Weltmeister auf Abwegen: Im Sportwagen nur Anfänger

Von Mathias Brunner
​Das Talent der Formel-1-Champions steht ausser Frage. Wenn wir uns jedoch ansehen, wie sich die Champions im Sportwagen geschlagen haben, merken wir schnell – einige blieben auf Anfänger-Niveau.

Fernando Alonso hat 2018 ein grosses Ziel abgehakt: In Diensten von Toyota und an der Seite von Sébastien Buemi und Kazuki Nakajima hat er beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans triumphiert. Der Spanier wurde Sportwagen-Weltmeister 2018/2019, er gewann die Langstrecken-Klassiker von Spa-Francorchamps, Daytona, Sebring und dann Le Mans nochmals.

Die Einsätze von Allrounder Alonso haben uns zur Frage geführt: Wie schlugen sich eigentlich die anderen Formel-1-Weltmeister im Sportwagen? Wir wollten wissen, wer von den anderen 32 Champions mit Dach überm Kopf gefahren ist und wie sie dabei abgeschnitten haben. Hier die verblüffenden Ergebnisse.

Michael Schumacher
Der siebenfache Weltmeister sass vor seiner GP-Karriere im Sportwagen, als Teil des Juniorprogramms von Mercedes-Benz in Zusammenarbeit mit Peter Sauber und an der Seite von Karl Wendlinger und Heinz-Harald Frentzen. Schumi gewann in Mexiko 1990 (zusammen mit Jochen Mass) und wurde WM-Fünfter, auch 1991 gab es den Sieg beim letzten Rennen, dieses Mal in Autopolis/Japan, mit Karl Wendlinger wurde er WM-Neunter.

Lewis Hamilton
Nicht im Sportwagen.

Juan Manuel Fangio
Selbst während seiner besten Jahre als Formel-1-Champion mit Alfa Romeo, Maserati, Mercedes-Benz und Ferrari war der legendäre Argentinier immer wieder im Sportwagen anzutreffen. Eine Fahrer-WM gab es damals bei den Sportwagen nicht. Ab 1953 gab es lediglich eine Marken-Weltmeisterschaft, die Ferrari in den ersten neun Jahren sieben Mal eroberte. Fangio gewann die Carrera Panamericana mit einem Lancia. 1956 verhalf er Ferrari mit seinem Sieg in Sebring zu seinem weiteren Titel, 1957 wiederholte er den Sieg in Florida, dieses Mal in einem Maserati. Fangio ging bei allen grossen Sportwagenrennen an den Start, ein Sieg in Le Mans entging ihm aber. 1955 zog Mercedes den Wagen von Fangio und Moss nach dem tödlichen Unfall von Pierre Levegh zurück.

Alain Prost
Nicht im Sportwagen.

Sebastian Vettel
Nicht im Sportwagen.

Jack Brabham
Der Australier fuhr als typischer Vertreter der Rennfahrer in den 50er und 60er Jahren so ziemlich alles, was vier Räder hatte. 1957 wurde er mit einem Cooper in Le Mans Dritter (zusammen mit Ian Raby). In einem Matra gewann der dreifache Weltmeister 1970 das letzte grosse Rennen seiner Karriere, die 1000 Kilometer von Paris, zusammen mit François Cevert. Die grössten Erfolge feierte Black Jack aber im offenen Einsitzer.

Jackie Stewart
Der Schotte wurde zusammen mit Graham Hill 1965 im Turbinen-Rover in Le Mans Zehnter und Zweiter seiner Klasse. 1966 eroberte er den Sieg beim 12-Stunden-Rennen von Surfers Paradise, in einem Ferrari. In Brands Hatch 1967 teilte er sich einen Werks-Ferrari mit Chris Amon und wurde Zweiter. In der CanAm-Serie sass er im revolutionären Chaparral 2J und später in einem Lola (zwei Siege 1971).

Niki Lauda
Bevor er mit Ferrari in der Formel 1 durchstartete, war Lauda ein gefürchteter Gegner bei Sportwagenrennen, wo er mit einem Porsche 908 und Chevron antrat. Dann aber konzentrierte sich der Wiener ganz auf die Formel-1-Karriere.

