Regeln lassen die MotoGP dumm aussehen

Robert Kubica GP-Pilot im Williams: Peinlicher Fehler

Von Mathias Brunner
Robert Kubica

Robert Kubica

​Endlich ist es vom Williams-Rennstall bestätigt: Robert Kubica fährt am 17. März 2019 seinen ersten WM-Lauf seit Abu Dhabi 2010. Peinlich: Die offizielle F1-Seite hatte das Abkommen ausposaunt.

Es ist offiziell: Robert Kubica kehrt als Grand-Prix-Pilot zurück. Teamchefin Claire Williams hat im Fahrerlager des Yas Marina Circuit von Abu Dhabi das Sensations-Comeback des WM-Vierten von 2008 bestätigt. Damit schreibt die Formel 1 eines der schönsten Märchen der Sportgeschichte – Kubica wird im Frühling nach 3046 Tagen ohne Grands Prix wieder am Start stehen, unzählige Fans weltweit hatten die Daumen gedrückt, dass dies wirklich wahr wird. Jetzt ist es so weit. Auf der offiziellen Formel-1-Internetseite wurde Kubica schon am Donnerstag als GP-Pilot von Williams bestätigt, ein wenig peinlich, das vor dem Rennstall selber zu machen – das Video wurde nach kurzer Zeit wieder vom Netz genommen.

Claire Williams, Tochter von Firmengründer Sir Frank Williams und stellvertretende Teamchefin: «Wir sind von seiner Intelligenz und seiner methodischen Arbeitsweise sehr angetan. Er ist die perfekte Verbindung von einem Rennfahrer zu den Technikern. Er wird uns helfen, Williams wieder nach vorne zu bringen, denn er ist ein echter Antrieb.»

«Ich freue mich sehr, dass wir ihn als GP-Pilot verkünden dürfen. Wir sind von seiner Arbeit überaus beeindruckt. Die Art und Weise, wie er so lange auf diesen Moment hingearbeitet hat, sagt alles über seinen Willen.»

«Er hat in dieser Saison hinter den Kulissen unermüdlich gearbeitet, er ist längst Teil der Williams-Familie, wo ihm viel Respekt entgegen gebracht wird. Seine Entschlossenheit widerspiegelt unser Bestreben, Williams zu verbessern. Wir haben mit Robert und George Russell die perfekte Mischung aus Jugend und Erfahrung.»

Robert Kubica sagt: «Das ist ein sehr emotionaler Moment für mich. Zunächst will ich mich bei allen bedanken, die mich in den schwierigen  letzten Jahren begleitet haben. Es war eine grosse Herausforderung, diesen Weg zurück zu schaffen, und ich bin überglücklich, dass ich wieder am Start eines Grand Prix stehen werde.»

«Wir wissen, dass wir keine einfache Aufgabe haben, um Williams wieder nach vorne zu bringen. Wir haben ein schwieriges Jahr fast hinter uns. Ich habe ein Team aus einer anderen Perspektive kennengelernt und mein Verständnis für die Arbeit als Formel-1-Fahrer vertieft. Ich bin überzeugt davon, dass wir mit Hingabe und viel Schweiss zusammen Grosses vollbringen können. 2019 fangen wir alle bei null an, ich habe keine Furcht, weil ich acht Jahre lang weg war.»

Möglich wird die Rückkehr auch durch eine Mitgift in Höhe von angeblich 10 Millionen Euro der 1999 gegründeten Firma PKN Orlen, einem börsennotierten, polnischen Mineralölveredeler und Tankstellenbetreiber mit Sitz in Plock, der unter anderem Tankstellenketten in Polen, Deutschland, Tschechien und Litauen betreibt, mit insgesamt fast 3000 Stationen. PKN (Polski Koncern Naftowy, also polnischer Mineralölkonzern) Orlen beschäftigt rund 20.000 Menschen und setzt im Jahr rund 20 Milliarden Euro um. Das Logo mit dem Adlerkopf wird auf dem Williams-Renner und der Teambekleidung prangen.

Formel-1-Champion Nico Rosberg hatte im vergangenen Herbst mitgeholfen, die Weichen zu Williams zu stellen. Der Weltmeister von 2016 sagt: «Robert ist einer der beiden schnellsten Fahrer, die ich in meinem Leben gesehen habe», und meint mit dem anderen seinen früheren Teamkollegen Lewis Hamilton. Kubica, der sich 2011 bei einem Rallye-Unfall im Februar 2011 schwerste Armverletzungen zugezogen hatte, absolvierte 2017 für Renault drei Tests, sowohl in einem älteren Formel-1-Renner, dann im aktuellen Auto. Renault entschied sich in der Folge aber gegen Kubica und für Carlos Sainz. Später testete Kubica für Williams, aber die Rubel von Sergey Sirotkin entschieden, dass Robert 2018 nur ein Platz als Reservist bleibt.

Die Tatsache, dass der Kanada-GP-Sieger 2008 überhaupt wieder am Lenkrad eines modernen Formel-1-Renners sitzen kann, «ist die Verwirklichung eines fast unmöglichen Traums», wie es Robert einmal bezeichnet hat.

