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Franz Tost (AlphaTauri): «WM-Rang 5 ist realistisch»

Von Mathias Brunner
​Der Kampf im Mittelfeld wird immer extremer. Sechs Rennställe wollen die WM auf den Rängen 4 oder 5 abschliessen. Franz Tost von AlphaTauri sagt, wie sich sein Team aus Faenza durchsetzen soll.

Der Tiroler Franz Tost ist guter Dinge, dass AlphaTauri in der Formel-1-WM 2020 den fünften Schlussrang an Land ziehen kann. Abwegig ist dieses Ziel nicht: Mit Toro Rosso ist Tost im vergangenen Jahr WM-Sechster geworden, von Renault erst im WM-Finale von Abu Dhabi geschlagen.

Tost glaubt an den nächsten Schritt: «Die Zahlen aus dem Windkanal sind sehr ermutigend. Honda hat erneut nachgelegt. Und wir haben zwei tolle Fahrer und einen grossartigen Partner, AlphaTauri. Daher trauen wir uns zu sagen: Wir wollen unter die ersten Fünf in der Weltmeisterschaft kommen!»

Einfach wird das nicht, denn die Gegner, die alle auf die WM-Ränge 4 oder 5 spitzen, heissen McLaren, Renault, Racing Point, Alfa Romeo-Sauber und Haas. Dass Williams dort vorne auftaucht, glaubt im Fahrerlager keiner, auch wenn die Engländer am ersten Testtag in Barcelona einen soliden Eindruck hinterlassen haben.

Der 64jährige Trinser sagt im Fahrerlager des Circuit de Barcelona-Catalunya über den ersten Testtag: «Bis jetzt sind wir im Plan. Am Morgen haben wir aerodynamische Daten abgeglichen, mit verschiedenen Messrechen am Auto und unterschiedlichen Einstellungen des Fahrzeugs. Es geht hier darum, ein Gefühl für die Aerodynamik zu bekommen und sicherzustellen, dass sich die Werte aus Flussdynamikberechnung und Windkanal auf der Rennbahn bestätigen. Das ist ein normaler Prozess mit einem neuen Auto.»

«Was den Speed angeht, so sind wir bei der Musik, aber beim Kampf im Mittelfeld wird es um wenige Hundertstel gehen. Wir werden sehr hart arbeiten müssen, um uns da zu behaupten. Die Gegner liegen dicht beisammen, aber die Formel 1 ist Unterhaltung, und je besser unsere Show durch gute Rennen sind, umso besser.»

«Bislang gab es keine Probleme. So darf es weitergehen. Ich sehe auch, dass fast alle Teams am ersten Halbtag schon Renndistanzen fahren. Das zeigt, welch hohes Niveau die Formel 1 erreicht hat.

Wie will sich Tost gegen diese Konkurrenz durchsetzen? «Ich glaube daran, dass wir Fünfter werden können, weil wir alle Zutaten haben. Wir haben ein Auto, das gut funktioniert. Wir haben mit Honda einen fantastischen Partner, der im Winter sehr hart gearbeitet und sich in allen Belangen verbessert hat.»

«Ich bin entzückt, dass wir Pierre und Daniil für die kommende Saison behalten haben. Beide haben wirklich gute Leistungen gezeigt und ihre Konkurrenzfähigkeit bewiesen. Ihre Aussagen übers Auto sind fundiert, und sie holen alles aus dem Wagen. Wir sind in der glücklichen Lage, ein junges, dennoch erfahrenes Fahrer-Duo auf die Rennstrecke zu bringen. Das macht Mumm für die Saison 2020. Wir hatten noch nie die Situation, dass wir mit zwei Fahrern ins Jahr gehen, die beide volle GP-Saisons betritten haben. Das ist ein grosser Vorteil.»

«Um genau zu sein, halte ich Gasly und Kvyat für das stärkste Fahrerduo, das wir je hatten. Daniil hat einen grandiosen Grund-Speed, beide Fahrer haben Rennen und Titel gewonnen. Beide haben 2019 grossartige Grands Prix gezeigt, so wie Kvyat in Hockenheim oder Gasly in Brasilien, wo er Hamilton hinter sich hielt.»

«Ich sehe AlphaTauri auch als ein Team mit erfahrenen, guten Leuten, die nun länger zusammenarbeiten können, diese Stabilität ist ebenfalls ein Vorteil.»

Wieso scheut sich Tost nicht davor, WM-Rang 5 als Ziel auszugeben? Wo doch andere Rennställe eher ungern gewisse Schlussränge nennen. Franz schmunzelt: «Ich kann ja schlecht sagen, wir wollen WM-Siebter werden! Die Leute sollen ruhig das Ziel kennen, wir waren im vergangenen Jahr Sechster, wir wollen uns verbessern. Gemessen an dem, wozu wir fähig sind, ist Rang 5 ein realistisches Ziel. Ich sehe keine Gründe, ein ehrgeiziges Ziel zu verstecken.»

Wird der Rennstall wie 2018 und 2019 Strafversetzungen in Kauf nehmen, um die Motorentwicklung von Honda zu beschleunigen? «Bislang ist das nicht geplant oder notwendig. Alle Läufe auf den Prüfständen waren sehr gut, in Sachen Power und auch punkto Standfestigkeit.»

«Dies wird ein wichtiges Jahr, was die Entwicklung angeht. Denn es gilt, eine kluge Balance zu finden – wie sehr willst du die Entwicklung des 2020er Autos vorantreiben oder wie sehr willst du dich bereits aufs Fahrzeug von 2021 konzentrieren? Wir haben das noch nicht entschieden. Noch sind nicht alle Details zu den nächstjährigen Autos geklärt. Ich hoffe, das wird Ende März so weit sein. Dann geht die Arbeit an den 2021er Autos richtig los, weil eine komplett andere Philosophie hinter den neuen Fahrzeugen steckt. Wenn du da den Zug verpasst, dann ist die Saison 2021 schon verloren.»

Was sagt Tost zur Konkurrenz, wie er sie am ersten Testtag von Barcelona erlebt hat? «Viel würde ich in die Zeiten noch nicht hineindeuten. Ein klareres Bild erhalten wir in der kommenden Woche, wenn die Rennställe anfangen, Quali- und Rennsimulationen zu fahren. Dass wir bereits schneller sind als vor einem Jahr, wundert mich nicht. Das ist Formel 1. Die Autos sollen ja immer schneller werden. Ich wäre sehr enttäuscht gewesen, wenn es anders gewesen wäre.»

«Ganz wichtig ist, dass wir auch weiterhin zum Fahren kommen. Wir haben nur noch sechs statt acht Testtage, da kommt es auf jede Minute an. Die Fahrer müssen sich ans Auto gewöhnen, die Ingenieure müssen Aerodynamik und Mechanik verstehen, die Mechaniker müssen lernen, mit dem neuen Wagen zu arbeiten. Die hohe Rundenzahl aller Teams zeigt mir, dass die anderen Rennställe das ähnlich sehen. Wir haben auf diese sechs Testtage reagiert, indem wir den Wagen früher fertiggestellt haben, um beim Zusammenbau nicht in Schwierigkeiten zu geraten. Bislang hat alles geklappt.»

Wie sieht Tost das Startfeld 2020? «Ich könnte mir vorstellen, dass ein sehr kompaktes Mittelfeld näher an die Top-Teams heranrückt – weil wir ein stabiles Reglement haben.»


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