr. Nicolo Bulega leistet herausragende Arbeit. Ich könnte nur etwas sagen, wenn ich der beste Ducati-Fahrer wäre, das bin ich aber eindeutig nicht. Ich bin höchstens der beste Privatfahrer, aber das ist nicht mein Ziel. Ich will um Podestplätze kämpfen und näher an Nicolo dran sein. Wir haben nicht das gleiche Motorrad, aber sie sind sehr ähnlich. Doch ich bin von den Top-2 weit entfernt.»
Um die Konkurrenz näher an BMW und Ducati heranzubringen, und so für spannendere Rennen zu sorgen, wurde den beiden Herstellern in dieser Saison vom Motorrad-Weltverband FIM in drei Schritten die Kraftstoffdurchflussmenge reduziert – mehr sieht das Reglement mit seinem Balance-System nicht vor.
Während aus dem Ducati-Lager diesbezüglich regelmäßig Klagen zu hören sind, haben sich die BMW-Verantwortlichen mit der Situation abgefunden. «Yamaha mit Rea, BMW mit van der Mark und Ducati mit Petrucci waren dank der geringen Spritflussmenge auf gleicher Geschwindigkeit und Pace, die beiden Ausnahmefahrer Toprak und Bulega holen aus dem Paket etwas mehr heraus», fasste BMWs Technischer Direktor Christian Gonschor die Kräfteverhältnisse in Frankreich für SPEEDWEEK.com zusammen. «Das passt schon.»
Petrucci ist bewusst, dass ein gewisser Teil der BMW-Performance Fahrgenie Toprak zu verdanken ist. Der Italiener kann auch erklären, weshalb der Türke nach dem Verbot des letztjährigen BMW-Chassis’ etwas gebraucht hat, um zu seiner 2024er-Leistungsfähigkeit zurückzufinden.
«Toprak hat wegen seiner Fingerverletzung beinahe die ganzen Wintertests verpasst», weiß der Ducati-Pilot. «Und Phillip Island ist wegen des Layouts und seinem Fahrstil nicht seine Strecke. In Assen war er wegen der MotoGP-Gespräche möglicherweise nicht richtig fokussiert. Ab dann haben sie viel gearbeitet und einen Weg gefunden, vor allem bei der Abstimmung. Sie machen einen guten Job, wir müssen etwas finden.»
Wertet der zukünftige BMW-Werksfahrer das als gutes Zeichen für 2026? «Jetzt geht es erst mal um meinen dritten WM-Rang und nicht um nächstes Jahr», grinste Danilo.