Nelson Piquet
Der Brasilianer gewann während seiner GP-Karriere 1981 auf dem Nürburgring, an der Seite von Hans-Joachim Stuck, in einem BMW das 1000-km-Rennen, schon im Jahr davor hatte er sich mit Stuck ein Auto geteilt. 1996 wurde er mit einem McLaren in Le Mans Gesamtachter. 1997 und 2006 gewann der die 1000 Meilen von Brasilien, zunächst mit McLaren, dann mit Aston Martin.

Ayrton Senna
Wenig bekannt: Der grosse Senna trat 1984 (als er für Toleman Formel 1 fuhr) mit einem Joest-Porsche 956 auf dem Nürburgring an und wurde mit Henri Pescarolo und Stefan Johansson Achter.

Alberto Ascari
Der rundliche Italiener war nicht nur im Formel 1 zuhause, sondern auch im Sportwagen. Ascari gewann die Mille Miglia 1954 (mit einem Lancia) und die 12 Stunden von Casablanca (auf Ferrari). Ein Sportwagen kostete ihn das Leben. Nur vier Tage nach seinem spektakulären Sturz ins Hafenbecken von Monaco 1955 beobachtete Ascari seinen Kollegen Eugenio Castellotti bei Tests in Monza. Ascari bat um einige Runden im Ferrari 750, also Vorbereitung auf das geplante 1000-Kilometer-Rennen auf der gleichen Bahn. In der Vialone überschlug sich Ascari aus bis heute ungeklärten Gründen und starb noch auf der Unfallstelle.

Graham Hill
Das grosse Vorbild von Fernando Alonso, denn Hill gewann nicht nur fünf Mal in Monaco (1963, 1964, 1965, 1968, 1969), sondern auch beim Indy 500 1966 sowie bei den 24 Stunden von Le Mans 1972 – er ist der einzige Fahrer, der alle drei grossen Rennklassiker gewonnen hat. Als echter Allrounder war Hill immer wieder im Sportwagen anzutreffen, Le Mans blieb sein grösster Triumph.

Jim Clark
Der Schotte trat einige Male im Sportwagen an, 1960 wurde er in Le Mans Dritter (mit Roy Salvadori und einem Aston Martin). Weitgehend konzentrierte sich der Schotte aber auf Einsitzerrennen.

Emerson Fittipaldi
Der Brasilianer sass für Privat-Teams im Porsche 917 (Sportwagen-WM) und Porsche 917/10 (Interserie). Mitte der 80er Jahre, nach der Pleite seines GP-Teams, trat er in den USA bei Sportwagenrennen an. 2008 fuhren er und sein Bruder Wilson in der brasilianischen GT3-Meisterschaft.

Mika Häkkinen
Trat erstmals 2011 in einem Sportwagen an, mit einem AMG-Mercedes in Zhuhai. Im Oktober 2013 fuhr er zwei Rennen der asiatischen GT-Serie und gewann einmal. Im August 2019 gab der Finne mit einem McLaren sein Comeback im Sportwagen – bei den 10 Stunden von Suzuka. Er wurde 22.

Fernando Alonso
Gewann mit Toyota beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans zwei Mal, wurde Langstrecken-Weltmeister 2018/2019 und gewann auch in Spa-Francorchamps, Daytona und Sebring. Thema Langstrecke für den Asturier damit abgehakt.

Giuseppe Farina
Wie Fangio oder Ascari ein Allrounder, der gerne und oft auch im Sportwagen Rennen fuhr. Farina siegte bei den 24-Stunden von Spa-Francorchamps 1953 (im Ferrari) und bei der Mille Miglia 1940 (im Alfa Romeo), dazu bei den 12 Stunden von Casablanca 1953 (Ferrari) und beim 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring im gleichen Jahr.

Mike Hawthorn
Der englische Ferrari-Champion von 1958 arbeitete sich im Sportwagen die Erfolgsleiter hoch und triumphierte mit Jaguar im Todesrennen von Le Mans 1955 (mit Jaguar). Hawthorn siegte in Spa-Francorchamps 1953 (zusammen mit Farina auf Ferrari) und in Sebring 1955 (mit Jaguar), dazu bei den 12 Stunden von Pescara 1953 und bei der Tourist-Trophy im gleichen Jahr.