Denn der 6. Februar 2011 veränderte alles. Robert Kubica erlitt bei der «Ronde di Andora Rallye» in Ligurien lebensbedrohliche Verletzungen. Es dauerte eine Stunde, um ihn aus dem Wagen zu holen. Die erste von insgesamt 18 Operationen dauerte sieben Stunden. «Die Leute reden immer von meinem Arm, weil er mein grösstes Handicap ist. Fakt ist: Ich musste um mein Leben kämpfen», sagt Kubica. «Ich hatte Knochenbrüche auf der ganzen rechten Seite, vom Fuss bis hoch zur Schulter. Die vielen Brüche waren der Grund, wieso ich so lange brauchte, um mich zu erholen. Obschon der Arm am schlimmsten in Mitleidenschaft gezogen wurde.»

«Die ersten beiden Monate waren wirklich schwierig. Ich kann von Glück reden, dass ich Formel-1-Fahrer und damit Athlet bin. Das ist vielleicht der Grund, warum wir den Arm überhaupt retten konnten.»

Eineinhalb Jahre nach dem Unfall sass Kubica wieder in einem Rallye-Auto. «Ich wollte zuerst am Morgen glücklich aufwachen, bevor ich wieder ein Rennfahrer sein wollte. Ich brauchte zwei Jahre, um auf ein halbwegs normales Niveau zu gelangen. Ein Jahr lang hatte ich nur Schmerzen. Meine Leidenschaft für den Sport ging nie verloren, mein Leben hat sich einfach komplett umgekrempelt.»

Im Jahr 2013 sah sich Kubica so weit erholt, dass er im Rennsimulator von Mercedes arbeitete. Damals konnte er aber das rechte Handgelenk nicht genug drehen, die Bewegung kam vielmehr aus dem Ellbogen heraus. Das ging im Rallye-Auto, nicht aber im engen Formel-1-Cockpit. Weitere Operationen folgten.

Ende 2015 begann Kubica, sein Training zu intensivieren. «Damals wog ich zehn oder fünfzehn Kilo mehr als heute.» Kubica probierte systematisch verschiedene Rennfahrzeug aus – Einsitzer, Tourenwagen, Sportwagen. Bei einem Besuch in der Dallara-Fabrik kristallisierte sich heraus, dass Robert genügend Bewegungsfähigkeit zurückerlangt hatte, um wieder an die Formel 1 zu denken.

Der Kontakt zwischen Robert Kubica und einer Kerngruppe von Fachleuten in Enstone (Renault, zwischendurch Lotus) war nie abgerissen. Sie waren es, die einen Test im 2012er Lotus E20-Renault vorschlugen. Kubica bedankte sich in Valencia mit einer Zeit, die schneller war als jene von Renault-Reservist Sergej Sirotkin. Der nächste Schritt: Ein zweiter Test mit Renault, dieses Mal in Le Castellet. Mit Haarnadeln, die Kubcia problemlos fuhr. So problemlos, wie er sich auch innerhalb von der vorgeschriebenen Zeit aus dem F1-Renner zu fädeln.

Robert Kubica gibt zu, dass er nicht wie jeder andere Fahrer ist: «Natürlich arbeitet mein Arm nicht normal. Das grösste Problem ist nicht die Kraft im rechten Arm, es ist die Bewegungsfähigkeit. Ich kann mit dem rechten Unterarm nicht die gleiche Auswärtsbewegung machen wie mit links. Ich kann Vorderarm und Handgelenk nicht verdrehen.»

Nico Rosberg wusste: Robert wäre für die Rückkehr mit Renault bereit gewesen. «Körperlich war er schon vor einem Jahr bei 100 Prozent. Er hatte in Ungarn zwei Renndistanzen an einem Tag gefahren. Das Thema Arm ist vom Tisch.»

Viele Fans sehen den lädierten rechten Arm von Kubica und fragen sich: Wie kann ein Rennfahrer so einen GP-Boliden meistern? Aber der 33jährige Krakauer meint: «Ich habe mich immer wohlgefühlt im Auto. Ich finde, wir sollten nicht mehr darüber reden, ich will nicht auf meine Behinderung reduziert werden. Wenn ich bei diesen schwierigen Bedingungen ins Cockpit steigen und einen guten Job machen kann, dann sollte das doch reichen. Natürlich habe ich meine Einschränkungen, und das habe ich auch nie versteckt. Ich denke, dass da das Problem liegt, ich war zu ehrlich mit allen und deshalb werden die immer gleichen Fragen gestellt. Ich finde, das sollte aufhören.»

Als Kubica in seiner Rolle als Edelreservist von Williams zurückkehrte, meinte er: «Es hat sich nicht viel verändert, ich erkenne viele Gesichter, die ein wenig älter geworden sind, so wie meines auch. Der Sport aber hat sich komplett verändert – andere Autos, andere Motoren, andere Reifen, anderer Fahrstil, andere Abstimmung. Was geblieben ist, das ist die Intensität der Arbeit. Und dass wir noch immer die Königsklasse haben, mit High-Tech-Rennwagen.»

«Ich habe 2006 als Reservefahrer angefangen und 2018 bin ich es wieder. Das hat schon eine gewisse Ironie. Aber sonst bin ich nicht mehr der gleiche Kubica. Ich bin älter, vor allem aber bin ich viel erfahrener. Ich kann viel weniger testen als früher, das ist schade. Umso wichtiger ist meine Erfahrung, um Williams zu helfen.»

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