Felipe Massa will 82 Millionen: Es kommt zum Prozess!
Felipe Massa
Richter Sir Robert Jay vom Obersten Londoner Gerichtshof hat entschieden: Ein Teil der Klage des 269-fachen GP-Teilnehmers Felipe Massa ist zulässig, das Verfahren wird somit weitergeführt.
Und darum geht es: Massa – von Australien 2002 bis Abu Dhabi 2017 in der Königsklasse am Start – hatte Formula One Management (FOM), den Autosport-Weltverband FIA und Ex-F1-Promoter Bernie Ecclestone vor Gericht geschleppt. Der frühere Pilot von Sauber, Ferrari und Williams fordert, weil ihm der Titel verwehrt worden sei, Wiedergutmachung in Höhe von 82 Millionen Dollar.
Die Anwälte von Massa begründen ihr Vorgehen so: «Herr Massa beantragt die Feststellung, dass die FIA gegen ihr Reglement verstossen hat, indem sie den Unfall von Nelson Piquet jun. beim Grand Prix von Singapur 2008 nicht unverzüglich untersucht hat und dass Herr Massa bei ordnungsgemässem Vorgehen in jenem Jahr die Formel-1-Fahrerwertung gewonnen hätte.»
«Herr Massa fordert darüber hinaus Schadensersatz für den erheblichen finanziellen Verlust, den er aufgrund des Versagens der FIA erlitten hat, an dem auch Herr Ecclestone und die FOM mitschuldig waren.»
Die Gegenpartei fordert, dass die Klage nicht weiter verhandelt werde, weil ein Zivilgericht nicht für sportliche Belage zuständig und weil die Sache ohnehin verjährt sei.
Rechtsvertreter der FIA wiesen darauf hin: «Die Klage von Herrn Massa ist ebenso peinvoll wie übertrieben ehrgeizig. Der brasilianische Staatsbürger mit Wohnsitz in Brasilien erhebt in England und Wales Klage wegen eines angeblichen Verstosses gegen das landesübergreifende Regelwerk der FIA, einer privaten internationalen Sportorganisation mit Sitz in Frankreich, betreffend Ereignisse beim und um den Formel-1-Grand-Prix von Singapur vor über 17 Jahren, am 28. September 2008.»
«Herr Massas Klage ignoriert auffällig eine Reihe eigener Fehler sowie die seines Teams Ferrari während des Grand Prix von Singapur und in anderen WM-Läufen, die zu seinem zweiten Schlussrang in der Fahrerwertung der Saison beigetragen haben.»
Richter Sir Robert Jay findet nach drei Tagen Anhörungen nun: Die Klage ist teilweise zulässig – damit geht das Verfahren in eine nächste Runde.
Doch es ist ein Urteil mit einem grossen Aber.
Richter Jay ist der Ansicht: «Felipe Massa hat im Prozess eine realistische Aussicht, das Gericht davon zu überzeugen, dass die FIA eine Pflicht zur Untersuchung hatte, aber das liegt bei den den FIA-Mitgliedern und nicht Herrn Massa persönlich. Die Entscheidungen der FIA liegen nicht im Entscheidungsbereich dieses Gerichts. Der Ausgang der Formel-1-WM 2008 kann nicht neu geschrieben werden.»
Damit ist der Autosport-Weltverband vom Haken, nicht aber der langjährige F1-Promoter Bernie Ecclestone.
Gleichzeitig weist das Gericht in entscheidenden Punkten zurück und warnt den Rennfahrer eindringlich davor, das Verfahren weiterzuführen.
Richter Jay: «Allfällige weitere Rechtsstreitigkeiten werden nicht gezwungenermassen unkompliziert verlaufen. Herr Massa wird verschiedene Hürden in Bezug auf den Kausalzusammenhang überwinden müssen. Sollte Herr Massa damit Erfolg haben, könnte er grundsätzlich Schadensersatz für entgangene Karrierechancen erhalten. Das Gericht kann jedoch nicht aufgefordert werden, das Ergebnis der Fahrerweltmeisterschaft 2008 neu zu schreiben.»
Den Vorwand der Massa-Gegner, das alles sei verjährt, lässt Richter Jay nicht gelten. Er weist darauf hin: «Die Verjährungsfrist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem ein Kläger die wesentlichen Tatsachen entdeckt hat oder bei Anwendung angemessener Sorgfalt hätte entdecken müssen.»
Sollte Massa das Verfahren weiterführen, könnten seine Anwälte in einem Prozess bei Ecclestone auf vorsätzliche Vertuschung pochen, die Klagen gegen den greisen Engländer wegen Anstiftung zum Vertragsbruch und Verschwörung bleiben bestehen.
Felipe Massa hat zur Entscheidung von Richter Jay wie folgt Stellung bezogen.
«Dies ist ein Sieg für die Gerechtigkeit und für alle, welche die Formel 1 lieben. Das Gericht hat die Stärke unseres Falls anerkannt und den es nicht erlaubt, die Wahrheit über 2008 zu ersticken. Der absichtliche Crash hat mich den Weltmeistertitel gekostet, und die damaligen Autoritäten haben Fakten vertuscht, statt die Integrität des Sports zu schützen.»
«Unsere Gegner haben alles versucht, diese Klage aufzuhalten, aber unser Kampf gilt der Gerechtigkeit. Die Wahrheit wird im Prozess ans Licht kommen. Wir werden alles gründlich untersuchen. Jedes Dokument, jede Kommunikation, jedes Beweisstück, das die Verschwörung unter den Beklagten aufdeckt, wird ans Licht kommen. Ich bin entschlossener und zuversichtlicher denn je – wenn die ganze Wahrheit ans Licht kommt, wird Gerechtigkei herrschen, für mich, für die Brasilianer, für die Tifosi, für alle Motorsportfans, die einen ehrlichen Sport verdienen, und letztlich auch für die Zukunft der Formel 1.»
Der frühere Ferrari-Werksfahrer wird zu einem späteren Zeitpunkt darüber informieren, wie die ganze Sache weitergeht.










