Dieter Braun: Warum Marc Márquez jetzt so oft stürzt

Von Günther Wiesinger
Marc Márquez

Marc Márquez

Der deutsche Ex-Weltmeister Dieter Braun hat seine eigene Theorie zu den Poblemen des einst unbesiegbaren Marc Márquez.

Als Marc Márquez noch mit einem Comeback beim ersten oder zweiten Katar-GP am 28. März oder 4. April spekulierte, trauten ihm Experten wie Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti auf Anhieb einen Podestplatz zu. Als der Repsol-Honda-Star dann nach rund neun Monaten in Portimão (16. bis 18. April) wieder auf die GP-Strecke zurückkehrte, hielt Honda-Testfahrer Stefan Bradl ein Top-3-Ergebnis ebenfalls nicht für ausgeschlossen.

Doch inzwischen hat der sechsfache MotoGP-Weltmeister in Portugal Platz 7 erreicht, in Jerez kam er auf Rang 9 ins Ziel, in Le Mans stürzte er im Flag-to-Flag-Race zweimal, also liegt er jetzt mit 16 Punkten aus drei WM-Läufen nur auf dem 17. WM-Rang.

Marcs Crew-Chief Santi Hernandez hatte im März noch kundgetan: «Wenn Marc zurückkommt, wollen wir um den Titel fighten.»

Aber man muss kein Prophet sein, um ankündigen zu können, Marc Márquez werde 2021 im Titelkampf kein Wörtchen mitreden.
Zuerst muss er einmal den nötigen Rennspeed für Top-3-Plätze finden.

Das wird kein Kinderspiel, denn Ducati und Yamaha haben je drei Asse, die für Podestplätze in Frage kommen. Suzuki ist mit Joan Mir und Alex Rins auch immer wieder für Spitzenplätze gut, selbst Aprilia und KTM hatten zuletzt wenig Mühe mit dem Honda-Piloten.

Und so wie Valentino Rossi einst von Jorge Lorenzo (Weltmeister auf Yamaha 2010, 2012 und 2015) entzaubert wurde, wie sich Marc Márquez zum Serien-Weltmeister (sechs Titel in den sieben Jahren von 2012 bis 2019) etablierte und Joan Mir 2020 in die Bresche sprang, so schickt sich jetzt eine neue Generation bestehend aus Miller, Bagnaia und Quartararo und so weiter an, die MotoGP-Welt auf den Kopf zu stellen.

Marc Márquez hat zwar in Le Mans eine Bestzeit im FP3 erzielt, aber die Gegner halten ihn längst nicht mehr für unbesiegbar. Im Gegenteil, selbst im Honda-Lager muss sich Marc gegen Taka Nakagami und Pol Espargaró erst wieder nachhaltig durchsetzen.

Marc Márquez leistete sich in Le Mans immerhin vier Stürze: zwei im Rennen, einen im Warm-up, einen im FP3. Er fährt also angriffslustig wie an seinen besten Tagen, aber die Honda RC213V ist vorläufig kein Siegermotorrad. In Bestform konnte Marc alle Mängel des Bikes übertünchen, als rekonvaleszenter Dauerpatient gelingt ihm das nicht.

Honda bekommt im zweiten Jahr hintereinander die Quittung dafür, jahrelang nur auf die Karte Márquez gesetzt zu haben.

Der zweifache Motorrad-Weltmeister Dieter Braun ist der Meinung, die Wachablöse in der MotoGP-WM sei in vollem Gange. «Fabio Quartararo hätte ohne Armpump-Problem auch in Jerez gewonnen», sagt der Deutsche. «Er fährt so schnell wie früher Márquez, er stürzt aber viel weniger.»

Dieter Braun, 14-facher GP-Sieger, hat eine Erklärung für die vielen Stürze von Marc Márquez, der schon vor seinem Oberarmbruch pro Jahr bis zu 30 Stürze vollführte. «Ich kann mir vorstellen, warum Marc immer wieder gestürzt ist, wenn er auf seine Topzeiten kommen wollte. Er fährt ja ständig mit rutschenden Reifen nicht am, sondern im Grenzbereich. Die Slicks sind bei passenden Temperaturen auch so gutmütig, dass sie sich für seine zum Teil haarsträubenden Slides gerade noch so hernehmen lassen. So haftfähig und gutmütig sie jedoch im passenden Temperaturbereich sind, so heimtückisch sind diese Drecksdinger bei zu kalten Temperaturen. Sie haften dann nicht wunschgemäß und haben vor allen Dingen absolut keinen nutzbaren Grenzbereich. Wenn der Reifen einmal zu rutschen begonnen hat, gibt es kein Zurück. Da kannst du ihm das Knie, den Ellbogen oder sonst eine Stütze zum Stabilisieren anbieten, es nützt nichts.»

