Lance Stroll (Racing Point): Verschmähter Lokalheld

Von Mathias Brunner
​Der 20jährige Lance Stroll kommt nicht vom Fleck: Letzter im dritten Kanada-Training nach einem technischen Problem an seinem Renner. Der aus Montreal stammende Racing-Point-Fahrer spürt viel Gegenwind.

Alfa Romeo-Sauber-Fahrer Antonio Giovinazzi hat sich vor kurzem eine kleine Spitze erlaubt gegen Milliardärssohn Lance Stroll: «Ich bin nicht in der Formel 1, weil ich der Sohn von jemandem bin oder weil ich viel Geld ins Team bringe.» So wie Giovinazzi denken viele. Die Meinung lautet: Der junge Stroll wurde mit einem Silberlöffel im Mund auf die Welt gekommen.

Schon auf Kart-Niveau wurde sein Gefährt mit Sensoren gespickt, als würde es sich um einen GP-Renner handeln. Das Vermögen von Stroll senior wird vom Forbes Magazine auf 2,6 Milliarden geschätzt. Die Förderung seines Sohnes vom Kart bis in die Formel 1 bei Williams Anfang 2017 soll den Unternehmer Schätzungen zufolge rund 30 Millionen Dollar gekostet haben, samt Privattests seines Sohnes in einem 2014er Williams-Renner auf verschiedenen Rennstrecken rund um die Welt.

Dennoch wirkt Lance Stroll im Fahrerlager oft, als sei er an einer GP-Karriere nicht übermässig interessiert. Natürlich beteuert er das Gegenteil. Aber da ist kein Hunger zu spüren wie bei Robert Kubica, Kimi Räikkönen oder Esteban Ocon. Sie alle stammen aus einfachen Verhältnissen und wussten genau – wenn ich keine Leistung bringe, dann versinke ich in der Vergessenheit, der Rennsport ist mein einziges Ticket, um etwas zu erreichen im Leben.

Stroll hingegen kann bei Racing Point machen, was er will, er gilt als unentlassbar. Sein Vater ist Mitbesitzer des Rennstalls und wird ihn kaum vor die Tür stellen. Der 20jährige Lance hat hier in Montreal eine eigene Tribüne. Aber er kommt auf keinen grünen Zweig: Stroll konnte im dritten Training nicht einmal eine einzige gezeitete Runde drehen, weil ihn sein Mercedes-Motor im Stich liess. Das beschneidet seine Chancen, endlich mal über das erste Quali-Segment hinauszukommen.

Die Medien gehen mit Stroll ruppig um. Das Image des verzogenen Bengels überwiegt im Unterton die Freude, einen echten Lokalhelden zu haben. Stattdessen ist Giovinazzi nicht der Einzige, der Stroll verschmäht. Jacques Villeneuve ist dem jungen Stroll immer wieder hart an den Karren gefahren. Er bezeichnete ihn als «den schlechtesten Formel-1-Neuling der letzten Jahre, der sich sogar von GP-Rentner Felipe Massa schlagen lassen musste».

Und der langjährige IndyCar-Fahrer Alex Tagliani, ein Québecois wie Stroll, sagt beim Sender TVA Sports klipp und klar: «Natürlich hat Lance Talent, aber ganz ehrlich – ohne das Geld seines Vaters wäre er nicht in der Formel 1. Diese ganze Kohle hat ihm den roten Teppich Richtung Grand-Prix-Sport ausgerollt. Aber nun ist er eben da. Und wenn du nicht in einem Siegerauto sitzt, musst du es schaffen, das Beste aus dem Auto zu holen und deinen Stallgefährten zu schlagen.»

Davon kann keine Rede sein. Wir haben uns mal die Ergebnisse von Stroll und Sergio Pérez 2019 angeschaut. Da konnte Stroll nur im Australien-GP ein Ausrufezeichen setzen.

Australien
Quali
Pérez 10.
Stroll 16.
Rennen
Stroll 9.
Pérez 13.

Bahrain
Quali
Pérez 14.
Stroll 18.
Rennen
Pérez 10.
Stroll 14.

China
Quali
Pérez 12.
Stroll 16.
Rennen
Pérez 8.
Stroll 12.

Aserbaidschan
Quali
Pérez 5.
Stroll 14.
Rennen
Pérez 6.
Stroll 9.

Spanien
Quali
Pérez 15.
Stroll 17.
Rennen
Pérez 15.
Stroll out (Kollision mit Lando Norris)

Monaco
Quali
Pérez 17.
Stroll 18.
Rennen
Pérez 12.
Stroll 16.

Lance Stroll hat sich gegen die zahlreichen Kritiker ein dickes Fell zugelegt. «Mir ist es egal, was die Leute denken. Das sind nur Nebengeräusche. Leute, die mich nicht leiden können, werden immer einen Vorwand finden, um etwas zu kritisieren.»


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