Force India insolvent: Vijay Mallya über den Verkauf

Von Mathias Brunner
Ein nachdenklicher Vijay Mallya in Silverstone

Ein nachdenklicher Vijay Mallya in Silverstone

​Der Force-India-Rennstall befindet sich in kontrollierter Insolvenz. Seit Jahren hiess es, das Team aus Silverstone bekomme neue Eigner. Mitbesitzer Vijay Mallya sagte, was dazu geschehen muss.

Anfang Juli reiste der Formel-1-Tross nach Silverstone zum britischen Grand Prix. Für Force India war der Trip am kürzesten: der Rennstall, vor Jahren aus Jordan, Midland und Spyker hervorgegangen, ist dort zuhause. Im Fahrerlager der Traditionsstrecke trafen wir auch Vijya Mallya. Der indische Unternehmer kann pro Jahr nur zu einem Rennen reisen – zum britischen Grand Prix. Denn aufgrund verschiedener Verfahren ist ihm der Reisepass entzogen worden.

Immer wieder ist in den vergangenen Jahren davon die Rede gewesen, dass Force India kurz vor einem Besitzerwechsel stehe. Passiert ist aber nie etwas. Bis jetzt – seit vergangenem Freitag hat ein Zwangsverwalter das Sagen, ein Richter wird darüber entscheiden müssen, in welche Hände das Force-India-Team gelangt: der Rennstall befindet sich in kontrollierter Insolvenz.

Besonders emsig hat sich immer wieder William Storey in Gespräch gebracht, Besitzer des Energy-Drink-Herstellers Rich, den ausserhalb der Insel so gut wie niemand kennt. Storey hat mehrfach erklärt, den Force-India-Besitzern Vijay Mallya, Subrata Roy und Michiel Mol eine Offerte unterbreitet zu haben, die letzte angeblich im April 2018. Storey vollmundig: «Wir haben die Zustimmung erhalten und die entsprechenden Mittel bereitgestellt. Dazu eine achtstellige Summe, um das Team vorwärts zu bringen. Wir haben einen Geschäftsplan, der den Einstieg von zwei multinationalen Unternehmen vorsieht, die derzeit nicht in der Formel 1 vertreten sind.» Nach dem Gang in die kontrollierte Zahlungsunfähigkeit hat sich Rich Energy auf Twitter zu Wort gemeldet: «Obschon wir in letzter Minute 30 Millionen Pfund in Cash eingeschossen haben, ist das Team in Zwangsverwaltung gekommen. Ein tragisches und vermeidbares Ergebnis, das von Mercedes, Sergio Pérez, Julian Jakobi (Manager von Pérez, M.B.) und BWT orchestriert worden ist. Schändlich.» Dazu stellte Rich Energy ein Bild eines auf 27. Juli 2018 datierten, angeblichen Sponsoring-Abkommens.

An sich war beschlossene Sache, dass der Force-India-Rennstall für die Saison 2018 einen anderen Namen erhalten würde. «Force One» war die erste Idee, das wollte die neue Formel-1-Führung jedoch nicht, das war CEO Chase Carey zu nahe an Formula One. Die Bezeichnung Force soll in irgendeiner Form verwendet werden, damit die Fans den Rennstall noch immer als den gleichen erkennen. Dann tauchte ein unerwartetes Problem auf: Cybersquatting. Darunter verstehen wir, dass Menschen gewisse Namen als Marken eintragen lassen, nicht etwa weil sie eine eigene Firma planen, sondern weil sie später ihre Rechte an echte Unternehmer verkaufen wollen. Gemäss Informationen der Europäischen Kommission ist rund ein Viertel aller Privatpersonen oder Firmen, die eine neue Bezeichnung registrieren lassen wollen, von Domänenbesetzern betroffen, mit welchen sie sich herumschlagen müssen. Meist werden solche Konflike aussergerichtlich beigelegt – worauf die Besetzer natürlich hoffen, um einen schönen Profit rauszuschlagen.

Übernahmegerüchte um Force India gab es im Dutzend. Bob Fernley: «Wenn ich mir meine Ablage anschaue von Leuten, welche gerne unser Team übernehmen würden, dann ist dieser Papierstapel ungefähr dreissig Zentimeter hoch. Wie viele davon haben ihren Plan erfolgreich umgesetzt? Keiner.»

Force India arbeitete stets mit eng gezurrtem Gürtel, das ist in der Branche kein Geheimnis. Als Interessenten neben Rich werden genannt: Lawrence Stroll, Papa von Lance Stroll, mit den Erfolgen bei Williams unzufrieden; eine Geschäftsgruppe um Tavo Hellmund, einst Initiant des Austin-GP; Andretti Autosport mit oder ohne Alexander Rossi; der russige Dünger-Unternehmer Dmitry Mazepin.

Vijay Mallya meinte in England: «Wenn jemand mit einem finanziell ernst zu nehmenden Vorschlag kommt, dann musst du deine Emotionen zur Seite legen und wie ein Geschäftsmann denken. An diesem Punkt bin ich. Über die verschiedenen Offerten und Gespräche will ich nichts preisgeben. Was ich hingegen sagen kann: Es gibt bis zum heutigen Tag keine Offerte mit so viel Cash auf dem Tisch, dass wir zugesagt haben. In zehn Jahren Formel 1 gab es zu viele Leute, die auf einmal einen Rennstall besitzen wollten. Die meisten davon haben keine Ahnung, was es bedeutet, ein Rennteam zu führen.»

«Jedes Geschäft hat einen gewissen Wert, es spielt keine Rolle, ob es sich um ein Unternehmen im Motorsport oder in einer anderen Branche handelt. Wenn die Offerte stimmt, dann muss ich mir das anschauen. Denn ein solches Angebot kommt vielleicht nicht wieder.»

Diese Entscheidung ist dem Inder nun abgenommen worden.

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