WM-Debüt: Phillip Tonn ersetzt verletzten Lehmann
Phillip Tonn
Beim siebten und letzten Saisonlauf der IDM in Hockenheim sicherte sich Phillip Tonn in der Klasse Supersport 300 den fünften Endrang. Damit war er in Sachen sportlicher Leistung einigermaßen zufrieden.
Extrem zufrieden war er, dass er die Saison 2023 überhaupt in seinem geliebten Straßenrennsport bestreiten konnte, denn das stand bis kurz vor dem Saisonauftakt im Mai auf dem Sachsenring in der Nähe seiner ursprünglichen Heimat Neukirchen an der Pleiße noch auf der Kippe.
Dazu erklärte der 18-jährige Wahl-Thüringer aus Mattstedt gegenüber SPEEDWEEK.com: «Wäre das nicht mit dem Team Freudenberg zustande gekommen, wäre meine Straßenkarriere zu Ende gewesen. Nachdem ich letztes Jahr in der Moto3-Junioren-WM gefahren bin, auch dank der finanziellen Unterstützung der ADAC Stiftung Sport, die Zusammenarbeit aber nach drei Jahren planmäßig auslief, stand ich vor dem Nichts. Zwei Wochen vor dem ersten IDM-Rennen erhielt ich das Angebot von Carsten Freudenberg für die IDM Supersport 300, sonst wäre mein Traum geplatzt.»
Nach nur einem halben Testtag mit dem für ihn neuen Supersport-300-Motorrad und in einem neuen Umfeld, sprang er gewissermaßen ins kalte Wasser. Aber er begann schnell gut mitzuschwimmen und sortierte sich meist im vorderen Drittel des Klassements ein. Allerdings stand er irgendwie auch an, denn obwohl er fahrerisch alles gab, reichte es nicht ganz, um mit den Top-Fahrern mitzuhalten.
Nach einer sachlichen Intervention beim Team («ich habe wirklich alles gegeben und alles aus dem Motorrad rausgeholt was ging») wurde auch ihm anstelle einer Vorjahres-KTM RC 390 R ein aktuelles 2023er-Modell unter den Hintern geschoben. Schlagartig wurden die Ergebnisse, bis auf Ausrutscher und andere Missgeschicke, besser. «Da habe ich schon nach der zweiten Kurve gemerkt, dass mir das Motorrad viel besser liegt.»
Zwei Rennsiege und einen weiteren Podestplatz holte er in der zweiten Saisonhälfte. Diesen stehen allerdings auch zwei Disqualifikationen, eine wegen zu hartem Fahren, gegenüber. In Schleiz kickte er Einfahrt Querspange den späteren Meister Inigo Iglesias vom Motorrad. «Ich nenne das mal spanische Härte, denn es ist in den Serien, in denen ich die letzten Jahre gefahren bin, normal, dass man sich auch mal in die Quere kommt. Oft ist der andere Fahrer nicht ganz schuldlos, aber das passiert bei Rennen nun mal.»
Beim Finale in Hockenheim bekam er wegen Frühstarts einen doppelten Long-Lap-Penalty. Davon absolvierte er irrtümlich nur einen und wurde daraufhin mit einer Boxen-Durchfahrtsstrafe belegt. Da er auch diese Anzeige übersah, nahmen ihn die Offiziellen aus dem Rennen.
Dazu, wie es für ihn idealerweise weitergehen soll, hat Phillip Tonn konkrete Vorstellungen: «Mein Plan ist, nächstes Jahr noch einmal in der IDM mit dem Freudenberg-Team zu fahren und übernächstes Jahr mit ihnen in die Supersport-300-WM zu gehen. Die IDM ist eine Plattform, die mir gegeben wurde, um auch in Deutschland ein bisschen Reichweite zu generieren. Dadurch, dass ich die letzten Jahre in Spanien war, kennen mich ja die deutschen Fans eigentlich gar nicht. Mein Ziel ist jedenfalls, nächstes Jahr den Titel zu holen – definitiv. Dann mit Freudenberg in die WM, das ist mein Traumweg für die nächsten zwei Jahre.»
Vielleicht geht aber auch alles schneller als gedacht, denn am kommenden Wochenende gibt Tonn bereits sein WM-Debüt. Im portugiesischen Portimao vertritt er seinen verletzten Teamkollegen Lennox Lehmann aus Dresden beim Saisonfinale der kleinen Supersport-Klasse.
Die Worte zu seinem drohenden Ende seiner Straßenkarriere klangen nach einem Plan B. Was beim Stiefkind des Ken-Roczen-Erzeugers Heiko Kleppka und somit Stiefbruders von Ken Roczen sehr naheliegend war. «Als ich letzten Winter nichts hatte, bin ich mein erstes Motocross-Rennen gefahren.»
Aber nicht irgendeins, sondern beim Saisonauftakt der Motocross-DM Open, nach dem ADAC MX Masters die zweithöchste Serie in der deutschen Motocross-Landschaft. Die notwendige Lizenz zu bekommen, war nach eigener Aussage auf Grund seiner Vorkenntnisse im Straßenrennsport kein Problem. Auch nicht das Fahren selbst, denn die Qualifikation für die beiden Rennen schaffte Phillip Tonn problemlos.