Nico Rosberg, Ralf Schumacher: Ein Horror für Norris

Lando Norris
Heisst der Formel-1-Weltmeister 2025 am Ende des Jahres Oscar Piastri, weil der 24-jährige Australier in den entscheidenden Momenten einfach eine coole Socke ist? Bei Piastris McLaren-Stallgefährten Lando Norris, in Monaco makellos, zeigt sich immer wieder, dass er in den entscheidenden Momenten die Leistung nicht wie gewünscht abrufen kann. Und dann beginnt das grosse Hadern.
Oft verfällt der Engländer Norris nach Niederlagen in Selbstzweifel, die er in die Öffentlichkeit trägt, was viel Mut braucht und anzuerkennen ist. Aber ist dies auch die richtige Vorgehensweise in einem WM-Kampf?
Darüber haben sich auch Nico Rosberg (39) und Ralf Schumacher (49) Gedanken gemacht, der Weltmeister von 2016 und der sechsfache GP-Sieger verfolgen das Geschehen in Katalonien als F1-Experten von Sky.
Rosberg holt ein wenig aus: «Ich habe in meiner Zeit damals sehr eng mit einem Sportpsychologen gearbeitet, fast die ganze GP-Karriere lang, aber vor allem in meinem Weltmeister-Jahr. Wir reden hier von teilweise zwei Stunden jeden zweiten Tag. Wir haben uns zusammengesetzt und sind alles durchgegangen, was auf uns zukommen kann.»
«Ich finde es fabelhaft, wenn ein Fahrer seine Gefühle zeigen kann, das macht einen Sportler ja auch nahbar. Aber wenn ich nun der Psychologe von Norris wäre, so würde ich ihm raten, diese Selbstkritik nicht immer zu wiederholen. Denn dadurch verstärkst du nur das Negative. Wenn du dir jeden Tag sagst, ich bin vielleicht doch nicht gut genug, dann glaubst du das irgendwann tatsächlich.»
«Ein Beispiel: Sogar, wenn Lando eine Pole erringt, dann spricht er danach darüber, welche Kurve er versemmelt hat. Dabei ist er auf Pole! Wieso jubelt er nicht einfach über seine tolle Leistung? Da sähe ich von ihm gerne etwas mehr Positivität.»
«Es ist gut, an sich selber zu arbeiten und auch viele Dinge zu hinterfragen. Das kann durchaus zu einer Stärke werden. Aber man darf es damit nicht übertreiben.»
Nico enthüllt: «Ich habe Lando über Instagram eine Direktnachricht geschickt zu diesem Thema, eine ziemlich lange, Antwort habe ich aber nicht erhalten.»
Ralf Schumacher ergänzt: «Ich möchte das mit Max Verstappen vergleichen. Beim Niederländer haben wir den Eindruck, der fährt einigermassen unbekümmert da raus und hat Spass, er verkopft das alles nicht. Ich glaube, der denkt gar nicht daran, dass etwas schieflaufen könnte, sondern er geht auf die Bahn und macht einfach sein Ding. Wenn du so eine Einstellung hast, dann kannst du regelmässig Leistung liefern.»
Lando Norris hatte darüber gesprochen, er müsse vor allem in der Quali zulegen. Nico Rosberg fährt fort: «Das ist knifflig. Du kannst vielleicht von der Abstimmung her ein wenig aggressiver werden und damit für den Grand Prix gewisse Kompromisse eingehen. Das ist sicher einen Versuch wert.»
«Sonst aber ist vielleicht zielführender – immer gucken, was der Teamgefährte besser macht, da kannst du so viel lernen. Du musst noch mehr Fleiss in die Arbeit stecken und noch mehr Zeit mit den Ingenieuren verbringen.»
Ralf Schumacher übernimmt: «Norris hat ja ein paar Mal davon gesprochen, dass er sich im 2025er Rennwagen schwerer tue als im letztjährigen McLaren. Und es ist klar: Wenn du in der Quali voll ans Limit gehen musst, mit einem Auto, das nicht perfekt zu dir passt, aus welchen Gründen auch immer, dann ist das ein echtes Problem, dann schleichen sich Fehler ein, und die addieren sich.»
Nico gibt zu bedenken: «Das gab es eine Szene im dritten freien Training hier in Spanien, beim letzten Versuch von Lando, eine Quali-Simulation zu machen und so fürs Abschlusstraining zu üben. Da haute er voll rein, der Wagen setzte auf und zackte kurz weg. Das ist fürs Selbstvertrauen eines Piloten so kurz vor der Quali der schlimmste Fall. Das ist Horror! Denn dann schleichen sich Gedanken ein wie – au-weia, hoffentlich passiert mir das im Abschlusstraining nicht. Norris war da knapp vor einem Abflug.»
«Norris stand dann vor der Entscheidung: Das Auto etwas höher setzen, dann wird der Wagen auf dieser Bodenwelle nicht mehr so instabil reagieren, dafür verliert er auf der ganzen Runde Zeit. Piastri schien an jener Stelle keine Probleme zu haben, das hat natürlich zusätzlich Druck aufgebaut. Norris ist letztlich bei seinem Set-up geblieben.»
Zum allem Übel lief Norris vor der Quali im Fahrerlager auch noch in eine Tür, die sich nicht automatisch öffnete. Nico schmunzelt: «Lando hat doch erklärt, dass er Instagram auf seinem Telefon gelöscht hat. Das ist in dieser Lage das Beste, denn so eine Szene geht dann schnell mal viral, das wird tausendfach rauf- und runtergespielt. Und wenn du dann am Ende auf P2 bist, dann kommen natürlich gleich die blöden Kommentare: Findet der noch nicht mal seine Garage oder was? Bei solchen Szenen sind soziale Netzwerke echt ein Killer.»
Qualifying, Spanien
01. Oscar Piastri (AUS), McLaren, 1:11,546 min
02. Lando Norris (GB), McLaren, 1:11,755
03. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, 1:11,848
04. George Russell (GB), Mercedes, 1:11,848
05. Lewis Hamilton (GB), Ferrari, 1:12,045
06. Kimi Antonelli (I), Mercedes, 1:12,111
07. Charles Leclerc (MC), Ferrari, 1:12,131
08. Pierre Gasly (F), Alpine, 1:12,199
09. Isack Hadjar (F), Racing Bulls, 1:12,252
10. Fernando Alonso (E), Aston Martin, 1:12,284
11. Alex Albon (T), Williams, 1:12,641
12. Gabriel Bortoleto (BR), Sauber, 1:12,756
13. Liam Lawson (NZ), Racing Bulls, 1:12,763
14. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, 1:13,058
15. Oliver Bearman (GB), Haas, 1:13,315
16. Nico Hülkenberg (D), Sauber, 1:13,190
17. Esteban Ocon (F), Haas, 1:13,201
18. Carlos Sainz (E), Williams, 1:13,203
19. Franco Colapinto (RA), Alpine, 1:13,334
20. Yuki Tsunoda (J), Red Bull Racing, 1:13,385