Braun weiter: «Wenn du mich fragst, warum ich diese Theorie vertrete, dann entgegne ich: Weil ich bei kalten Temperaturen wegen der Slickreifen selbst schon mehrfach gestürzt bin. Ich habe zu Beginn der 1970er-Jahre die Slicks für Michelin in den Klassen 250 und 350 ccm mitentwickelt.»

Der heute 78-jährige Dieter Braun, 125-ccm-Weltmeister 1970 auf Suzuki und 1973 auf Yamaha Weltmeister in der 250-ccm-Klasse, hat sogar 2015 in Hockenheim noch mit den Auswirkungen kalter Reifen Bekanntschaft gemacht. «Damals habe ich mir bei einem Highsider das Becken zertrümmert.»

Dieter Braun rechnet trotzdem mit einer baldigen Rückkehr von Marc Márquez auf das MotoGP-Siegerpodest. Vielleicht schon in Mugello am kommenden Wochenende.

«Irgendwann wird es auch in diesem Jahr noch sommerliche Temperaturen geben», hält Braun fest. «Dann können wir hoffentlich den Marc Márquez wieder bewundern, den wir kennen.»

Ergebnisse MotoGP Le Mans/F, 16. Mai

1. Jack Miller, Ducati, 27 Runden in 47:25,473 min
2. Johann Zarco, Ducati, +3,970 sec
3. Fabio Quartararo, Yamaha, +14,468
4. Pecco Bagnaia, Ducati, +16,172
5. Danilo Petrucci, KTM, +21,430
6. Alex Márquez, Honda, +23,509
7. Takaaki Nakagami, Honda, +30,164
8. Pol Espargaró, Honda, +35,221
9. Iker Lecuona, KTM, +40,432
10. Maverick Viñales, Yamaha, +40,577
11. Valentino Rossi, Yamaha, +42,198
12. Luca Marini, Ducati, +52,408
13. Brad Binder, KTM, +59,377
14. Enea Bastianini, Ducati, +1:02,224 min
15. Tito Rabat, Ducati, +1:09,651
16. Franco Morbidelli, Yamaha, 4 Runden zurück
– Marc Márquez, Honda, 10 Runden zurück
– Aleix Espargaró, Aprilia, 12 Runden zurück
– Miguel Oliveira, KTM, 15 Runden zurück
– Alex Rins, Suzuki, 15 Runden zurück
– Lorenzo Savadori, Aprilia, 16 Runden zurück
– Joan Mir, Suzuki, 23 Runden zurück

Stand Fahrer-WM nach 5 Rennen:

1. Quartararo 80 Punkte. 2. Bagnaia 79. 3. Zarco 68. 4. Miller 64. 5. Viñales 56. 6. Mir 49. 7. Aleix Espargaró 35. 8. Morbidelli 33. 9. Nakagami 28. 10. Pol Espargaró 25. 11. Binder 24. 12. Rins 23. 13. Bastianini 20. 14. Alex Márquez 18. 15. Martin 17. 16. Petrucci 16. 17. Marc Marquez 16. 18. Bradl 11. 19. Rossi 9. 20. Oliveira 9. 21. Marini 9. 22. Lecuona 8. 23. Savadori 2. 24. Rabat 1.

Stand Konstrukteurs-WM:

1. Ducati 110 Punkte. 2. Yamaha 107. 3. Suzuki 53. 4. Honda 43. 5. KTM 38. 6. Aprilia 35.

Stand Team-WM:

1. Ducati Lenovo 143. 2. Monster Energy Yamaha 136 Punkte. 3. Pramac Racing 86. 4. Suzuki Ecstar 72. 5. Repsol Honda 48. 6. LCR-Honda 46. 7. Petronas Yamaha SRT 42. 8. Aprilia Racing Team Gresini 37. 9. Red Bull KTM Factory Racing 33. 10. Esponsorama Racing Ducati 29. 11. Tech3 KTM Factory Racing 24.

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