Yamaha-Werksteam: Absage von Espargaro hälfe Can Öncü
Zweimal ließ sich Can Öncü bei der Supersport-WM in Magny-Cours nach sehr starken Rennen in der letzten Runde vom zwischenzeitlich deutlich zurückgefallenen Stefano Manzi übertölpeln.
Genau solche Situationen führen dazu, dass es bei den Yamaha-Verantwortlichen Zweifel gibt, den fünffachen Saisonsieger und WM-Zweiten schon nächstes Jahr auf ein Superbike zu setzen und an die Seite von Andrea Locatelli zu befördern. «Der Speed ist da, ihm fehlt es aber an Erwachsensein für so große Verantwortung», ist zu hören.
Yamaha braucht einen Nachfolger für Rekordchampion Jonathan Rea, der seine erstaunliche Karriere nach dieser Saison beendet.
Oben auf der Wunschliste des japanischen Herstellers steht Pol Espargaro, der seit seiner letzten vollen MotoGP-Saison 2023 als Test- und Ersatzfahrer für KTM arbeitet.
Spätestens seit seinen fulminanten Auftritten als Ersatz für den angeschlagenen Red-Bull-KTM-Tech3-Piloten Maverick Vinales als Neunter beim Grand Prix in Brünn und als Achter in Balaton ist Pol Espargaro wieder in aller Munde. Er selbst befeuerte die Spekulationen um seine Person, als er sagte: «Es wäre schön, wieder mehr Rennen zu fahren – auch wenn eine permanente Saison nicht infrage kommt. Rennen als Ersatzfahrer sind nicht ideal, es wäre perfekt, eine Reihe von Wildcards fahren zu können.»
Das rief einige Superbike-Mannschaften auf den Plan. Denn mit 34 zählt Pol im SBK-Paddock noch nicht zum alten Eisen. Manager Albert Valera, der sich auch um die Belange von MotoGP-Weltmeister Jorge Martin und Pedro Acosta kümmert, filterte einige Möglichkeiten heraus, um zu verstehen, ob es eine realistische und attraktive Chance für eine Wiederaufnahme der Rennfahrerkarriere geben könnte. Die Werksteams von BMW, Yamaha und Honda bestätigten gegenüber SPEEDWEEK.com, dass es Gespräche gab oder gibt.
Inzwischen ist klar: Bei BMW wird er nicht unterkommen, denn dort ersetzt Miguel Oliveira den scheidenden Niederländer Michael van der Mark. Und bei Honda wird Somkiat Chantra nach dem Verlust seines MotoGP-Platzes bei LCR Honda an Diogo Moreira ins SBK-Fahrerlager überstellt.
Bleibt Yamaha.
Doch das Abscannen des Markts zählt zum Tagesgeschäft des Profisports und hat nur bedingt mit der tatsächlichen Situation zu tun. Denn Pol Espargaro ist bei KTM in der MotoGP gefordert wie nie und essenzieller Teil des Entwicklungsprogramms der Österreicher. Gemeinsam mit Dani Pedrosa wurde jene Grundlage erarbeitet, die es den Stammfahrern nun ermöglicht, sich in nachvollziehbaren Schritten Ducati anzunähern. Diese Aufgabe ist mit einer großen Wertschätzung verbunden – und sie ermöglicht Pol Espargaro auch, den Job des spanischen TV-Experten im Sinne einer langfristigen Job-Option aufrechtzuerhalten.
Aus Sicht der Familie Espargaro dürfte die gegenwärtige Situation mit einem solide dotierten Testvertrag, der Chance auf vereinzelte Renneinsätze und der Freiheit eines zweiten Standbeins dem Ideal entsprechen. Dass es Pol Espargaro in den Fingern juckt, ist nachvollziehbar – doch sämtliche Äußerungen auf beiden Seiten deuten darauf hin, dass sich der Spanier mit KTM auf eine Fortsetzung des aktuellen Vertrags einigt.
Zäh könnten lediglich die Gespräche in Sachen Wildcard-Einsätze werden. Zwar stehen KTM als Hersteller im Concession-Rang C pro Jahr bis zu sechs zusätzliche Gaststarts zu, doch vor dem Hintergrund der neuen MotoGP-Ära 2027 mit grundlegend anderen technischen Regeln sind Wildcard-Einsätze 2026 aus Sicht der Entwicklung nur sehr bedingt wertvoll. Auch aus Kostengründen sind sechs Wildcards unrealistisch. Einigen sich KTM und Espargaro auf einen Mittelweg, werden die Superbike-Optionen schnell in der Schublade verschwinden.
Womit bei Yamaha Can Öncü in die Favoritenrolle schlüpft. Damit käme es so, wie es sich dessen Manager Kenan Sofuoglu bereits vor Monaten ausgemalt hat.