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Vor 70 Jahren: Froilán González siegt für Ferrari

Von Mathias Brunner
14. Juli 1951, für die Tifosi ein ganz besonderer Tag: Der Argentinier José Froilán González errang den ersten Grand-Prix-Sieg der Marke Ferrari. Firmengründer Enzo Ferrari weinte – auch aus Schmerz.

Am 15. Juni 2013 trauerten viele Motorsport-Fans: José Froilán González schloss im Alter von 90 Jahren für immer die Augen, der Argentinier litt nach dem Unfalltod seines Sohnes Julio César an Herzproblemen und war schon jahrelang zuckerkrank.

Der Name González ist heute vorwiegend in seiner Heimat Argentinien bekannt, aber auch in Italien kommt ihm grosse Verehrung zuteil: Denn er hat am 14. Juli 1951 in Silverstone der Marke Ferrari den ersten Sieg in der Formel-1-WM beschert. 237 weitere GP-Siege folgten.

Aus diesem Anlass wird der Ferrari 375 F1 von 1951 am kommenden GP-Wochenende in Silverstone um den Kurs gefahren, und die Fans dürfen Zwölfzylinder-Sound geniessen. Am Lenkrad wird Charles Leclerc sitzen, wie González zweifacher GP-Sieger.

Zu Ehren von 70 Jahren des ersten Ferrari-Sieges werden die Renner von Leclerc und Carlos Sainz am Halo ein besonderes Logo tragen. Überdies fährt Ferrari – als Knicks vor der italienischen Fussball-Elf und deren Gewinn des EM-Titels – mit dem Hashtag #grazieAzzurri.

José Froilán González feierte seine schönsten Erfolge in Silverstone, mit seinen GP-Siegen 1951 und 1954, sowie 1954 beim Klassiker der 24 Stunden von Le Mans. «Pampas Bull» wurde er wegen seiner robusten Fahrweise genannt und der Art, wie er seine Rennwagen mit schierer Muskelkraft um die Ecken zwang, einige nannten ihn auch «El Cabezón», was etwas netter als Starrkopf und etwas weniger nett als Wasserkopf übersetzt werden kann. Froilán hatte eher die Statur eines Freistilringers als eines filigranen Pistenlinienzeichners.

Der Weg zum Motorsport war programmiert: Sein Vater besass eine grosse Chevrolet-Vertretung, sein Onkel Julio war Langstrecken-Rennfahrer. Klar war der junge Froilán auch Stammgast der Naturrennbahn seiner Heimatstadt Arrecife.

So wie vor ihm Juan Manuel Fangio profitierte González von einem Förderprogramm auf höchster Ebene. Staatschef Perón hatte den Motorsport aus Werbegründen zur Regierungssache erklärt.

Froilán hatte sich seine Sporen in Argentinien verdient, mit einem Maserati von Achille Varzi liess er sich beim Grossen Preis von Monaco 1950 einschreiben, dem zweiten Formel-1-WM-Lauf der Historie, nach Silverstone. Monaco 1950 war auch das erste Formel-1-WM-Rennen von Ferrari, denn in Silverstone hatten die Italiener gefehlt: Die Renner von Enzo Ferrari mussten beim Grand Prix von Pau gegen Maserati (mit Juan Manuel Fangio) eine Niederlage einstecken, daraufhin beschloss der grosse Enzo, keine Wagen nach England zu schicken.

In Monte Carlo liess González mit Startplatz 3 aufhorchen, nur Fangio und Farina waren mit ihren Alfetta schneller. Dann wurde der verblüffende Debütant kurz nach dem Start in eine Massenkollision verwickelt.

Als klar war, dass die Mannschaft von Achille Varzi für 1951 kein konkurrenzfähiges Auto haben würde, nahm González ein Angebot von Enzo Ferrari an. Vor dem Grossen Preis von Frankreich musste Stammfahrer Piero Taruffi wegen Krankheit passen, so rückte der Argentinier nach. Er merkte auch gleich, wie die Hackordnung bei Ferrari aussah: Da Alberto Ascaris Wagen liegengeblieben war, wurde González an die Box geholt, damit der italienische Team-Leader den Wagen übernehmen und wichtige WM-Punkte sammeln konnte.

Ascari wurde Zweiter, die Punkte wurden geteilt, aber Froilán konnte sich nicht richtig freuen. «Ein merkwürdiges Gefühl. Ich nahm an, ich hätte in irgendeiner Weise einen der mysteriösen Tests bei Ferrari nicht bestanden, dennoch wollte mir keiner sagen, was ich falsch gemacht hätte.»

Der Argentinier machte auch beim folgenden Lauf in Silverstone nichts falsch: Sein Ferrari-Motor leistete 30 PS weniger als jener von Ascari, was ihn nicht davon abhielt, die Führung zu übernehmen, samt eines mitreissenden Duells mit Fangio.

Als der führende González zum Nachtanken hereinkam, hüpfte er zur Konsternation seiner Mechniker aus dem Wagen. Froilán war überzeugt davon, sein Auto wieder an Ascari abgeben zu müssen. Denn dessen Fahrzeug war wegen eines Getriebeschadens nicht mehr zu verwenden. Aber Froilán durfte weitermachen und gewann, mit 50 Sekunden Vorsprung auf Fangio.

Jahre später erzählte González: «Ich realisierte erst am Mittwoch nach dem Rennen, welche Bedeutung dieser Sieg hatte. Ich traf Don Enzo in Maranello in seinem Büro, und da hing hinter seinem Schreibtisch ein grosses Foto von meinem Sieg! Er bat mich, es zu signieren, und dann wollte er alle Einzelheiten zum Rennen wissen. Er gab mir eine goldene Uhr, auf der das Ferrari-Pferdchen prangte. Ich war immer stolz darauf, den ersten Sieg für diese Marke errungen zu haben, vor allem mit Blick auf die vielen Ferrari-Triumphe, die noch folgten.»

Enzo Ferrari selber sagte: «Ich weinte aus Freude, aber ich weinte auch aus Schmerz. Es fühlte sich an, als hätte ich meine eigene Mutter umgebracht.» Unter dem Dach von Mama Alfa Romeo waren seine eigenen Rennsport-Ambitionen einst gewachsen, nun war die Wachablösung eingeläutet.

González wurde für 1952 und 1953 von den Brüdern Maserati engagiert, 1954 kehrte er für wenige Einsätze zu Ferrari zurück. Beim Training zum Sportwagen-Rennen von Dundrod verunglückte Froilán schwer – Schulter gebrochen, Wirbel gestaucht. Aber da war der Bulle der Pampas schon angeschlagen: Der Tod seines Landsmannes Onofre Marimón Ende Juli auf dem Nürburgring hatte ihn in eine tiefe Sinnkrise gestürzt.

Froilán González wurde Teilzeitrennfahrer, 1960 trat er in Buenos Aires nochmals zu den beiden Grossveranstaltungen an, zum Formel-1-GP und zum 1000-km-Rennen, aber die Zeit der grossen Erfolge war vorbei: Zehnter in der Königsklasse, Ausfall im Sportwagenrennen.

Der damalige Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo sagte nach dem Tod von Froilán González: «Wir haben uns vor kurzem noch über Autos und die Rennfahrerei unterhalten – darüber hat er am liebsten gesprochen. In all diesen Jahren blieb er der Marke Ferrari immer eng erbunden, als Fahrer und Mensch, er war oft hier bei uns zu Gast und wurde immer wie ein König empfangen. Er ist fester Teil in der Geschichte von Ferrari.»

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