Phil Hill
Im Sportwagen so erfolgreich wie in der Formel 1. Der US-Amerikaner gewann für Ferrari drei Mal in Le Mans (1958, 1961 und 1962), dazu drei Mal in Sebring, zwei Mal in Buenos Aires, zwei Mal auf dem Nürburgring sowie mit Chaparral in Brands Hatch 1967.

John Surtees
Wie seine Wegbegleiter ein Alleskönner, der auch im Sportwagen glänzen konnte: Für Ferrari in der Sportwagen-WM, mit Lola in der CanAm-Serie (Meister 1966).

Denny Hulme
Ebenfalls ein Mann, der gerne und oft vielfältige Rennwagen fuhr. In der CanAm-Serie mit den grossvolumigen Sportwagen kaum zu schlagen – 22 Siege in 52 Rennen! 1966 wurde er von Ford um den Gesamtsieg in Le Mans gebracht. Henry Ford II wollte ein Fotofinish sehen, doch die französischen Organisatoren schenkten Bruce McLaren und Chris Amon den Sieg, weil die das Rennen von weiter hinten aufgenommen hatten. Hulme und Ken Miles gingen leer aus.

Jochen Rindt
Sensationssieger in Le Mans 1965 mit dem US-Amerikaner Masten Gregory, in einem NART-Ferrari. Im gleichen Jahr gewann er beim 500-km-Rennen von Zeltweg. Rindt war auch für Porsche unterwegs.

James Hunt
Der Engländer bewegte 1973 einen CanAm-Shadow (konnte aber wegen eines Defekts nicht am Rennen von Road America teilnehmen) und zusammen mit Derek Bell in Kyalami 1973 einen Gulf-Mirage, die beiden Engländer wurden Zweite. Auch 1974 sass Hunt im Mirage, wie beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring.

Mario Andretti
In Le Mans einmal Zweiter (1995) und einmal Dritter (1983). Mit Ferrari in den 60er und 70er Jahren immer ein Siegfahrer. Dreifacher Sieger von Sebring (1967, 1970, 1972), Sieger bei den 24 Stunden von Daytona 1972. Im gleichen Jahr gewann er für Ferrari an der Seite von Jacky Ickx auch in Brands Hatch und Watkins Glen.

Jody Scheckter
Fuhr einige Male den mächtigen Porsche 917/10 in der CanAm-Serie und belegte 1973 den sechsten Schlussrang.

Alan Jones
1983, 1984 und 1987 einige Male bei Sportwagenrennen im Einsatz (Kremer-Porsche, Werks-Porsche, Toyota). Keine Siege. Australischer GT-Meister 1982 mit einem Porsche 935.

Keke Rosberg
Nach seiner Formel-1-Karriere eine Stütze des Sportwagen-WM-Teams von Peugeot: Siege in Frankreich und Mexiko. Als Weltmeister auch beim letzten 1000-km-Rennen auf der
Nürburgring-Nordschleife 1983 unterwegs, im Canon-Lloyd-Porsche 956.

Nigel Mansell
Trat 2010 mit seinen Söhnen Greg und Leo bei Sportwagenrennen an, fiel aber beim Haupteinsatz in Le Mans aus.

Damon Hill
1989 mit Richard Lloyd Racing in Le Mans, Ausfall des Porsche 962.

Jacques Villeneuve
1992 mit Toyota in Japan im Einsatz. 2007 mit Peugeot in Le Mans, lange geführt, dann Ausfall. Gesamtzweiter in Le Mans 2008, erneut mit Peugeot.

Kimi Räikkönen
Nicht im Sportwagen.

Jenson Button
Ende 2017 erster Einsatz in der japanischen GT-Serie. In seiner ersten kompletten Saison 2018 Meister, zusammen mit Naoki Yamamoto. Mit SMP Racing trat Button 2018/2019 zu vier Langstrecken-WM-Rennen an, in Shanghai wurde er an der Seite von Mikhail Aleshin und Vitaly Petrov Dritter.

Nico Rosberg
Nicht im Sportwagen.

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