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Auf Messers Schneide: Der Neuling und die Ex-Rookies

Kolumne von Michael Scott
MotoGP-Rookie Augusto Fernández im Regen von Sepang

MotoGP-Rookie Augusto Fernández im Regen von Sepang

Klar ist vor dem MotoGP-Auftakt 2023 nur eines: Augusto Fernández (GASGAS) ist auf jeden Fall der «Rookie of the Year». SPEEDWEEK.com-Kolumnist Michael Scott analysiert seine Ausgangslage – und die seiner Vorgänger.

Das Los eines Rookies ist, mit Verweis auf das Opern-Werk von Gilbert und Sullivan, kein glückliches. Die Ausnahme bestätigt natürlich die Regel, allen voran Marc Márquez, der beim ersten Antreten in der Königsklasse 2013 mit sechs Siegen zum Titel stürmte.

Die vergangene Saison dagegen war definitiv ein herber Rückschlag für zumindest einen aus dem Bund der hoffnungsvollen Moto2-Absolventen: Remy Gardner schlüpfte in einer Saison von der Rolle des Weltmeisters in die des Zurückgewiesenen, ohne selbst besonders viel falsch gemacht zu haben.

Remy, sechsfacher Moto2-GP-Sieger, hatte als bestes MotoGP-Ergebnis einen elften Platz im Catalunya-GP vorzuweisen, zwei Sekunden hinter den Top-10-Plätzen. Obwohl er mit dieser Bestleistung weit vom besten der fünf Rookies 2022 entfernt war – Marco Bezzecchi stand in Assen als Zweiter auf dem Podest – war der Australier damit doch absolut im Bereich der anderen Neulinge.

Fabio Di Giannantonio gelang zwar ein Top-10-Ergebnis, was dazu beitrug, dass er in der WM-Tabelle drei Ränge besser platziert war, aber Remys Tech3-KTM-Teamkollege (und besiegter Moto2-Titelrivale) Raúl Fernández lag am Ende der Saison mit zwei zwölften Plätzen als Bestleistung nur einen Punkt vor Gardner. Darryn Binder sammelte auf der Yamaha gar einen Punkt weniger.

Darryn, der überraschend die Chance auf den direkten Sprung von der Moto3 in die MotoGP erhalten hatte, wurde ebenfalls nach nur einem Jahr aus der Königsklasse verdrängt und in die Moto2 verschickt. Der Südafrikaner bleibt damit zumindest im Fahrerlager und bekommt eine neue Chance, seinen Wert unter Beweis zu stellen.

Remy, der Sohn von 500-ccm-Weltmeister Wayne Gardner, war gezwungen, sich in einem Superbike-WM-Team eine Beschäftigung zu suchen – und landete im Yamaha-Satelliten-Team Giansanti Racing. Das entspricht nicht unbedingt dem Status, den ein ehemaliger Moto2-Weltmeister erwarten könnte.

Unfair? Nun, natürlich ist es das. Wer aber hat gesagt, dass es im GP-Sport fair zugehen muss? Es ist vielmehr ein weiteres Beispiel dafür, wie schmal der Grat im Rennsport ist. Auf der Strecke machen Zehntelsekunden einen riesigen Unterschied aus, wenn es um entscheidende Qualifying-Positionen oder gar Rennergebnisse geht.

Dasselbe gilt im technischen Bereich. So war an der letztjährigen Honda zum Beispiel gar nicht so viel grundlegend falsch, aber eine Anhäufung von kleineren Schwächen bedeutete in der Summe, dass der größte Motorradhersteller der Welt 2022 kein einziges Rennen gewonnen hat.

Genauso auf Messers Schneide bewegt sich eine Rennfahrer-Karriere.

Zweite oder letzte Chance?

Marco Bezzecchi wurde im Rossi-Team bestätigt, die Erwartungen an den jungen Schützling aus der VR46 Riders Academy des neunfachen Weltmeisters sind hoch.

Di Giannantonio blieb auf der Gresini-Ducati, er bekam Neuzugang Alex Márquez zur Seite gestellt. Beide bewegen sich gewissermaßen auf ungewissem Terrain, sollten sie 2023 keine starken Ergebnisse liefern.

Dasselbe gilt für Rául Fernández, der nach einer enttäuschenden Rookie-Saison auf der Tech3-KTM vom neuen Aprilia-Kundenteam RNF aufgesammelt wurde.

Würde man immer die harte Regel anwenden, die Gardner im Regen stehen ließ, könnte man meinen, dass Bezzecchi der Einzige der fünf Genannten ist, der seine zweite Chance wirklich verdient hat. Immerhin sammelte er in seiner Debüt-Saison in der «premier class» eine Pole-Position und vier Top-5-Ergebnisse. Den Titel «Rookie of the Year» gewann er überlegen.

Diese Auszeichnung ist für 2023 schon vergeben. Selbst wenn er keine Punkte sammelt, ist Augusto Fernández immer noch der beste, weil einzige Rookie im Feld. Als direkter Nachfolger von Gardner – als Moto2-Weltmeister in der Tech3-Mannschaft (jetzt mit GASGAS statt KTM) – tut er dennoch gut daran, sich seiner Sache nicht zu sicher zu sein.

Bisher hat der zweite Fernández der Klasse (mit Rául nicht verwandt) eine durchaus überzeugende Performance abgeliefert – mit respektablen, wenn auch nicht blitzschnellen Zeiten beim Sepang-Test. Ebenfalls wichtig: Der Rookie verzeichnete keinen Sturz, auch nicht bei schwierigen äußeren Verhältnissen auf dem Sepang Circuit.

Was sind die Testzeiten wert?

Nach der ersten Nagelprobe mit allen Stammfahrern am vergangenen Wochenende in Sepang sind die Zeiten zwar suggestiv, aber viele Fragen sind noch nicht endgültig beantwortet.

Hat Yamaha genügend Motorleistung gefunden, um Fabio Quartararo zu geben, was er braucht? Sein Top-Speed von 335,4 km/h war vielversprechend, das Klassement nach der Zeitenjagd (Platz 17 in der kombinierten Zeitenliste) weniger.

Bleibt Hondas neuer (Ex-Suzuki) Technical Manager Ken Kawauchi genug Zeit, um die Balance- und Traktionsprobleme auszubügeln, mit denen die RC213V-Piloten seit drei Jahren zu kämpfen haben?

Kann Ducati bei der Aerodynamik genug herauskitzeln, um die Überlegenheit zu bewahren?

Bestätigt Aprilia den großen Sprung aus dem Vorjahr? Dass Maverick Viñales nun über ein volles Jahr Erfahrung auf der RS-GP verfügt, sollte helfen.

Findet KTM den Schlüssel zu mehr Konstanz?

Oder droht dem einzigen Rookie des Jahres der Schock seines Rennfahrerlebens?

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